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Bombenentschärfung: In diesen Minuten schließt das Bürgerhospital seine Pforten | Frankfurter Neue Presse

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Evakuierung hält Frankfurt in Atem: Weltkriegsbombe: Bürgerhospital meistert historische Herausforderung REBECCA RÖHRICH Krankenwagen und Intensivmedizintransporter warten in langen Schlangen vor dem Frankfurter Bürgerhospital. Die alteingesessene Klinik meistert am Samstag eine in ihrer 300-jährigen Geschichte noch nie dagewesene Herausforderung: Die Komplettevakuierung. Foto: Frank Rumpenhorst (dpa)Eine Patientin wird in einem Rollstuhl in einen Groß-Krankentransportwagen (GKTW) geschoben, um in ein anderes Krankenhaus verlegt zu werden. Im Minutentakt fahren Krankenwagen und spezielle Intensivtransporter zum Eingang des Frankfurter Bürgerhospitals an der Richard-Wagner-Straße. In langen Schlangen stehen die Transporter bis auf die Straße und warten. Ordner in grell-orangenen Warnwesten koordinieren den Verkehr. Eine hochschwangere Frau wird im kleinen Innenhof des Krankenhauses gerade auf einer Liege in einen wartenden Rettungswagen geschoben, eine alte Dame mit Rollator informiert sich bei einem Feuerwehrmann über die Situation. Am Haupteingang an der Niebelungenallee koordiniert die Frankfurter Feuerwehr in ihrem roten mobilen Planungsbüro das Geschehen. Denn in diesen Stunden meistern Feuerwehr und Krankenhaus eine nie dagewesene Herausforderung: die Komplettevakuierung der Klink. Bis Sonntag komplett geschlossen "Es ist noch nie passiert, dass das Klinikum ernsthaft geräumt werden musste", sagt Wolfgang Heyl, Geschäftsführer des Bürgerhospitals. Als er von der Evakuierung am Mittwochmittag erfuhr, waren rund 300 Betten des Krankenhauses belegt. Viele habe man nach Hause schicken können, Operationstermine wurden verlegt. Etwa hundert Patienten allerdings mussten in andere Krankenhäuser verlegt werden. Damit wurde in aller Früh am Samstag begonnen. Jetzt, am frühen Samstagnachmittag, sind bloß noch vierzig Kranke übrig. Weltkriegsbombe in Frankfurt Liveticker: Die Bombe wird abtransportiert, Normalität ...

Es ist die aufwendigste Evakuierungsaktion in Frankfurts Geschichte: Fast 70 000 Menschen mussten raus aus ihren Wohnungen. Am Sonntagnachmittag wurde die 1,8-Tonnen-Fliegerbombe im Westend entschärft. Wie geht es jetzt weiter? Lesen Sie mit!

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"Wir hoffen, dass gegen 15 Uhr alle Zimmer leer sind und wir zuschließen können", sagt Heyl. Und das meint er im wortwörtlichen Sinne. Sobald die Räumung abgeschlossen ist, hallt noch zweimal eine Durchsage über Lautsprecher durch die leeren Flure der Klinik. Dann geht das Licht aus und die Türen bleiben voraussichtlich bis Sonntagabend versperrt. Auch der ärztliche Bereitschaftsdient wird während der Zeit geschlossen bleiben. Eine Premiere für das alteingesessene Bürgerhospital am Alleenring. "Das hat es seit unserer Eröffnung 1779 noch nicht gegeben", sagt Kristin Brunner. Sie ist die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit. Ausgerüstet mit Klemmbrett und grüner Weste koordiniert sie das große Medieninteresse. Dies gilt es in Einklang mit der Privatsphäre und der Sicherheit der Patienten zu bringen. Denn auch aus medizinischer Sicht ist die Evakuierung eine Herausforderung. "Besonders anspruchsvoll ist die Verlegung von beatmungspflichtigen Patienten", sagt Oliver Schwenn, ärztlicher Direktor des Bürgerhospitals. So werden die schwerkranken Patienten auch während der Evakuierungszeit ausschließlich vom Personal des Bürgerhospitals betreut. Sowohl im ärztlichen als auch im pflegerischen Bereich. Die Frühchen müssen in Inkubatoren transportiert werden.

Herausforderung gemeistert "Das Gute ist, dass wir am Wochenende evakuieren", sagt Kristin Brunner. Da seien ohnehin weniger Patienten im Haus. Dadurch haben auch die anderen Krankenhäuser die entsprechenden Kapazitäten. Überhaupt, es herrsche eine große Solidarität zwischen den Frankfurter Krankenhäusern, erzählt Brunner. Viele hätten sich von sich aus bereit erklärt, Patienten aufzunehmen. Alle Beteiligen scheinen Zufrieden mit dem Ablauf der Evakuierung. Und auch die Hochschwangere, die ihr Baby vielleicht in einem anderen Krankenhaus zur Welt bringen wird ist zufrieden. Sie lacht und scherzt mit dem Sanitäter. Die erste Herausforderung der bundesweit größten Evakuierung seit des Zweiten Weltkrieges ist gemeistert.
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