Sandra Will

Freie Journalistin, Humanistin, Arbeiterkind, München, München

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Start-up Blickfeld: Von den Großen gesehen werden - WELT

BILANZ begleitet Blickfeld, den „Start me up!"-Gewinner, durch das Jahr. Diesmal gibt der Gründer Florian Petit einen Eindruck von der Automesse IAA und erklärt, warum dort die Sturm-und-Drang-Phase vorbei ist.


Selbst wenn in diesem Jahr alles etwas kleiner geraten ist, bleibt die IAA die große Bühne der Automobilhersteller, vor allem der deutschen. Man zeigt sich, man versetzt das Publikum in Erstaunen und die Konkurrenz nach Möglichkeit in Schrecken.


Auch die Münchner Firma Blickfeld, der diesjährige Gewinner des BILANZ-Gründerwettbewerbs „Start me up!", ist in Frankfurt angetreten, und zwar gleich mit zwei Ständen. „Wir wollen gesehen und gehört werden, deshalb gehen wir auf Messen", sagt Florian Petit (36), einer der Firmengründer.


Blickfeld stellt Lidar-Sensoren (Light Detection and Ranging) her, die beim autonomen Fahren mittels Laserstrahlen Abstände und Geschwindigkeiten messen und sich zusätzlich zu Kameras einsetzen lassen. Die ursprünglichen Lidar-Systeme der 1960er-Jahre waren bislang zu groß und zu teuer, um sie in Autos zu installieren.


Den Blickfeld-Technikern gelang es, die Sensoren auf das Format eines kleinen handlichen Würfels zu schrumpfen. Der „Cube" ist zudem so leicht und so robust, dass man ihn selbst in Scheinwerfer oder Rückspiegel einbauen kann, und darüber hinaus billig und massentauglich: Die Serienfertigung macht es möglich.


Im vergangenen sowie in diesem Jahr hatten die Münchner mit ihrem spektakulären Lidar-System zwei IAA-Stände im Messebereich „New Mobility World" gewonnen: den einen beim „New Mobility World Labs"-Wettbewerb, den anderen beim „European Startup Prize for Mobility". Start-ups wie Blickfeld haben auf Messen ihren großen Auftritt - und ihre potenziellen Kunden in nächster Nähe: die großen Autobauer.


Laut Florian Petit tun sich diese noch immer schwer, wirkliche Neuerungen umzusetzen: „Die Autobranche ist noch sehr langsam und steif. Interessen werden mühsam abgewogen, Genehmigungsprozesse durchlaufen mehrere Hierarchieebenen. Gute Seiten gibt es auch: Die großen Autohersteller produzieren zuverlässig und setzen auf sichere Technologie. Wir können mit unseren Arbeitsprozessen Hilfestellung in neuen Konzepten und KI geben."

Als der Blickfeld-Mann vor zwei Jahren zum ersten Mal die IAA besuchte, hatte er den Eindruck, dass die Branche einen raschen Wandel zum autonomen Automobil anstrebe. Die Sturm-und-Drang-Phase ist offenbar größerer Nüchternheit gewichen: Man setzt heute auf vorsichtigere Veränderungen.


Die Branche baut auf hohe Sicherheit beim autonomen Fahren, und das braucht seine Zeit. Um diese Sicherheit zu gewährleisten, werden große Datenmengen benötigt, und hierauf konzentriert sich Blickfeld. Weil die Entwicklung bislang nur das hochautomatisierte Fahren zulässt, bei dem sich der Wagenlenker vom Verkehrsgeschehen abwenden kann, aber in der Lage bleiben muss, die Kontrolle über das Fahrzeug innerhalb weniger Sekunden wieder zu übernehmen, hat auch Blickfeld sein Produkt dahingehend angepasst.


Der neue „Cube Range" kann weit entfernte Objekte auch bei hoher Geschwindigkeit erkennen und abbilden, was vor allem dem hochautomatisierten Fahren auf Autobahnen dienlich ist. Anders als im Stadtverkehr benötigt das System hier weniger Informationen über die nähere Umgebung, braucht dafür aber ein Sichtfeld mit bis zu 250 Metern Weite.

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