Piotr Rosołowski: Wir haben schnell gesehen, dass es kaum Archivmaterial gibt. Fast alle Zeitzeugen waren schon tot. Das hat uns gezwungen, in den Filmen nach der Persönlichkeit zu suchen.
Elwira Niewiera: Jeder zweite oder dritte von Waszyńskis Filmen vor dem Krieg handelte von einem Identitätswechsel. Es ist klar, dass ihn das Thema bewegte. Der Schlüssel war für uns eindeutig sein Film „Der Dybbuk" von 1937.
Warum?
Der Film hat autobiografische Züge. Er spielt in der mystischen Atmosphäre eines Schtetl der Vorkriegsjahre und handelt von einer unerfüllten Liebe, die an diesem Ort und zu dieser Zeit nicht ausgelebt werden konnte. In einem jüdischen Schtetl war es Michał Waszyński nicht möglich, schwul zu sein. Künstlerisch gesehen ist dieser Film das Beste, was er je gemacht hat. Das weist darauf hin, dass ihm daran am meisten lag.
Rosołowski: „Der Dybbuk" ist sein einziger Film, in dem das Judentum vorkommt. Waszyński hat das davor und danach nie wieder berührt. Dieser Film war seine Obsession, Jahre später hat er noch nach der Kopie gesucht. Dieser Film war für Waszyński ein ganz besonderes Werk gewesen. Es gibt aber noch einen Film, der autobiografische Elemente hat: „Der Unbekannte aus San Marino". Die Hauptperson darin ist wie Waszyński ein Mann, der nach dem Krieg in Italien sein Leben neu anfängt und von der Vergangenheit eingeholt wird.
Niewiera: Die Filme waren ein Ventil für ihn, eine Art Therapie.
Niewiera: Wir mögen keine konventionellen Biografien. Außerdem besteht Michał Waszyńskis Leben tatsächlich nur aus Puzzleteilen, die nicht zusammenpassen und sich gegenseitig ausschließen. Es gibt falsche Spuren und widersprüchliche Versionen der Ereignisse.
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