Sarah Stein

Head of Search Experience, SWR, Mainz

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Niedrigzinsen stellen Stiftungen vor Probleme

Koblenz/Kreis MYK. Zinsen auf Rekordtief - für diejenigen, die sich eine Immobilie kaufen wollen, sind es gute Zeiten. Für die Stiftungen ist das Zinsniveau eine Katastrophe. Denn sie leben von den Zinserträgen, die das Stiftungskapital abwirft. Wie schwierig das in der aktuellen Situation ist, darüber haben wir mit Stiftungen in der Region gesprochen.


Von unserer Reporterin Sarah Kern


Ingeborg Henzler, Vorstandsvorsitzende der Koblenzer Kulturstiftung, bestätigt, dass die Erträge der Kulturstiftung rückläufig sind. Sie rechnet vor, dass bei dem Kapital der Kulturstiftung von 300 000 Euro und einer Verzinsung von knapp einem Prozent kaum Renditen erzielt werden können. "Mit 3000 Euro lassen sich keine nennenswerten Projekte verwirklichen." Und das Stiftungskapital selbst darf nicht angetastet werden.

Die Volkswirtschaftlerin, Rektorin der Hochschule Koblenz von 2008 bis 2011, kennt sich mit verschiedenen Anlagemöglichkeiten aus. "Wir investieren auch in Fonds", erklärt sie. Eine beliebte Geldanlage seien auch Immobilien, aber das komme nur für besonders große Stiftungen mit einem üppigen Vermögen infrage.


Durch die Niedrigzinspolitik habe sich die Ausschüttungspolitik der Stiftung in den vergangenen Jahren verändert. Henzler: "Heute müssen wir eher Akzente setzen und Projekte bündeln, früher konnten wir nach dem Gießkannenprinzip die Wünsche gleich mehrerer Antragssteller erfüllen." Henzler sieht noch ein weiteres Problem: "Menschen neigen dazu, bei Katastrophen oder dem Tierheim zu spenden, aber wer spendet schon freiwillig für die Kultur?"


Um dennoch möglichst viele Projekte auch während der Niedrigzinsphase sinnvoll fördern zu können, sind Stiftungen nun noch mehr denn je auf Spenden angewiesen. "Wir haben ein Stiftungskapital von 25 000 Euro, was dem Mindestkapitaleinsatz einer Stiftung entspricht", berichtet Rolf Berger, Vorsitzender des Vorstands der Stiftung der TuS Koblenz. "Ohne die Unterstützung von Banken, Sparkassen und privaten Spendern könnten wir unsere Jugendvereine gar nicht ausstatten." 50 000 Euro generiere die Stiftung aus Spendengeldern. Die fließen in die Ausstattung der Jugendvereine, in die Anschaffung von Bällen, in Trikots. "Der niedrige Zinssatz ist für unsere Arbeit schrecklich, wir unterstützen auch Eltern, die kaum Geld haben und ihre Jungs zum Training bringen, da zählt jeder Cent", sagt der Vorsitzende.


Deutlich mehr als nur ein paar Cent verloren hat die Stiftung Rheinische Philharmonie, die Stipendien an Musiker des Orchesters vergibt. "Wir sind auf der Suche nach neuen Spendern", sagt Herbert Grohe, Vorsitzender des Stiftungsrates. Bei einem Stiftungsvolumen von 500 000 Euro, die zu einem festen Zinssatz angelegt sind, komme die Stiftung auf 750 Euro im Monat. Und davon werden acht Stipendien finanziert. "Das reicht natürlich bei Weitem nicht." Daher denke man nun über andere Anlagemöglichkeiten nach, zum Beispiel in Fonds zu investieren.


Gabriela Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn, Vorsitzende der Stiftung Filippas Engel, hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen: "Es ist schwierig im Moment." Das bedeutet für Filippas Engel, die Projekte von jungen Menschen unterstützt, die Außergewöhnliches geleistet haben, dass sie nun noch mehr als bisher schon auf Spendengelder angewiesen sein wird. "Aber alle streiten sich um denselben Kuchen, das sind Banken, Sparkassen, Lotto, wir sind hier in der Region Koblenz, nicht im Rhein-Main-Gebiet." Soll heißen: Irgendwann ist das Geld der Spendengeber verteilt.


Es gibt aber auch Stiftungen, die öffentliche Gelder bekommen und mit dem niedrigen Zinssatz keine Probleme haben. Die Stiftung des Freundeskreises der Sayner Hütte in Sayn verfügt nur über ein Vermögen von 25 000 Euro. "Die Summe an Betriebsmitteln, die wir brauchen, rund 100 000 Euro, werden uns vom Ministerium zur Verfügung gestellt", berichtet die Vorsitzende Rehlinde Glöckner. Das Geld summiert sich aus verschiedenen öffentlichen Fördergeldern wie zum Beispiel Geld von der Städtebauförderung. Diese Gelder werden dann sofort investiert, zum Beispiel in die Sanierung des neuen Tragwerkes der Hütte.

Bei der Koblenzer Bürgerstiftung versucht man, durch eine Mischung eine höhere Rendite zu erzielen. "Unser Stiftungskapital, das 650 000 Euro beträgt, ist auf drei unterschiedliche Arten angelegt: in Immobilienfonds, in festen Bankanlagen und in Mischfonds", erklärt der Vorstandsvorsitzende Rainer Linnig. Weniger als 50 Prozent der Erträge der Vorjahre stehen der Stiftung derzeit zur Verfügung. Da muss auch sie verstärkt auf Spenden bauen. "Die können auch sofort in Projekte der Koblenzer Ehrenamtsagentur beispielsweise oder das Koblenzer Lernpatenprojekt investiert werden."


Die Stiftung der WHU - Otto Beisheim School of Management in Vallendar ist mit einem Kapital von 38 Millionen Euro gut aufgestellt. Könnte man meinen. Aber auch sie leidet unter den niedrigen Zinsen. Klaus Brockhoff, im Vorstand der Stiftung, erklärt die Vermögensanlage: "Wir haben unser Kapital auf drei verschiedene Arten angelegt: einen Teil in Wertpapieren, einen Teil fest verzinst und den dritten Teil in Lebensversicherungen." Brockhoff empfiehlt generell, in Anleihen zu investieren, da schnell höhere Erträge zu erzielen seien. Dennoch fügt er hinzu: "Wir haben natürlich auch Rückgänge in den Erträgen, aber wir sind abgesichert durch unser großes Vermögen."

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