Sandra Bernhofer

Journalistin, Texterin, Fotografin, Salzburg

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Mehr Raum für junge Menschen

Fast 20 Jahre lebte Eva Hody in Wien. Vor zwei Jahren kam sie nach Salzburg, um als Landeskonservatorin des Bundesdenkmalamts dafür zu sorgen, dass die Stadt unverwechselbar bleibt und gleichzeitig ihren Einwohnern dient.

„Für mich war das eine richtige Erholung, ich bin in der Schweiz am Land groß geworden", sagt sie. Statt täglich bis zu drei Stunden in der U-Bahn zu verbringen, ist sie jetzt in zwei Fußminuten in der Arbeit. Mit einem kleinen Schlenker kommt Hody dabei auch an ihrem Lieblingsort vorbei: dem Residenzbrunnen. „Viele Salzburger nehmen ihn gar nicht mehr wahr", meint sie und zeigt, wie liebevoll er gearbeitet ist: die sorgfältig gemeißelten Nüstern, eine Schildkröte, die auf dem Felsen kauert, den Sprühnebel aus feinem Wasser.

„Manchmal setze ich mich auf eine Bank und beobachte, wie sich der Brunnen im Lichtspiel verändert", erzählt Hody. So gern sie den Platz hat, so sehr stört sie die Salzburger Eventkultur, vor der auch er nicht verschont bleibt. Nicht selten klirren die Fenster ihrer Wohnung in der Goldgasse bei Konzerten, nicht selten hört sie, wie den ganzen Tag per Lautsprecher Würstel angepriesen werden.


„Wo leb ich da eigentlich?", fragt sie sich dann.


Salzburg müsse weg davon, Touristen über alles zu stellen. „Wenn die Festspiele vorbei sind, hat man das Gefühl, in dieser Stadt ist schon Weihnachten", sagt sie, während wir an den ersten Lichtschlangen vorbeigehen, die gerade montiert werden.

„Salzburg muss lebenswert werden – für die Einwohner", fordert Hody, die selbst eine begeisterte Bewohnerin der Innenstadt ist. Aber: „Altstadtwohnungen bieten meist wenig Komfort, Lifte lassen sich nicht überall einbauen, den Müll muss man durch die halbe Stadt tragen. Das kann dann nicht so teuer sein!"

Das Gute daran, im Herzen Salzburgs zu arbeiten und zu wohnen? „Ich spaziere gern durch die Altstadt, einfach so", erzählt sie, während wir in Richtung des zwiebeligen Turms der Kirche von St. Peter schreiten, „Salzburg ist so schön, hat so schöne Formen."


Dunkles Holz, Kristallluster, schwirrende Stimmen – wir sitzen im Café Bazar und reden über Salzburgs starke Bürgerschaft: „Es ist unglaublich, wie oft ich Briefe erhalte, in denen ich gefragt werde: ‚Was wird da gebaut?' ‚Geht da eh nichts kaputt?'" Die Lobby bestehe aber überwiegend aus älteren Menschen, nach dem Motto: Wir haben die Stadt so gemacht und so soll sie bleiben.

Für junge Menschen und ihre Ideen bleibe dagegen zu wenig Platz, wie etwa in jenem fast leeren Haus in der Steingasse, in dem sich ein Pärchen ganz oben mit einfachen Mitteln nett eingerichtet hatte. „Jetzt wird das ein Loft, die Wohnungen in den unteren Geschoßen werden geteilt", erzählt die Landeskonservatorin von einem Arbeitsbesuch in dem Altstadthaus, „da geht es nur ums Geld."

Es sei toll, dass Max Reinhardts Konzept, Salzburg in eine Kulturstadt zu verwandeln, so gut funktioniert habe, zu einer Zeit, als Salzburg frisch zu Österreich gekommen war, die Stadt verarmt war, die Bischöfe nichts mehr zu sagen hatten. „Aber dieses Konzept ist überholt. Salzburg müsste sich eine neue Nische suchen, etwa als Jugendstadt."

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