Die Universitätsbibliothek Heidelberg fördert Open-Access-Publikationen
24.02.2014, 06:00
Von Sabine Hebbelmann
Open Access bezeichnet den weltweit freien Zugang zu wissenschaftlicher Information im Internet. Das Publikationsmodell hat stark an Bedeutung gewonnen. Die Universitätsbibliothek (UB) Heidelberg nimmt jetzt auch die Geistes- und Sozialwissenschaften in den Blick und startet mit dem Exzellenzcluster "Asien und Europa im globalen Kontext" ein Pilotprojekt für die Publikation von Open-Access-Büchern. Die RNZ hat mit Dr. Martin Nissen, dem Open-Access-Beauftragten der Universitätsbibliothek, gesprochen.
> Warum überlässt die Universitätsbibliothek die Open-Access-Publikationen nicht den Wissenschaftsverlagen?
Die Open-Access-Idee ging am Anfang von der Wissenschaft aus - mit Unterstützung von Serviceeinrichtungen wie Bibliotheken. Ziel war es, wissenschaftliche Ergebnisse, die an den Universitäten entstanden waren, nicht zurückkaufen zu müssen. Es gibt inzwischen eine Reihe renommierter Open-Access-Verlage. Gleichzeitig bieten die großen Wissenschaftsverlage, die ihre Zeitschriften hochpreisig an Bibliotheken verkaufen, den Autoren an, ihre Beiträge Open Access zu stellen - gegen zusätzliche Gebühren! Dieses Modell, das sogenannte double-dipping - doppeltes Abrechnen -, sehen wir sehr kritisch und werben hier für die Publikation in echten Open-Access-Zeitschriften und -Verlagen.
> Dafür könnten die Verlage doch die Lizenzgebühren reduzieren?
Das müssten sie sogar, doch können wir von Bibliotheksseite keine Absenkung der Zeitschriftenpreise feststellen. Im Gegenteil: Die Preise steigen hier weiter an, wenn auch nicht so rasant wie in den neunziger Jahren. Insgesamt ist hier die Preisgestaltung nicht transparent.
> Wie steht die Universität Heidelberg zur Open-Access-Bewegung?
Bei der Veröffentlichung wissenschaftlicher Arbeiten hat sich Open Access als ein wirkungsvolles Publikationsmodell erwiesen, das den weltweiten, freien und uneingeschränkten Zugang zu Forschungsergebnissen ermöglicht und diesen zu größerer Sichtbarkeit verhilft. Die Universität Heidelberg hat sich vor einem Jahr mit einer eigenen Open Access Policy zu diesem Publikationsmodell bekannt. Sie ermuntert Autoren insbesondere dazu, Nutzungsrechte nicht vollständig an einen Verlag abzutreten, sondern sich das Recht vorzuhalten, später auch im Internet zu publizieren.
> Was unternimmt die Universität noch?
Sie hat die Universitätsbibliothek mit der Koordination der Open-Access-Aktivitäten beauftragt. Die Universitätsbibliothek bietet seit 2000 mit dem Heidelberger Dokumentenserver HeiDOK für Dissertationen sowie für wissenschaftliche Aufsätze, die bereits publiziert wurden, eine nachhaltige Struktur an. Die Qualitätssicherung erfolgt hier über die Erstveröffentlichung. Daneben gibt es drei fachliche Server zu den Schwerpunkten Altertumswissenschaften, Südasien und Kunstgeschichte. Insgesamt sind auf den Servern bereits über 20.000 Publikationen online verfügbar.
> Ist die UB selbst verlegerisch tätig?
Wir bauen Publikationsdienste auf mit dem Ziel, Wissenschaftlern beim Publizieren Unterstützung zu bieten. Es gibt hervorragende Plattformen, die international entwickelt werden und Unis die Möglichkeit geben, verlagsunabhängig zu publizieren. Seit 2008 bietet die UB die Software Open Journal Systems (OJS) zur Herausgabe von Zeitschriften an. Aktuell gibt es 20 Zeitschriften - mit steigender Tendenz! Dazu gehört die Zeitschrift "Transcultural Studies" des Exzellenzclusters Asien und Europa. Es han-delt sich um qualitativ hochwertige Publikationen, die ein Begutachtungsverfah-ren durchlaufen haben.
> Was ist das neueste Projekt der UB?
Das Open-Access-Publikationsmodell bezog sich zunächst auf Artikel in Fachzeitschriften. Unser Coup ist, dass wir ein Geschäftsmodell entwickeln wollen, wie mit der Software Open Monograph Press (OMP) auch wissenschaftliche Bücher im Internet frei zugänglich gemacht werden können. Vor allem englischsprachige Veröffentlichungen, Monographien und Kongressschriften, werden vom klassischen Verlagsmarkt mit der Konzentration auf Print und lizenzpflichtige E-Book-Pakete nicht zufriedenstellend abgedeckt. Unser Ziel muss es sein, diese Publikationen weltweit zugänglich zu machen. Hierzu wollen wir zusammen mit dem Exzellenzcluster Asien und Europa in einem Pilotprojekt ein entsprechendes Publikationsmodell entwickeln.
> Wer profitiert davon?
Wir hoffen, die Autoren und die Leser gleichermaßen. Zudem ist es Teil des Projekts, technische Hilfsmittel zu entwickeln, mit deren Hilfe die Ausgabeformate automatisch erzeugt werden. Und da wir diese Ergebnisse auch frei zugänglich machen werden, profitieren vielleicht sogar die Verlage davon.