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Oberbilk: Begegnungen an der "Kö von Oberbilk"

Auf der Kölner Straße pulsiert das Leben, das Image hat sich in den vergangenen Jahren gebessert. Foto: Andreas Bretz

Wenig Branchenmix, kaum Charme: Der Kölner Straße eilt ein schlechter Ruf voraus. Nur ein Vorurteil?

Von Robin Hetzel

Wenn in Oberbilk die Rede von der Kölner Straße ist, gehen die Meinungen weit auseinander: Für die einen ist sie Sinnbild einer vielfältigen Multikulturalität, für die anderen nur eine von Autos überfüllte Verkehrsachse ohne Charme. Die Möglichkeit, die Straße von einer ganz anderen Seite zu erleben, bieten der Kontaktbeamte Dirk Sauerborn und der Integrationsbeauftragte Ataman Yildrim mit ihren Stadtteilrundgängen.

Rund 40 Anwohner haben sich an diesem Nachmittag am Startpunkt des Rundgangs, dem Oberbilker Markt, versammelt. Süknü Özarslan kennt den Platz wie kein Zweiter. Mit seinem Verkaufsstand für türkische Spezialitäten ist er seit 15 Jahren am Oberbilker Markt. "Ich liebe den Platz und meine Kunden", sagt er. Özarslan weiß aber auch um die Probleme: "Früher gab es hier oft alkoholisierte Leute, die Randale gemacht haben." Sauerborn räumt ein: "Sicher gibt es bei so vielen Kulturen auch mal Reibepunkte." Mittlerweile habe sich die Lage aber erheblich entspannt.

Bei der nächsten Station, dem iPunkt Arbeit, einer Beratungsstelle für Arbeitssuchende, ist das Mitgefühl der Gruppe groß, als Sozialarbeiterin Sabrina Laur erzählt, mit welchen Problemen Klienten auf sie zukämen. "Fälle wie Vergewaltigungen oder Drogensucht, bei denen man nicht direkt wieder arbeiten kann, gehen auch mir echt nahe", sagt Laur. Daher nehme sie sich für jeden Klienten ausgiebig Zeit. Oftmals kommen aber auch Anwohner zu ihr, die nicht auf der Suche nach Arbeit, sondern nach einem passenden Ansprechpartner für andere Probleme sind. "In Oberbilk gibt es viele runde Tisch, aber ein großes Netzwerk fehlt", weiß auch Sauerborn.

Wieder auf der Kölner Straße bestaunt die Gruppe den bunten Warenmix der ausländischen Supermärkte."Die Straße ist viel besser als ihr Ruf", sagt Andrea Ingenhaag, die nur eine Straße weiter arbeitet. "Die Kölner Straße ist quasi die Kö von Oberbilk", erklärt Yildrim lachend.

Als nächstes geht es zum Oberbilker Stadtteilprojekt, einer Begegnungsstätte für Anwohner. Von Treffen der afrikanischen Gemeinde über einen russischen Chor bis zu indischen Tanzkursen gibt es hier unzählige Freizeitangebote. An diesem Nachmittag bietet Michael Schlüter einen Schachkurs für Kinder und Jugendliche an. Etwa zehn Kinder kommen regelmäßig zu seinem Kurs. "Auch wenn die Leute hier nicht ganz so viel haben wie anderswo, die Stimmung ist immer super", sagt er.

Nur einige hundert Meter südlich der Begegnungsstätte endet die 2,6 Kilometer lange Kölner Straße. Hier betreibt Feras Namoraa einen syrischen Imbiss - den ersten in ganz Nordrhein-Westfalen, wie er stolz betont. Vor drei Jahren flüchtete er aus Syrien und eröffnete den Imbiss. Mittlerweile fühle er sich in Oberbilk sehr wohl und ist im ganzen Stadtteil für seine syrischen Spezialitäten bekannt.

Damit endet nach zwei Stunden auch der Rundgang, die nächste Tour soll aber bald folgen. "Wir wollen Anwohnern die Möglichkeit geben, ihr Viertel und auch ihre Nachbarn besser kennenzulernen", sagt Sauerborn. Der Rundgang diene der interkulturellen Verständigung, ergänzt Yildrim.

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