Der Anschlag auf Besucher des Bardo-Museums hat Tunesien erschüttert. Tausende fordern ein neues Anti-Terror-Gesetz. Viele fürchten um die neu begründete Demokratie.
"Das Volk fordert ein neues Antiterrorgesetz", skandieren die Demonstranten, die am Abend des Anschlags vor das Bardo-Museum in Tunis gekommen sind, um ihre Solidarität mit den Opfern zu zeigen. "Wir haben keine Angst", wiederholt Hichem Boudali immer wieder. "Diese Terroristen haben hier keinen Platz. Wir werden gestärkt aus diesem Vorfall hervorgehen", sagt der Ingenieur. "Das sind vereinzelte Vorfälle", pflichtet ihm der Anwalt Karim Haznachi bei. Die Anschläge auf Charlie Hebdo in Paris hätten gezeigt, dass so etwas überall passieren könne.
Trotz mischt sich mit Trauer an diesem Abend, an dem in verschiedenen Teilen der Stadt die Menschen spontan auf die Straße gegangen sind.
Während sich die Wut der Demonstranten nach den Morden an zwei Oppositionspolitikern im Jahr 2013 schnell gegen die Regierenden gewandt hatte, stehen die Zeichen diesmal auf Solidarität. "Wir stehen hinter der Regierung", bekräftigt Boudali, bevor er wieder in den Chor der Demonstranten einstimmt, der das neue Antiterrorgesetz fordert. Die Regierung kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Terroristen an.
"Wir werden den Kampf gegen den Terror bis zum letzten Atemzug führen und kennen keine Gnade", sagte Staatspräsident Beji Caid Essebsi in einer kurzen Fernsehansprache. Regierungschef Habib Essid versprach, die Hintergründe des Anschlags so schnell wie möglich aufzuklären. Zwei der Angreifer, die beide aus Tunesien stammen, wurden am Tatort erschossen, eine dritte Person Augenzeugenberichten zufolge festgenommen. Nach möglichen weiteren Attentätern und Hintermännern wird noch gefahndet.
Dabei drängt sich die Frage auf, wie die Attentäter überhaupt bis zum Museum vordringen konnten. Es liegt in einem Gebäudekomplex mit dem direkt angrenzenden Parlament, beide Eingänge werden von Polizei und Militär bewacht. Trotzdem dauerte es mehr als drei Stunden, bis die Lage unter Kontrolle gebracht und die Verletzten in Sicherheit gebracht werden konnten.
Wie ein Spielzeuggewehr"Ich dachte erst, der spielt mit einem Spielzeuggewehr", erzählt Wassel Bouzid, ein Fremdenführer, der den Angriff unverletzt überlebt hat. Er kam gerade mit einer Gruppe von rund vierzig Touristen aus dem Museum, als er zwanzig Meter entfernt einen jungen Mann in sportlicher Kleidung mit einer Kalaschnikow hantieren sah. "Er konnte gar nicht damit umgehen. Ich habe nicht wahrgenommen, was da passierte. Die Leute stiegen in den Bus, und nach einer Minute fing er auf einmal an zu schießen. Da bin ich weggerannt."
Auch im angrenzenden Parlament waren die Schüsse zu hören. Dort tagte gerade der Rechtsausschuss und diskutierte in Anwesenheit des Justizministers den Entwurf des neuen Antiterrorgesetzes, der demnächst dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden soll. "Große Panik in Bardo. Ein Bewaffneter im Parlament", twitterte am Mittwoch um 12.20 Uhr die Ennahdha-Abgeordnete Saida Ounissi. "Wir haben gerade den Stabschef der Armee befragt, als die Polizei reinkam und uns aufgefordert hat, sofort das Gelände zu verlassen, weil geschossen wurde", erzählt die junge Abgeordnete.
Nach wie vor ist unklar, ob der Angriff ursprünglich dem Museum oder dem Abgeordnetenhaus galt, beides symbolträchtige Orte für das kleine Mittelmeerland. Souhail Alouini, Abgeordneter von Nidaa Tounes, der stärksten Fraktion im Parlament, hatte gerade das Gebäude verlassen, als der Angriff begann. Alouini, der Arzt ist, ging daraufhin mit den Notärzten wieder hinein.