Sarah Nägele

Freie Journalistin, Leipzig / Bodensee

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Wenn der Rechtspopulist Kopftücher "verkauft"

Foto: REUTERS

Er ist einer der umstrittensten Politiker Österreichs: Heinz-Christian Strache. Eine Internet-Adresse, die seinen Namen trägt, wird auf einen Online-Shop weitergeleitet. Dort warten Überraschungen.


Der österreichische rechtspopulistische Politiker Heinz-Christian Strache (FPÖ) ist ein Mann der Kontroversen. So machte er etwa 2015, als er für das Amt des Wiener Bürgermeisters kandidierte, mit dem ausländerfeindlichen Song "Goodmensch rap" Wahlkampf. Kleine Kostprobe: "Die Jobs gibt's erst mal für die Wiena, weil die soll'n wieda g'scheit verdiena." oder: "Wir höfn jedn Menschn in der Not, gebn eana Schutz vor Kriag und Tod. Doch bei 80 Prozent an Scheinasylantn, brauch ma söba boid a Flüchtlingsboot."

Auf einem Plakat warb er außerdem für die "Oktoberrevolution". Als ein Historiker die Verharmlosung der Machtübernahme durch die Bolschewiken in der Sowjetunion 1917 kritisierte, hielt Strache dagegen: Es gehe um eine Machtübernahme, aber eine "völlig demokratische". Man müsse Wien "aus den Fängen einer abgehobenen selbstgerechten Polit-Aristokratie befreien". Eines stimmte auf jeden Fall: Die Wahl fand im Oktober statt. Die FPÖ erreichte 30,9 Prozent und war damit zweitstärkste Kraft nach der sozialdemokratischen SPÖ.

Jetzt macht der 46-Jährige wieder von sich reden. Aber anders, als ihm wahrscheinlich lieb ist. Denn Strache "verkauft" im Internet Kopftücher. Zumindest sieht es auf den ersten Blick so aus. Wer hc-strache.at ansteuert, landet auf einer Internetseite, auf der von parteipolitischem Programm nichts zu finden ist, dafür eine überraschende Ankündigung: In Kürze werde es "Kopftücher und andere schöne Sachen zu kaufen" geben.

Wer steckt dahinter?

In Wahrheit hat Strache nichts mit der Seite zu tun. Wie aber konnte so etwas passieren? Es gibt in Österreich kein Domainrecht. Jeder kann sich den Namen einer Internetseite sichern. Motto: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Und Strache hatte nicht zugegriffen.

Foto: David Prieth

Zurzeit wird die Website von dem Tiroler David Prieth betrieben. Im Gespräch mit der "Welt" sagt er: "In die Situation bin ich quasi hineingestolpert. Das heißt, ich bin zufällig auf die Seite gekommen, habe gesehen, dass sie frei ist und sie anschließend sofort gekauft. Was dann damit geschehen sollte, musste ich mir erst noch durch den Kopf gehen lassen. Allerdings bin ich ein großer Verfechter des Zufalls und des Widerspruchs, womit das Thema sich dann bald durch ein Gespräch ergeben hat." Der Name stehe für "Haute Couture STRAßenCHEf*In"

Was ist das Ziel dieser "feindlichen Übernahme"? Prieth: "Aktionskunst ist sehr oft politisch, und natürlich steckt auch hinter dieser Aktion eine politische Botschaft." Es wäre allerdings zu plump, die Seite einfach auf eine Partei weiterzuverlinken. Erstens wüsste er nicht, auf welche, und zweitens würde das für ihn bedeuten, sich aus der Verantwortung zu stehlen. "Es muss nicht überall ein Parteibanner draufkleben. Man kann sich als Person positionieren und klar vermitteln, was einem nicht passt oder worüber man sprechen will."

Für Prieth besteht die Botschaft aus seinen Aktionen und den Reaktionen der Öffentlichkeit. "Ein schönes Werk, in dem jeder und jede eine Zeile dazuschreiben kann." Ob tatsächlich Kopftücher verkauft werden oder die Aktion symbolisch bleibt, hält er für zweitrangig. Trotzdem verrät er: "Die ersten Tücher werden soeben produziert. Glücklicherweise gibt es nicht nur viele helfende Köpfe, sondern auch Hände um mich herum." Die geplanten Kopftücher und andere Kopfbedeckungen sollen übrigens völlig wertfrei und ohne religiöse Verbindung angeboten werden.

Strache fand die Aktion im Gegensatz zu vielen anderen nicht sehr amüsant. Etwa eine Woche nachdem die Seite online ging, reichte der Politiker Klage gegen David Prieth ein.

Er verlangt von ihm Schadenersatz in Höhe von 35.000 Euro sowie ein sofortiges Unterlassen der Aktion.

Es ist nicht das erste Mal, dass ein österreichischer Politiker online düpiert wird. Auch der konservative ÖVP-Politiker Andreas Khol, Kandidat für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten bei der Wahl 2016, leiht seinen Namen unfreiwillig einer fremden Domain. Unter www.khol2016.at wird der Besucher zur Initiative Ehe-Gleich weitergeleitet, die eine Öffnung der zivilen Ehe für gleichgeschlechtliche Paare erwirken will.

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