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Campingplatz „Suleika": Erholung hoch oben über dem Rhein | Neu-Isenburger Neue Presse

Bilder > Lorch.

Als Herta und Paul Sulek vor 60 Jahren das verlassene Haus und das dahinter gelegene Gelände direkt am Rhein hinter Lorch entdeckten, haben sie sich sicher noch nicht vorstellen können, dass sie dort in den kommenden Jahrzehnten einen kleinen, aber sehr feinen Campingplatz erschaffen würden. Aber so war es. Zunächst errichtete das Ehepaar ein Wanderheim. Dort beherbergten sie Pfadfinder und andere Wanderer, die den Rheinsteig oder den Rieslingpfad entlang kamen.

Stück für Stück kauften sie immer mehr Grund in dem stillen Tal, das heute unter EU-Naturschutz steht. Bald darauf war dann auch Zelten möglich. Paul Sulek, selbst begeisterter Pfadfinder, half den Gästen in der ersten Zeit beim Errichten der Zelte am noch unebenen Hang. „Wir wollten einfach in der Natur leben", berichtet Herta Sulek. Mit der Zeit wurde das Tal mehr und mehr zum beliebten Campingplatz „Suleika".

„Wir wollten aus dem schönen Tal etwas Besonderes machen", erzählt die Gründerin weiter. Zu dem exotischen Namen kam der Campingplatz, weil die Nachbarn den Nachnamen „Sulek" für den Platz in „Suleika" umwandelten. Der zunächst geflügelte Begriff „Suleika-Campingplatz" wurde dann irgendwann zum richtigen Namen des Familienunternehmens, erfahre ich.

Noch heute packt die 89-jährige Herta Sulek auf dem Platz mit an und kümmert sich um die Bettwäsche der Gäste in den fünf Ferienhäuschen, die seit Kurzem ihren Platz auf dem Gelände gefunden haben. Aber bis zu dem heutigen komfortablen Standard war es ein weiter Weg für die Familie. „Bis in die 1960er Jahre hatten wir hier keinen Strom", erzählt die fidele Frau. Schließlich konnten die Suleks sogar Terrassen für mehr Komfort in den ansteigenden Berg planieren. In den 70er Jahren wurden Leitungen verlegt, und mittlerweile haben auch stattliche Campingmobile problemlos Platz.

Eine Herausforderung

Allerdings ist die Anfahrt für Nicht-Schwindelfreie eine echte Herausforderung. Um auf den sich in ein schmales Tal schmiegenden Platz zu gelangen, sollten Mobilheime die Zufahrt über die Weinstraße nutzen, die sich in Serpentinen den Berg hinauf schlängelt. Die ist nicht nur wunderschön, weil die Gäste bereits bei ihrer Anreise den Blick über den Rhein und die Weinberge schweifen lassen können, sondern auch nicht so eine Herausforderung für Motor und Getriebe, wie die direkte Anfahrt zum Platz.

Der Campingplatz selbst liegt in einem lichten Wald inmitten des Unesco-Weltkulturerbes „Oberes Mittelrheintal". Recht zentral auf dem langgezogenen, vier Hektar umfassenden Campingplatz finden sich das Haus der Familie und ein kleiner Spielplatz. Denn Familien mit Kindern, das betont Herta Sulek, seien immer herzlich willkommen. Viele Gäste habe sie auf ihrem Platz schon aufwachsen sehen und sie freue sich, dass diese wiederum mit ihren Kindern zum Urlaub vorbeikommen.

In dem 1977 erbauten Haus leben Herta Sulek, Schwiegertochter Brigit und Enkel Marco Barillaro mit Lebensgefährtin, der 2006 nach dem frühen Tod seines Onkels die Leitung des Platzes übernommen hat. Es handelt sich also um einen echten Familienbetrieb.

Im Untergeschoss des Wohnhauses befindet sich das „Weinhaus Freistaat Flaschenhals". Dort bieten die Suleks Spätburgunder und Riesling an, der an ihrem Hausberg angebaut wird. Natürlich kann dort auch regional gespeist werden.

Es ist sehr ruhig in dem Tal. Nur der kleine Bach ist zu hören, der friedlich hinter dem Haus vorbeiplätschert. Dort befinden sich einige Plätze, an denen es sich wunderbar Zelten lässt. Die Stille ist ein wenig überraschend, denn nur wenige Kilometer weiter liegt der Touristenmagnet Rüdesheim. Wer aber durch das Eingangstor des Platzes fährt, befindet sich plötzlich in friedlicher Abgeschiedenheit.

Ein eigener Staat

Diese Abgeschiedenheit ist es vielleicht auch, die dem Tal und der dahinter folgenden Region von 1919 bis 1923 eine kurzzeitige Eigenstaatlichkeit bescherte: Das schmale Gebiet zwischen Rhein und Limburg an der Lahn wurde nach dem Ersten Weltkrieg von keinem der alliierten Mächte besetzt. Zwischen dem amerikanischen Brückenkopf von Koblenz und dem französischen Brückenkopf bei Mainz, die einen Radius von je 30 Kilometern hatten, blieb aufgrund eines Berechnungsfehlers der Alliierten ein schmaler Streifen unbesetzt. „Auf einer Karte sieht dieses Gebiet aus wie ein Flaschenhals", erläutert Marco Barillaro, als er mich über das Gelände führt. So erklärt sich auch der Name der Gaststätte der Familie.

50 Dauercamper haben sich auf dem Campingplatz „Suleika" ein kleines Zuhause eingerichtet, darunter Anna und Ernst Sattler aus Obertshausen. Von ihrer Parzelle haben sie einen atemberaubenden Blick über das Rheintal. Denn ihr Campingmobil steht weit oben auf dem Hausberg. Seit 14 Jahren leben sie nahezu den ganzen Sommer hier oben. Ihrem gemütlichen Mobilheim haben sie den Namen „Sattler-Alm" gegeben. „Im Sommer fahren wir nur für Arztbesuche oder zum Post holen nach Hause", erzählt Anna Sattler und stößt mit ihrem Mann an - natürlich mit Wein.

Noch ein paar Meter weiter hoch schmiegt sich der Erlebnisweinberg der Familie an den Fels. Dort ist auch eine Wiese, und die Suleks haben eine kleine Laube gebaut. Mit dem Blick auf drei Burgen und den Rhein werden hier Grillabende veranstaltet. „Wir bieten auch Weinproben an", erzählt Barillaro. Pläne für den Platz hat er aber noch: „Ich würde gerne alles noch ein wenig ökologischer gestalten." Vor allem die Zutaten für das Essen sollen nach und nach vermehrt aus der Region kommen.

Wer in seinem Urlaub Ruhe und Abgeschiedenheit sucht, aber auch gerne durch die verträumten Städtchen am Rhein flaniert, Burgen besichtigt, wandern gehen oder einfach der Stille lauschen möchte, kommt auf dem Campingplatz „Suleika" voll auf seine Kosten.

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