Sarah Stein

Head of Search Experience, SWR, Mainz

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Zu trocken: Region spürt den Klimawandel

Cochem-Zell. Überall im Kreis stöhnen Landwirte, Winzer, Seniorenheime, Feuerwehren, Krankenhäuser und auch Getränkemärkte: Es ist zu heiß und zu trocken. Und das schon viele zu lange. Der Klimawandel ist in der Region angekommen.

Von unserer Reporterin Sarah Kern

Deutlich zu sehen am Ulmener Maar. Eigentlich 37 Meter tief, hat es in den vergangenen Wochen, bei der Hitze und ohne Niederschläge, einen knappen Meter verloren. Thomas Kerpen, Stadtbürgermeister von Ulmen, steht am Ufer, das glasklare Wasser schimmert grün in der Sonne. "Hier an der Mauer sieht man, wie hoch das Maar eigentlich steht." Die letzten beiden Male stand der Pegel 1976 und 2003 so tief. "Die Klimaveränderung ist in der Region angekommen", sagt Kerpen.

Das Ulmener Maar, mit 1,25 Millionen Kubikmeter Wasser das Trinkwasserreservoir der Region, verliert immer mehr das wichtigste Element, das der Mensch zum Leben braucht. Kerpen stellt klar: "Trinkwasserknappheit wird es hier in der Region nicht geben, aber der Spiegel im Maar wird weiter sinken." So, wie auch der des benachbarten Jungfernweihers.

Der Weiher "beliefert" das Maar mit Wasser. Aber nicht mehr lange. Die sechs Zuflüsse zum Weiher, die sich rund um den See verteilen, sind fast versiegt. Nur noch Rinnsale tropfen in den schmalen Betonrinnen. "Es kommt einfach nichts nach", sagt Kerpen. Deshalb ist auch der Weiherspiegel gesunken, so tief, dass die Vögel dort im Ulmener Naturschutzgebiet zwischen dem grünen Schilf jetzt besonders gut Nahrung finden. Regen, den wünscht sich Kerpen für den Trinkwasserspeicher sehr.

"So ein schöner Landregen, am besten tagelang", danach sehnt sich auch Hans-Jürgen Sehn, Vorsitzender des Bauern- und Winzerverbandes Cochem-Zell. "Es ist ein extrem trockenes, ein heißes Jahr", sagt Sehn. Das Getreide in der Region ist zu 95 Prozent geerntet, das Tragische: "Punktuell hat es in diesem Jahr Einbußen bis zu 50 Prozent gegeben. "Besonders die Gerste ist betroffen."

Die Landwirte überlegen, mittelfristig andere Getreidesorten zu kultivieren, nämlich solche, die besser mit der Trockenheit klarkommen. Sorgen machen sich die Landwirte auch um den Mais. Die Pflanzen, normalerweise bis zu 2,50 Meter hoch, sind maximal 1,50 Meter hoch. Die Folge liegt auf der Hand: "Beim Mais werden wir noch weniger ernten", sagt Sehn. "Das Klima ändert sich, das sind große Folgen für die Landwirtschaft in den kommenden Jahren." Veränderungen sieht man auch bei den Futterpflanzen für das Vieh: "Mitte Juni zum letzten Mal geschnitten, ist seitdem nichts mehr nachgewachsen." Und apropos Vieh. Der Landwirt erklärt, dass auch die Milchkühe an der Hitze und an der Trockenheit leiden. Die Folge: "Sie geben weniger Milch."

Sorgenfalten auch bei den Winzern. Weinbaupräsident Rolf Haxel: "Das Problem sind die Jungfelder. Die Wurzeln, viel zu klein und zart, trocknen aus." Der Präsident mutmaßt, dass die Ernte in diesem Jahr geringer ausfallen wird, über die Qualität kann noch nichts gesagt werden. "Für eine absolute Aussage ist es noch zu früh." Denn: manche Böden sind feuchter als andere, da, wo es zwischendrin mal ein Gewitter mit Starkregen gegeben hat. "Hagel wäre jetzt übrigens die Katastrophe für die schon fast ausgereiften Trauben", sagt Haxel und wünscht sich für die kommenden Nächte Regen.

Der würde auch dem Wald gut tun. Bolko Haase ist Forstamtsleiter von Cochem-Zell. "Der Wald ist im Stress", sagt er. "Bis zu einem gewissen Grad kann die Natur mit der Hitze umgehen, die Klimaveränderung ist nicht erst seit gestern da", betont er. Dennoch gibt es jetzt deutlichere Auswirkungen als sonst. Der Grund: Die Bäume in unseren Wäldern kennen das mediterrane Klima nicht. Er zählt die Reaktionen der Baumarten auf: Die Buche rollt die Blätter ein, damit sie weniger Fläche zum Verdunsten hat, und die Birke färbt ihre Blätter gelb wie im Herbst.

Und die Fichte, ein skandinavischer Baum, kommt mit der Hitze und Trockenheit überhaupt nicht klar, sie verliert alle Nadeln. "Den Tannen wird der Borkenkäfer zur Plage", sagt Haase. Die Förster seien sensibilisiert. Denn aus zehn befallenen Bäumen können schnell zwei bis drei Hektar werden, die dann einfach absterben. Die Natur wartet auf Regen.

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