Rüdiger Kahlke

Dipl.-Journ. / Freier Journalist

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Schülerzahlen sinken - Bildung wird zum Standortfaktor

Märkischer Kreis. Nicht Pisa oder andere internationale Vergleichsstudien haben Bewegung in die schulpolitische Landschaft gebracht. Auslöser war vornehmlich der Rückgang der Schülerzahlen und das Schulwahlverhalten. So erklärt Dr. Ernst Rösner vom Institut für Schulentwicklung an der TU Dortmund den bildungspolitischen Wandel.

Druck komme vor allem aus Kommunen im ländlichen Raum. Im Märkischen Kreis ist Prognosen zufolge mit deutlich sinkenden Schülerzahlen zu rechnen: Das statistische Landesamt ermittelte für 2009 noch 50 933 Schüler im Kreis; im Jahr 2019 werden es voraussichtlich nur noch 38 913 sein.

Kommunen reagieren

Das gefährdet ein attraktives Schulangebot vor Ort. In Neuenrade, Schalksmühle, Herscheid und anderen Orten führt das bereits zu neuen Überlegungen. Die Schalksmühler Verbundschule sieht Rösner dabei allenfalls als zweitbeste Lösung. Angesichts der „fast schon grotesk niedrigen Schülerzahl" von 54 gebe es „berechtigte Zweifel", ob die sie dem Druck der Realschule in Breckerfeld, dem Gymnasium in Halver und der Gesamtschule in Lüdenscheid standhalten kann. Bildung werde zum „harten Standortfaktor" im Wettbewerb um die Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen, sagt Rösner.

„Je kleiner die Kommunen, desto vorteilhafter die Einstellung zur Gemeinschaftsschule", hat der Schulexperte beobachtet. Grund: Sie wollen - zumindest in der Sekundarstufe I - ein attraktives Bildungsangebot machen. Kinder sollen nicht über Gebühr pendeln und an Haltestellen warten müssen.

Die größten Probleme hätten im Augenblick die - großenteils CDU-regierten - ländlichen Regionen. „Das sind die Politiker, die einer jungen Familie erklären müssen: Wenn ihr hier euer preiswertes Grundstück habt, dann sieht es mit der Schulversorgung nicht so dolle aus", so Rösner. Zudem gehe es darum, für Gewerbeansiedlungen und Unternehmen attraktiv zu sein. „Das ist dann ein starkes Argument", so Rösner weiter.

Und: Bei der Beschäftigung mit der Gemeinschaftsschule als Reaktion auf rückläufige Schülerzahlen werde klar, „so dolle ist das deutsche Schulsystem eigentlich nicht. Dann kriegen wir wieder die Rückkehr zu Pisa". Gemeinschaftsschulen ermöglichen laut Dr. Ernst Rösner den Anschluss „an die bei Pisa so erfolgreichen skandinavischen Bildungsgänge und verhindern so das System der frühen Auslese."

Rüdiger Kahlke

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