Die Bundesregierung will das Angebot an Integrationskursen massiv ausweiten. Doch vielerorts sind die Wartelisten lang – weil die Ausbilder fehlen. Dem Beruf als Integrationslehrer fehlt es an Perspektive.
Verkehrte Welt in einem hellen Saal der Volkshochschule Wiesbaden: An einem Freitagnachmittag werden Lehrer hier zu Schülern. „Wie erkläre ich einem Iraker oder Syrer, der kein Deutsch kann, was die Wörter ‚Zug' oder ‚Tasse' bedeuten?" Ana Arambašić, klein und blond, schaut fragend in die Runde. 14 Frauen starren zurück, eine hebt schließlich zögerlich die Hand: „Mit Bildern?" „Ja, ganz richtig, durch Fotos und Bilder zum Beispiel", antwortet Arambašić und notiert den Gedanken mit einem bunten Filzstift auf einem Flipchart. „Wie noch?" Abgefragt werden, das ist neu für die Teilnehmerinnen der Fortbildung. Normalerweise sind sie es, die die Fragen stellen und eigene Schüler prüfen. Nun sitzen sie selbst im Stuhlkreis und müssen pauken. Ihr Ziel ist es, zu lernen, wie sie Migranten erfolgreich Deutsch beibringen.
Während in Wiesbaden der Aufbau eines neuen Wortschatzes geprobt wird, sind auf Bundesebene viel größere Bauarbeiten im Gange: Nachdem 2015 eine Rekordzahl an Flüchtlingen nach Deutschland gelangt ist, müssen die Menschen, die bleiben dürfen, möglichst schnell eingegliedert werden. Wichtigstes Werkzeug sind dabei die Integrationskurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Die aber haben sich zu einem Nadelöhr des Verfahrens entwickelt. Denn statt der einstmals für 2016 veranschlagten 300.000 sollen nun 550.000 Menschen die Kurse besuchen - dreimal so viel wie 2015. Das ist eine erhebliche Belastung insbesondere für die Volkshochschulen, die etwa 40 Prozent der Klassen veranstalten. Resultat: „Die Volkshochschulen wissen nicht mehr, wo hinten und wo vorne ist", sagt Barbara von der Meden vom hessischen Volkshochschulverband.
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