Sandra Kathe

Freie Journalistin, Frankfurt/Main

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Ein Landwirt träumt von Wacken

Noch ist die Halle leer, in der bald über 2000 Festivalbesucher zu Rockmusik feiern werden. Martin Stark ist für die Vorbereitungen gerüstet. Foto: Heike Lyding

Zum „Wild Chicks“-Festival erwartet der Hühnerhofbetreiber Martin Stark rund 2400 Konzertbesucher auf seinem „Burghof“ in Niederursel. Und er lockt erstmals mit der international bekannten Band „Kissin’ Dynamite".

Niederursel. Noch steht die Lagerhalle von Martin Stark voll mit Bühnenteilen und Konzertplakaten. Sie verraten, dass hier in einigen Tagen Dinge passieren, die im Alltag eines Landwirtes eher ungewöhnlich sind. Gut 2400 Festivalbesucher erwartet der Betreiber des „Burghofs“ von kommenden Freitag bis Sonntag. Dazu hat er die Traktoren bereits aus der Halle gefahren. Aus einem Radio neben der Tür dröhnt Rockmusik. Die Akustik der Halle klingt vielversprechend.

„Auf 60 mal 20 Meter Fläche passen hier, wenn nur die Bühne aufgebaut ist, locker 3000 Besucher“, sagt Stark, der sein „Wild Chicks“-Festival bereits zum vierten Mal organisiert. Was einst mit einem rockigen Hoffest und dem Umbau des Hofladens zu einem kleinen Musik-Club begann, hat sich zu einem Großereignis entwickelt, das sich in diesem Jahr erstmals über drei Tage erstreckt.


Sicherheit geht vor

Doch dazu musste Stark strenge Vorschriften beachten. Die Behörden sind vorsichtig geworden seit dem Umglück bei der „Love Parade“ 2010 in Duisburg, wo 21 Besucher ums Leben kamen. 2015 sind die Maßstäbe sogar noch strenger. „In den letzten Jahren war ich einige Wochen vorher beim Ordnungsamt und habe eine kurzzeitige Umnutzung der Halle beantragt, die nach wenigen Tagen genehmigt war. In diesem Jahr blieb die Genehmigung aus. Stattdessen sollte ich eine neue Baugenehmigung für die existierende Halle beantragen, mit Brandschutzkonzepten und allem Drum und Dran“, erklärt Stark. 6000 Euro haben ihn der Architekt und ein Brandschutzgutachter gekostet – eine Investition, die ihm wichtig war für seinen kleinen Traum vom eigenen Festival.


Stark war schon immer begeistert von Musik, lernte als Jugendlicher das Schlagzeugspielen und heuerte bei lokalen Bands an. Darum weiß er, wie wichtig es ist, Nachwuchsbands eine Bühne zu bieten. Die gibt es auf seinem Hof seit 2013 im inzwischen umgenutzten Hofladen, wo regelmäßig Konzerte stattfinden. Auch für Familienfeiern ist der Raum inzwischen sehr beliebt. „Wenn wir wollten, könnten wir ihn locker zweimal die Woche vermieten“, sagt Stark. Auf solche Nebenverdienste sind etliche Landwirte in Frankfurt angewiesen: „In den letzten zehn Jahren habe ich an die Stadt rund 100 Hektar Land verloren. Und Not macht eben erfinderisch!“


Beim „Wild Chick“-Festival dient der Raum mit der kleinen Bühne als Backstage-Bereich für die eingeladenen Künstler. „Als Publikumsmagneten konnten wir die Rockband ,Kissin’ Dynamite’ gewinnen, die zuletzt auf Europatournee waren und bei zahlreichen Festivals aufgetreten sind.“ Stark ist stolz, dass die Bands sich inzwischen bei ihm melden und sein Festival einen guten Ruf genießt.


Buntes Programm

Neben „Kissin’ Dynamite“, einer schwäbischen Formation, treten vor allem regional bekannte Bands auf: Auf dem Programm für Freitag stehen ab 19 Uhr „Mallet“, die „Rammstein“-Coverband „Die Bestien“ und „Hole Full of Love“. Samstag ab 19.30 Uhr spielen „The Cocks,“ „The Streamers“ und „Kissin’ Dynamite“. Sonntag beginnt der Festivaltag bereits um 11.30 Uhr mit einem Frühschoppen auf dem Hof. Den Abschluss machen ab 18.30 Uhr die Konzerte von „Bounce“ und „Purple Rising“.


Karten kosten pro Tag 20 Euro, ein Kombi-Ticket für alle Tage gibt es für 50 Euro. Auch die Getränkepreise sind für ein Festival eher günstig. „Ein Pils kostet 3 Euro, ein Hefeweizen 4“, sagt Stark, der mit dem Festival kein Geld verdienen will: „Ich bin froh, wenn es für mich eine Nullrunde gibt – solange die Besucher nur Spaß haben“.


Starks Ziel ist es, das Spektakel zu vergrößern. Wiesen ringsum, um auch Außenbühnen aufzustellen gebe es genug, Nachbarn, die sich über den Lärm beschweren, hingegen nicht. „Wer weiß? In Wacken haben sie auch klein angefangen“, sagt Stark schmunzelnd. Das Heavy Metal-Festival im schleswig-holsteinischen Wacken zieht jährlich über 70 000 Besucher in die 1800-Seelen-Gemeinde. „Das wäre für Frankfurt doch ein Klacks“, findet Stark: „Doch die Stadt, vor allem in Form der unteren Naturschutzbehörde, zeigt sich von dieser Vision bislang noch nicht allzu begeistert.“


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