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Garath: Eine Welle der Hilfsbereitschaft für Mitschüler Azim

Garath

Eine Welle der Hilfsbereitschaft für Mitschüler Azim

FOTO: Anne Orthen

FOTO: Anne Orthen

Wie fühlt es sich an, neu zu sein? Zu dieser Frage fällt den Zehntklässlern der Fritz-Henkel-Schule in Garath eine Menge ein. Viele von ihnen haben einen Migrationshintergrund, sechs sind selbst nach Deutschland geflüchtet. So auch der 17-jährige Azim Teymouri. Er kennt das Gefühl, mit einer neuen Kultur überfordert zu sein. "Immer höflich zu sein und bitte zu sagen, habe ich erst lernen müssen", erzählt er seinen Mitschülern. Er ist vor zwei Jahren mit seiner Familie aus Afghanistan geflohen und hat sich mittlerweile gut in Düsseldorf eingelebt.

Das Problem: Vielleicht wird er sein neues Zuhause bald wieder verlassen müssen, ihm droht die Abschiebung. Lehrerin Sonja Lausberg hat deshalb gemeinsam mit ihren Schülern schon im November vergangenen Jahres eine Online-Petition gegen das Verfahren gestartet. Daraus ist eine Welle der Hilfsbereitschaft von Seiten der Schüler entstanden. Die Jugendlichen wollen sich aktiv für Geflüchtete einsetzen

Um die Vorschläge zu einem gemeinsamen Projekt auszuarbeiten, hat sich Lausberg die Unterstützung des Vereins "care" geholt. Leonie Kutz und Laura Stelle Sahm arbeiten in sogenannten "Kiwi-Workshops" mit Schulklassen Ideen für ihr soziales Engagement aus. Gestern haben sie sich mit 18 interessierten Schülern zusammengesetzt. "Wir wollen für Fluchtgründe sensibilisieren" sagt Kutz über das Ziel des Workshops. "Dazu reden wir über die unterschiedlichen Familiengeschichten, die Schüler sollen sich mit ihren Wurzeln auseinandersetzen." Besonders gespannt hören alle Azim zu, als er von seiner Flucht erzählt. Er gehört einer muslimischen Minderheit an, die in Afghanistan verfolgt wird. Azim ist gerührt von der Hilfsbereitschaft seiner Lehrerin und seiner Freunde: "Es fühlt sich gut an, nicht alleine zu sein." Trotz der drohenden Abschiebung hat er sich für eine Ausbildung zum Chemielaboranten beworben, will später mal studieren. Das Verfahren über seinen Flüchtlingsstatus läuft noch.

Bekommt er nicht schnell eine Aufenthaltsgenehmigung, kann er nicht in Betrieben angestellt werden. Dabei hält Sonja Lausberg ihn für ein Ausnahmetalent: "Er könnte so viel in Deutschland bewegen."

Bundesweit betreut der Verein Care 30 Schulen mit längerfristigen Projekten. So sind zum Beispiel schon ein internationales Kochbuch oder eine Lernoase für Zugewanderte entstanden. Care unterstützt die Schulen mit einem Fördergeld von bis zu 400 Euro und persönlicher Betreuung.

In Garath wollen sowohl Schüler als auch Lehrer der Hauptschule regelmäßig an den Workshops teilnehmen. Ideen für mögliche Projekte stehen schon im Raum.

Azim Teymouri ist es wichtig, etwas von dem zurückzugeben, was man in Deutschland bereits für ihn getan hat. Die Petition gegen seine Abschiebung könnte die letzte Chance für ihn und seine jüngere Schwester sein, in Deutschland bleiben zu dürfen und eine Perspektive zu haben. Seine Wünsche für die Zukunft: Einmal ein großer Wissenschaftler werden und zum Frieden auf der Welt beitragen. Seine Mitschüler an der Fritz-Henkel-Schule stehen schonmal hinter ihm.

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