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Warten auf einen Termin beim Facharzt: Patienten sind sauer

Wer als Kassenpatient einen Termin beim Arzt möchte, muss viel Geduld mitbringen. Oft müssen vor allem Kassenpatienten mehrere Wochen und sogar Monate warten. Bild: pixaby

Manchmal kann es jedoch zu spät sein, weil Erkrankungen fortschreiten können während man auf einen Termin beim Facharzt warten muss.

Bei dem Garather Zimmermann Manfred Schulz wurde vor drei Jahren eine Speisenröhrenerkrankung festgestellt, wodurch er seit zwei Wochen nur noch weiche Speisen und Suppen zu sich nehmen kann, weil ihm das Schlucken Schmerzen bereitet. Seine Angst, dass sich bei ihm Krebs entwickeln könnte, war so groß, dass er seinen Hausarzt aufsuchte. Dieser stellte ihm sofort die notwendige Überweisung für eine Gastroskopie (Magenspiegelung) aus. "Ich glaube, dass ich eher einen Termin beim Papst bekomme", scherzte der 57-jährige Familienvater noch bei seinem Hausarzt. Und er sollte Recht behalten.

Denn fast alle Gastroenterologen die er telefonisch kontaktierte, nahmen entweder nur Privatpatienten auf oder boten ihm einen Termin im April oder Mai an. Auch auf der Webseite: "wer-kennt-den-besten gastroenterologie in duesseldorf" fand sich kein Facharzt, der Schulz einen kurzfristigen Termin anbieten konnte oder wollte. "Häufig hieß es „Wir nehmen nur für Privatpatienten“ oder "Kein Termin vor April, oder Mai bzw. Juni und August". Ich kam mir wie ein Bittsteller und Patient dritter Klasse vor", ärgert sich Schulz.

Erfolg erhoffte sich der fast am Rande der Verzweiflung stehende, durch einen Anruf im Benrather Krankenhaus. Dort ließ er vor zwei Jahren eine Gastroskopie vornehmen. Doch Manfred S. staunte nicht schlecht, als die Frau von der Terminvergabe der Endoskopie-Abteilung erst nur wissen wollte, in welcher Krankenkasse Schulz sei und ob er privatversichert ist oder sonstige Zusatzversicherungen habe.

"Nachdem ich ihr sagte, dass ich nur gesetzlich versichert bin, antwortete die - meines Erachtens sehr genervte "Herrin der Terminvergabe" - wie aus der Pistole geschossen, dass ich mit der Überweisung einen anderen Arzt suchen muss. Dass ich jedoch auch mit einer Einweisung einen kurzfristigen Termin bekommen könnte, hat sie bis zu meiner diesbezüglichen Frage erst einmal verschwiegen. Offensichtlich fühlte sie sich nun wegen meiner Frage nach dieser Möglichkeit etappt und stotterte plötzlich etwas hilflos, dass ich aber mit meinem Arzt darüber reden muss", so Schulz.

Da Schulz nicht Wochen oder Monate mit seinen Schmerzen auf einen Termin warten kann, versucht er nun ohnehin von seinem Arzt eine Einweisung zu bekommen. "Damit dürfte es ja dann wohl kein Problem mehr sein, einen kurzfristigen Termin zu bekommen", hofft Schulz. Da kann man ihm nur viel Glück wünschen.

Warum "Einweisung"? - Ganz einfach:

Immer wieder verlangen Krankenhäuser Eine Einweisung, wenn eine Behandlung im Krankenhaus erforderlich ist. Dabei ist es unerheblich, ob die Behandlung vollstationär (§ 39 SGB V) teilstationär bzw. vor- und nachstationär (§ 115 a SGB V) ist.

Eine Überweisung ist lediglich - wie es der Name verrät - eine Überweisung zu einem Facharzt. Wenn es keinen Facharzt oder Behandlungstermin gibt, besteht jedoch die Möglichkeit, eine dringende Behandlung in einer Fachabteilung eines Krankenhauses vornehmen zu lassen. Ob es sich jedoch um einen dringlichen Fall handelt, entscheidet nur der Hausarzt alleine - nicht der Patient!

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K O M M E N T A R

von Peter Ries

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Brauchen wir ein "Ärzte-Zubrot-Gesetz"?

Ein neues Gesetz soll das lange Warten auf einen Arzttermin beenden. Es bleibt jedoch fraglich, ob der Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auch Zielführend für die Patienten sein wird. Denn Praxisärzte sollen u. a. zukünftig nur mindestens 25 statt 20 Stunden für gesetzlich Versicherte anbieten müssen und Ärzte, die bei der Verbesserung der Versorgung helfen, sollen besser vergütet werden.

Der Gesetzentwurf sieht auch vor, dass Hausärzte für Vermittlungen von Kassenpatienten an Fachärzte extra honoriert werden. Das Gesetz soll voraussichtlich im Frühjahr 2019 in Kraft treten. Im Bundesrat ist es nicht zustimmungspflichtig. Das mag für Jens Spahn ein guter Ansatz sein - das Problem des Ärztemangels und des Mangels an Pflegekräfte löst dieses neue „Ärzte-Zubrot-Gesetze“ - wie ich es nenne - jedenfalls eher nicht. Es verbessert auch nicht die Situation, der Kassenärzte.

Honorare immer noch zu gering

Dass das Niveau der Honorare aus der Behandlung von Kassenpatienten zu gering ist, um eine betriebswirtschaftlich tragfähige Praxisführung - auch in ländlichen Arztpraxen – sicherzustellen, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Und dass viele Praxen aufgeben oder in absehbarer Zeit aufgeben werden, weil sie dem medizinisch-technischen Fortschritt nicht mehr folgen können, weil schlichtweg das Geld fehlt, immer mehr zu einer traurigen Tatsache. Wo bleibt hier Lösung? Wo bleibt die Lockerung bei der Budgetierung?

Es reicht nicht aus, den Ärzten lediglich ein "Zubrot" zu verschaffen, wenn sie sich für eine bessere Versorgung einsetzen – sie brauchen viel mehr, um die "bessere Versorgung" überhaupt erst einmal zu ermöglichen.

Um die immer wieder angeprangerte „Zwei-Klassen-Medizin“ zu beenden, müssen finanzielle Anreize geschaffen werden, damit die Benachteiligung gesetzlich Versicherter auch bei der Terminvergabe in einzelnen fachärztlichen Bereichen beendet werden kann. Die Versorgung kranker Menschen muss sich wieder nach deren Bedarfe richten und und nicht nach deren Versicherungsstatus.

Die gegenwärtige Situation ist Folge jahrzehntelanger Budgetstreitigkeiten und einer verfehlten Gesundheitspolitik aller Parteien und der GKV. Sie schadet der Demokratie und ist im höchsten Maße „Kassenpatienten“ feindlich. Ob allerdings die 2018 von einigen Politikern vorgeschlagene „einheitliche Gebührenordnung“ die Situation entschärft, bleibt wohl noch lange offen.

Das gibt´s doch schon

Es ist schon etwas belustigend, wieder ein neues Gesetz zu schaffen, obwohl es bereits seit Jahren eines gibt, wonach gesetzlich versicherte Patienten innerhalb von einer bis vier Wochen einen Termin bei einem Facharzt vermittelt bekommen müssen. Auch wenn die Terminvergabe durch die Kassenärztliche Vereinigung geregelt wird. Nur, dann hat der Patient kein Wahlrecht, was für das Vertrauen zwischen Arzt und Patient schädlich sein kann. Denn der Patient muss nehmen, was man ihm bietet. Ob Jens Spahn das auch schon weiß?



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