Geht es nach Rocko Schamoni, gehören die Songtexte von Christiane Rösinger zu den besten der Welt. In ihrem Buch „Was jetzt kommt“ hat sie eine Auswahl davon in gebundener Form veröffentlicht. Ein Gespräch übers Songschreiben, Protestsongs und die Dekunstruktion der romantischen Beziehung.
Zündfunk: In deinen Texten gibt es oft Themen und Perspektiven, die in anderen Songs gar nicht vorkommen. Wann ist ein Thema für dich ein Songtext?
Christiane Rösinger: Also ich glaube, man schreibt über Dinge, die einen beschäftigen. Dinge, die stören oder unter denen wir leiden. Da ist dann auch mal schneller ein Song drüber geschrieben. Dass diese Themen bei mir anders sind, liegt eben daran, dass wir meistens nur männliche Songwriter haben. Und deswegen fällt es vielleicht auch ein bisschen auf.
Ich muss mich jetzt mal als totaler Lassie Singers Fan outen. Als Kind waren das endlich mal Platten, bei denen ich verstanden habe, worüber gesungen wird. Weil sie nicht auf Englisch waren. Ich hab da immer mit voller Inbrunst die Songs mitgeschmettert. Vor allem bei „Mein Freund hat mit mir Schluss gemacht". Wie kamst du auf den Song?Das war der erste Song, den wir mit den Lassie Singers geschrieben haben. Wir hatten ja vorher den Gitarristen Funny van Dannen und haben immer nur Schlager und seine Sachen gesungen. Dann hat er uns verlassen und wir mussten selber was schreiben. Ich hatte da gerade so eine blöde Affäre und er hat auf so eine ganz blöde Art Schluss gemacht und mich so niedergemacht. Dann habe ich gesagt, ich kann ihn aber auch nicht mehr leiden. Das ist ein bisschen lustig, weil es eigentlich ein Gegensatz ist, aber eigentlich ist es total logisch.
Weil sie von allen zu Unrecht hochgehoben und vergöttert wird. Deswegen habe ich die Rolle, das zu dekonstruieren. Im Lied hat die Liebe sowieso den größten Platz, weil es sich halt so anbietet - vor allem die enttäuschte Liebe. Die Liebe ist ja eine Ersatzreligion geworden und viele Leute denken, der Sinn des Lebens ist den richtigen Partner oder die richtige Partnerin zu finden. Dann ist man zusammen und dann ist man nie mehr allein. Alle Sorgen sind gelöste, man hat immer total tollen Sex, alle sind total glücklich und das Leben ist ein Traum. Da war es an der Zeit, mal dagegen anzugehen.
Die Lassie Singers haben sich dann 1998 aufgelöst. Aber du hattest schon vorgesorgt und die Band „Britta“ mit Britta Neander an den Start gebracht. Warum heißt die Band eigentlich Britta und nicht Christiane?
Ich hatte die Bands erst noch gleichzeitig und meine Tochter hat dann immer gefragt, mit wem ich proben gehe. Da habe ich gesagt entweder mit den Lassie Singers oder mit Britta. Dann waren wir mal zu Besuch in Hamburg, damals waren wir alle noch so eine größere Clique mit Blumfeld, Knarf Rellöm, Rocko Schamoni und so weiter. Die haben nach dem Namen der neuen Band gefragt und dann hab ich gesagt: „Ich weiß noch nicht, die hat noch keinen Namen.“ Und meine Tochter meinte dann: „Häh, ich habe gedacht, die heißt Britta?!“ Und weil die Hamburger das auch gut fanden, hieß es dann Britta.
Hat sich denn das Texten bei den Songs von den Lassie Singers im Vergleich zu Britta verändert?
Ich hatte schon immer das Bedürfnis andere Songs zu schreiben, nicht immer nur lustige. Bei den Lassie Singers haben ja immer alle zusammen gesungen, das macht es so fröhlich und unbedarft. Als ich dann allein getextet hab, konnte ich diese andere Seite von mir besser zeigen. Manche Songs kann man halt nur alleine singen. Ich bin zwei Öltanks, zum Beispiel. Das kann man nicht zu Dritt singen.
Der Song klingt auch melancholisch. Beruhen die Öltanks auch auf einer wahren Begebenheit?
Das sind so gelbe Dinger, so tropfenförmig. Da steht drauf „Ich bin zwei Öltanks“. Wenn man von Berlin nach Hamburg fährt, standen die immer am Ende von der Autobahn. Das Rätsel ist natürlich, was bedeutet das? Da haben wir verschiedene Nachforschungen angestellt und dachten, vielleicht ist der Öltank innerlich geteilt. Auf der einen Seite Rohöl auf der anderen raffiniertes Öl. Oder hat der eine doppelte Schicht, damit er einen Flugzeugabsturz überlebt?. Aber es ist wohl einfach so ein Werbegag gewesen. Aber die gibt es wirklich, die Öltanks!
Du hast ja auch Songs geschrieben, die sich wunderbar eignen, um auf Demos gesungen zu werden. Zum Beispiel dein Song „Eigentumswohnung“ von 2017. Was macht denn aus deiner Sicht einen guten Protestsong aus?
Ich freue mich total, dass der auf Demos läuft, das war immer mein Traum. Ich möchte jetzt so eine ganze Protestplatte machen. Ich finde einen Protestsong muss eine gewisse revolutionäre Vorfreude enthalten, man muss ihn gut skandieren können und er muss ein bisschen hoffnungsvoll sein.
"Was jetzt kommt - ausgewählte Songtexte von Christiane Rösinger" ist im Ventil Verlag erschienen und kostet 17 Euro