Sabine Winkler

Freie Autorin und Redakteurin, Berlin

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Corona: Warum wir in der Pandemie so gerne alte Serien schauen - WELT


Streamingdienste und Mediatheken gehören zu den wenigen Gewinnern der Corona-Krise. Doch statt das brandneue „Bridgerton" einzuschalten, schaue ich lieber zum wiederholten Mal „Friends". So wie ich sehen sich im Moment viele Leute alte Serien an. Wieso nur?


Ich könnte jeden Tag eine neue Serie schauen, wenn ich wollte. In letzter Zeit erwische ich mich aber sehr oft dabei, wie ich „How I Met Your Mother" auf Netflix ansteuere, obwohl ich alle Staffeln schon mindestens fünfmal durchgesehen habe. Mit den Lockdown-Einschränkungen hat sich auch mein Serienkonsum verändert. Statt nach Feierabend den Thrill in etwas Neuem zu suchen, suhle ich mich in der Geborgenheit von schon einmal Liebgewonnenem.


Damit bin ich nicht alleine. Egal wen ich frage - Freunde, Familie, Arbeitskollegen -, allen geht es gerade ähnlich. Während die einen „Schwarzwaldklinik", „Kommissar Rex" oder „Emergency Room" erneut durchsuchten, verlieben sich andere wieder in „Buffy", „Dawsons's Creek" oder „Sex and the City". Unter den zehn beliebtesten Serien beim Marktführer Netflix war in der ersten Januar-Woche 2021 der Sitcom-Klassiker „Friends", der zwischen 1994 und 2004 im TV lief, auf Platz sechs. Auch die Comedyserie „Brooklyn Nine-Nine" von 2013 steht momentan wieder hoch im Kurs.


Täglich grüßt das Serien-Murmeltier

Auch bevor es überhaupt einen Corona-Lockdown gab, kannten wir dieses Prinzip schon: Comfort-Binge nennt man das. Man zieht sich immer wieder die gleichen alten Serienfolgen rein. Geprägt hat den Begriff die US-Journalistin Alexis Nedd in einem Artikel für das Magazin „Mashable". Mit sehr wenig Aufwand - und auch Aufmerksamkeit - bekomme man maximale Unterhaltung.


Mit der Zurückgezogenheit in die eigenen vier Wände innerhalb der vergangenen Monate hat sich auch das Comfort-Binging verstärkt. Das hat einen Grund: Sich immer wieder das Gleiche anzuschauen, hat etwas Tröstliches und Vertrautes. Der Nostalgie-Effekt - ein verklärendes Erinnern an eine frühere, bessere Zeit, aber gepaart mit dem Wissen, dass früher gar nicht alles besser war. Das sieht Medienwissenschaftler Dr. Sven Grampp von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ähnlich:


"Man kennt es, hat eine gewisse affektive Bindung daran, kann sich aber darüber und damit eben auch über sein damaliges Alter Ego etwas lustig machen."


Das ist wohl auch der Grund, wieso ich mir alle 236 Folgen von „ Friends" zum 20. Mal anschaue, obwohl ich sie sogar schon teilweise mitsprechen kann. 


Den ganzen Artikel mit noch mehr Gründen für das Comfort-Binging findest du auf WELT.de.

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