Das ist schwer zu sagen: Zum einen brauchen wir 46 Stimmen, um erfolgreich zu sein. Zurzeit haben wir aber lediglich 42, sodass wir als Opposition darum bemüht sind, fraktionslose Abgeordnete und die der nationalen Minderheiten zu überzeugen. Nichtsdestotrotz ist es uns gelungen, Jansas Regierung zu schwächen, lediglich 41 Abgeordneten unterstützen ihn noch. Seine Abwahl steht also bevor.
Ein anderes Problem ist die Coronapandemie. Wir hatten für Ende Januar eine Sitzung angesetzt. Doch einige Abgeordnete haben sich infiziert und sind deswegen in Quarantäne. Für diesen Fall gibt es aber keine Regelung, wie diese abstimmen können. Deswegen besprechen wir uns mit den anderen Fraktionen, wie eine geheime Abstimmung ohne Anwesenheit möglich sein kann.
Die Lage ist sehr schlecht, denn die Regierung hat alles falsch und dann auch noch zu spät gemacht, um anschließend autoritär auf die Situation zu reagieren. Slowenien ist das Land mit der zweithöchsten Todesrate in Europa und hat weltweit eine der höchsten Infektionsraten.
Das Grundproblem war, dass mit den Menschen so kommuniziert wurde, als könnten sie nicht rational denken. Stattdessen wurden die Bürger bedroht und sanktioniert sowie der Rechtsstaat beseitigt. Bei Beginn der zweiten Welle wurden alle öffentlichen Aktivitäten eingestellt sowie Läden und Schulen geschlossen. Die Botschaft der Regierung war: Ihr seid keine guten Bürger, die Infektionszahlen steigen, weil ihr die Maßnahmen nicht einhaltet; wenn ihr euch aber daran haltet, dann werden die Zahlen zurückgehen, und wir werden zum normalen Leben zurückkehren.
Die Menschen haben das der Regierung zu Recht nicht abgenommen. Wurde anfangs behauptet, die Ausgangssperre gelte lediglich für eine Woche, ist sie noch immer in Kraft. Es wurde gesagt, die Schulen bleiben so lange wie möglich offen. Nun haben wir die am längsten dauernde Schulschließung in Europa.
Die Menschen haben das Vertrauen verloren, denn die Maßnahmen der Jansa-Regierung sind widersprüchlich. Beispielsweise müssen Lebensmittelgeschäfte, die auch Glühbirnen oder Socken verkaufen, diese verdecken und dürfen sie nicht verkaufen. Die Regierung ist vollkommen unorganisiert und übernimmt keine Verantwortung.
Hierzulande gibt es eine allgemeine Krankenversicherung, die fast alle Leistungen übernimmt, doch es gibt auch einen privaten Sektor in Form von privaten Komplementärversicherungen. Für letztere müssen unabhängig vom Einkommen monatlich 35 Euro gezahlt werden, um Leistungen zu erhalten, die normalerweise von der öffentlichen Krankenversicherung übernommen werden sollten. Unsere Forderung ist, diese privaten Versicherungen abzuschaffen und die gesetzliche auszubauen. Wer dann immer noch besondere Luxusleistungen haben will, kann dafür eine Zusatzversicherung abschließen.
Das Gesundheitssystem ist unterfinanziert, es gibt zu wenig Personal, und die medizinischen Geräte sind veraltet. Seit der Finanzkrise vor einem Jahrzehnt gab es keine Investitionen mehr. Durch die Abschaffung der privaten Versicherungen wären nötige Mittel dafür da. Außerdem müssten aber auch die Ausgaben für das Gesundheitssystem von derzeit knapp acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf den europäischen Durchschnitt von zehn Prozent erhöht werden.
Die aktivsten Gewerkschaften gibt es im öffentlichen Dienst. Dort finden auch regelmäßig Streiks statt, beispielsweise von Lehrern. Aber in der Privatwirtschaft ist der Organisierungsgrad ähnlich wie in anderen europäischen Ländern gering und in den vergangenen 30 Jahren gesunken. Ein Grund dafür ist die Globalisierung. Das Kapital kann auf andere Standorte wie Bulgarien oder Rumänien ausweichen, wo die Arbeitskosten geringer sind. Eine andere Gruppe, die ebenfalls gewerkschaftlich nicht organisiert ist, sind die prekär Beschäftigten - auch weil sie nicht im Blickfeld der großen Gewerkschaften sind.
Levica hat mit Ausnahme der zwei rechten Verbänden gute Beziehungen zu den fünf größten Gewerkschaften. Mit ihnen zusammen haben wir, als wir die Regierung von Marjan Sarec von 2018 bis 2019 tolerierten, eine Erhöhung des Mindestlohns von 600 auf mehr als 730 Euro netto pro Monat durchgesetzt. Ein anderer Erfolg ist, dass die Geschäfte am Sonntag schließen müssen. Außerdem wurden die Sozialhilfe von 300 auf 400 Euro erhöht.
Wir haben keine Angst vor der Konfrontation. Wir wussten, als wir uns 2012 als demokratische Sozialisten bezeichneten, dass wir für eine öffentliche Debatte sorgen werden, fürchteten uns aber nicht davor, unsere Idee einer sozialistischen Alternative zu verteidigen. Das ist uns nun seit fast zehn Jahren gelungen, und vor allem junge Menschen haben sich unsere Position zu eigen gemacht. Ich würde daher empfehlen, eine offene und breite Debatte zu führen und keine Angst vor Kritik zu haben. Ganz im Gegenteil, Kritik ist zu begrüßen und in unsere Erzählungen über zukünftige Sozialismen zu übernehmen und in der eigenen Politik zu berücksichtigen.
Ich denke, die Linke - nicht nur in Slowenien - muss sich weiterentwickeln. Ich trete beispielsweise für Mitarbeiterunternehmen als ein linkes Zukunftsmodell ein. Wir bereiten dazu einen Gesetzentwurf vor, um es Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen zu ermöglichen, die eigene Firma beim Ausscheiden des Besitzers zu übernehmen und kollektiv fortzuführen. Außerdem denke ich, dass es prekär Beschäftigten ermöglicht werden sollte, sich in kollektiv organisierten Plattformen zusammenzuschließen.
Das wäre eine neue Perspektive für eine demokratisch-sozialistische Linke. Das wäre nicht unbedingt etwas Neues, denn diese Vorschläge werden bereits seit 150 Jahren diskutiert. Aber kollektives Eigentum der Arbeiter wurden noch nie als eine Systemalternative ausprobiert.
Ich würde Kapitalismus nicht durch den Markt definieren. Natürlich bin ich dafür, den Aktienmarkt streng zu regulieren, wenn nicht sogar abzuschaffen. Ich bin aber auch dafür, einen Marktsozialismus auch als Sozialismus zu betrachten und Märkte nicht mit dem Kapitalismus gleichzusetzen.
Wenn wir uns die Modelle des Staatssozialismus in der Vergangenheit ansehen, war das Problem - selbst in Jugoslawien -, dass sich der Staat und die Partei in alles eingemischt haben. Wir müssen uns überlegen, welche Eigentumsform für einen demokratischen Sozialismus notwendig ist. In diesem werden große Unternehmen wie Banken in der öffentlichen Hand sein, aber kleine und mittlere Firmen werden im Besitz der Beschäftigten sein, sodass diese mehr Freiheiten haben, als wenn sie vom Staat verwaltet würden.
Zu Beginn von Levica 2011/2012, als wir gefragt wurden, was für uns demokratischer Sozialismus bedeute, antworteten wir, dass wir uns nicht die Kochbücher der Zukunft ausdenken. Aber ich denke, das ist genau das, was wir machen müssen: erklären, wie die Zukunft aussehen soll, die wir uns vorstellen. In diesem Sinne ist mein Vorschlag ein reformistischer.
Levica ist eine Partei mit verschiedenen linken Ansätzen, aber es gibt offiziell keine Fraktionen. Unter den Mitgliedern gibt es auch solche mit einem ausgeprägterem marxistischen Verständnis, als ich es habe. Wir sind aber darum bemüht, darüber eine breite politische Diskussion zu führen. Wenn wir einen Gesetzentwurf vorbereiten, haben wir darum ernsthafte Debatten. Eine derzeitige ist die um die von mir vorgestellten Arbeiterunternehmen.
Sie sind natürlich sehr skeptisch, denn sie treten dafür ein, öffentliches bzw. Volkseigentum zu stärken. Wie gesagt, ich denke, in einem zukünftigen Sozialismus wird es gemischte Eigentumsformen geben. Wir sollten nicht an Dogmen festhängen, sondern in politischen Diskussionen, aber auch in der Praxis, offen für Experimente sein, um zu sehen, was funktioniert.
Ich lese zurzeit das Buch "Socialism after Hayek" (Sozialismus nach Hayek) des US-Ökonomen Theodore Burczak. Darin versucht er, auf die Einwände des liberalen Vordenkers Friedrich August von Hayek gegenüber dem Realsozialismus zu antworten und dadurch eine neue Perspektive für die Linke zu entwickeln. Wir sollten nicht alle Kritik als reaktionär zurückweisen, sondern diese auch hören und wenn notwendig in unsere Debatten integrieren. Denn der Sozialismus des 20. Jahrhunderts kollabierte nicht nur in der Praxis, sondern auch theoretisch. In diesem Sinne sind wir in einer Phase des Wiederaufbaus.
Der Auslöser der letzten Proteste war - wie auch 2012 - eine Korruptionsaffäre, bei der es um Schutzmasken ging. Damals waren wegen der Coronapandemie noch strenge Beschränkungen in Kraft, doch Zehntausende gingen in Ljubljana auf die Straße. Das ist viel für eine Stadt mit rund einer Viertelmillion Einwohnern.
Ja, es gibt eine starke Protesttradition. Aber es gibt auch eine gefährliche Gegenbewegung, denn wichtige Zentren der linken Gegenkultur werden von der Regierung oder der Stadtverwaltung in Ljubljana angegriffen. Für Jansa ist die neue Linke ein Ausdruck einer liberalen Globalisierung, des Einflusses des Finanzspekulanten George Soros und des Verfalls der sogenannten traditionellen christlichen Werte.
Im Januar wurde das autonome Zentrum "Rog", eine ehemalige Fahrradfabrik und wichtiger Treffpunkt der fortschrittlichen Zivilgesellschaft und Kultur in Ljubljana, durch den Bürgermeister Zoran Jankovic geräumt und zerstört. Ein anderes Zentrum ist das seit den 1990er-Jahren besetzte ehemalige Kasernengelände Metelkova, wo verschiedene Initiativen ihren Platz haben. Diesem wird auch mit der Räumung gedroht.
Daneben gibt es noch Radio Student, das auf eine mehr als 50-jährige Geschichte zurückblicken kann und eine Ausbildungsstätte für progressive Journalisten ist. Die Studentenorganisation, die von Jansa-Getreuen dominiert wird, will nun die Finanzierung streichen. Das gefährliche ist, dass all diese Angriffe auf einmal stattfinden.
Jansa kopiert das Vorgehen Orbans. Zuerst will er die fortschrittlichen Stimmen und die Zivilgesellschaft zum Schweigen bringen, denn diese sind am schwächsten. Dann attackiert er die Medien. Derzeit versucht er, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk RTV Slo zu übernehmen und die Mittel für die staatliche Nachrichtenagentur STA zu streichen, weil diese ihm gegenüber nicht hörig sind. Im Gegenzug fließt Geld an die Medien, die ihn unterstützen.
Außerdem versucht Jansa, Einfluss auf die großen privaten Fernsehsender Pop TV und Kanal A zu nehmen. Dafür hat er sich Anfang Dezember mit dem tschechischen Milliardär Petr Kellner getroffen, dem diese Programme gehören.
Jansa versucht alles, um das öffentliche Narrativ zu kontrollieren. Deswegen wird jede Stimme, die widerspricht, zum Schweigen gebracht. Das ist auch ein Grund, warum wir die Regierung so schnell wie möglich loswerden wollen. Wenn es ihm gelingt, die freie Presse und die Zivilgesellschaft zu zerstören, gibt es keinen Weg zurück. Das wird ihm zwar nicht so schnell gelingen, doch wenn er überraschenderweise bei der nächsten Wahl 2022 wiedergewählt werden würde, dann stünden schwere Zeiten bevor, und Slowenien würde das nächste Ungarn werden.
Dazu muss man wissen, dass Jansa die SDS von einer Partei rechts der Mitte in eine extrem rechte transformiert hat. Sie muss daher nicht als eine slowenische CDU betrachten werden, sondern vielmehr als AfD. Diese Veränderung geschah in der Zeit, als mehr Flüchtlinge nach Slowenien kamen, um nach Westeuropa zu gelangen.
Jansas Macht fußt zum einen auf seinem eigenen Mediennetzwerk, zum anderen auf seiner Freundschaft mit Orban, der ihn auch finanziell unterstützt. Es kann davon ausgegangen werden, dass Jansa bereitwillig öffentliches Eigentum an die mit Orbán verbündeten Oligarchen verkaufen wird, um sich damit deren weitere Unterstützung zu sichern.
Das Vorgehen Jansas, sich autoritär an dem Land zu bereichern, ist nicht neu. Jedes Mal, wenn er an der Regierung war, hat er versucht, die politische Macht auch in ökonomische umzumünzen. In seiner ersten Amtszeit als Premier von 2004 bis 2008 hat er es Managern staatlicher Unternehmen erlaubt, diese zu kaufen und so zu privatisieren. Beim zweiten Mal wollte er im Zuge der Finanzkrise eine "Bad Bank" als ein privates Geldinstitut unter seiner Kontrolle gründen. Nun verzichtet er darauf, eine eigene nationale Wirtschaftselite zu etablieren, und gibt sich damit zufrieden, Orbans Getreue für sich zu gewinnen.
Das Kapital in Slowenien ist sehr wankelmütig. Anfangs wurde die liberale Vorgängerregierung von Marjan Sarec unterstützt, anschließend wurde auf Jansa gesetzt. Ich denke, die slowenischen Kapitalisten versuchen, den besten Deal für sich herauszuschlagen.
Ich bin nicht pessimistisch. Anfang März gab es eine sehr schwierige Situation, als Jansa nach einem Misstrauensvotum gegen Sarec die Regierung übernahm. Damals hatte er in Umfragen eine Zustimmungsrate von 66 Prozent. Doch in den letzten Monaten sank dieser Wert, wie auch aktuelle Befragungen zeigen. Im Gegenzug gewann Levica und ist nun sogar die zweitstärkste Kraft hinter der SDS. Die Menschen haben gesehen, dass die Jansa-Leute inkompetent und korrupt sind. Deswegen gehe ich davon aus, dass wir vor dem Ende seiner Regierung stehen.
Derzeit sind wir mit anderen Oppositionsparteien ein Bündnis eingegangen, um die Verfassung und die demokratischen Werte zu verteidigen, denn diese werden angegriffen. Wenn es eine neue Regierung geben wird, werden wir wahrscheinlich ein Teil davon sein und versuchen, dass diese sozial, ökologisch und finanzpolitisch fortschrittlich ist.
Ja, das ist sie. Vor allem für die älteren Menschen spielen die Gedenkorte für die von Partisanen geführten Schlachten im Zweiten Weltkrieg eine wichtige Rolle. Sie kommen vor allem bei den unzähligen Gedenkveranstaltungen zusammen, denn sie erinnern sich gern an die Zeit des sozialistischen Jugoslawiens unter Tito (Josip Broz Tito war bis zu seinem Tod 1980 Staatsoberhaupt, jW) zurück.
Natürlich halten wir das Andenken an die antifaschistische Geschichte der Partisanen hoch. Außerdem erzählen wir die Geschichte Jugoslawiens, wie auch die anderen Linken in der Region. Allein der Begriff Jugoslawien wird - wie von Jansa - dämonisiert. In dieser Zeit gab es aber viele gute Dinge, die in Erinnerung gehalten werden müssen, beginnend bei der Selbstverwaltung bis hin zu einer fortschrittlichen Stadtentwicklung. Doch wir müssen auch aus den Fehlern des damaligen Sozialismus lernen.