Patrick Schwarz

Journalist & freier Autor, Köln

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Per Mausklick zur Brille - was dabei zu beachten ist

Online-Optiker Mister Spex Foto: Mister Spex

Rundes oder eckiges Gesicht? Breiter oder schmaler Kopf? Hohe Stirn? Breite Nase? Wer heute eine neue Brille kaufen will, braucht nur noch diese Fragen in einem Online-Formular zu beantworten. Noch schnell das Lieblingsgestell auswählen, die Werte vom Brillenpass oder dem Rezept des Augenarztes eintippen, Bankverbindung und Adresse angeben und schon ist die passende Sehhilfe unterwegs.

In Deutschland kann man zwischen etwa 15 Online-Shops wählen, die sich auf den Verkauf von Brillen spezialisiert haben. Ihr Geschäft boomt. So vermeldete etwa der Berliner Anbieter Mister Spex Ende Januar für 2012 ein Umsatzwachstum von mehr als 50 Prozent auf rund 26 Millionen Euro. Nach eigenen Angaben hat er inzwischen mehr als 500.000 Kunden und ist derzeit der größte Online-Optiker.

Anbieter wie Mister Spex setzen vor allem auf den Verkauf von Zweitbrillen. Denn wer zum allerersten Mal eine Sehhilfe kauft, zieht in der Regel nach wie vor eine persönliche Beratung vor. Wer an das Tragen einer Brille gewöhnt ist, tendiert dagegen eher dazu, die nächste Brille online zu kaufen. Allerdings lohnt es sich, die Angebote der Online-Läden zu vergleichen. Die Preise und die Auswahl unterscheiden sich von Anbieter zu Anbieter, außerdem nehmen nur einige von ihnen maßgefertigte Brillen zurück.

Weit unter der Herstellerempfehlung

"Wir sind bis zu 60 Prozent günstiger als die Herstellerempfehlung", verspricht etwa Mirko Caspar, Geschäftsführer von Mister Spex. No-Name-Brillen etwa bietet das Berliner Unternehmen schon für unter 30 Euro. Der momentan günstigste Anbieter ist Netzoptiker.de, bei dem ausgewählte Modelle inklusive speziell angepassten Gläsern 29 Euro kosten - inklusive Versand. Andere Online-Shops verkaufen zwar noch preiswertere Brillen, verlangen aber zusätzlich bis zu 13 Euro Versandkosten.

Auch Markenbrillen hat fast jeder Online-Shop im Sortiment. Besonders hier lohnt es sich zu vergleichen, weil die Verkäufer unterschiedliche Rabatte auf die Preisempfehlungen der Hersteller (UVP) geben. Wer eine Weile sucht, kann zum Beispiel eine Ray-Ban-Brille für 99 anstelle von 230 (UVP) Euro oder die Sehhilfe von Prada für 135 anstelle von 310 (UVP) Euro ergattern.

Auch untereinander unterbieten sich die Online-Shops immer wieder gegenseitig. So kostete ein bestimmtes Modell von Prada Anfang Februar bei Mister Spex 190 Euro, während es bei Netzoptiker.de für 181 Euro und bei Optik24Plus für nur rund 162 Euro zu haben war. Ähnlich deutliche Preisunterschiede gab es in einer Stichprobe der "Welt" auch bei anderen Modellen bekannter Markenhersteller. Vergleichen lohnt also - auch wenn es viel Zeit kosten kann.

Weniger Fix-Kosten bei Onlinehändlern

Für die günstigen Preise haben die Anbieter eine simple Erklärung: "Wir haben geringere Fixkosten, weil wir beispielsweise keine Ladenmiete zahlen müssen", sagt etwa der Geschäftsführer von Brille24.de, Mario Zimmermann. Außerdem kaufen die Online-Shops Brillen in großen Mengen ein und sichern sich dadurch einen Preisnachlass.

Viele von ihnen, wie Brille24.de oder My-spexx.de, lassen die Ware direkt in Asien fertigen, wodurch die Produktionskosten gesenkt werden. So dauert es allerdings oft drei Wochen, bis die Brille beim Kunden eintrifft. Bei anderen Online-Shops beträgt die Lieferzeit eine bis zwei Wochen.

Wer beim Optiker in der Fußgängerzone einkauft, hat die Brille womöglich schneller. Allerdings ist bei den Online-Anbietern die Auswahl deutlich größer. Mister Spex etwa bietet mit Abstand die meisten Brillenfassungen an. Dort gibt es mehr als 5000 Modelle, gefolgt von mehreren Anbietern mit 1000 bis 1500 Modellen.

Bei fast allen von ihnen gibt es Herren-, Damen- und Sonnenbrillen mit Sehstärke, manche bieten auch Sport- und Kinderbrillen an. Bei My-spexx.de und Netzoptiker.de kann man zudem spezielle Arbeitsplatzbrillen bestellen. Diese versprechen eine optimale Sicht bei der Arbeit am Computer oder an Maschinen - also bei einem Abstand von 30 Zentimetern bis einem Meter.

Bei Gleitsichtbrillen wird es schwierig

Die Shops bieten sogar sogenannte Gleitsichtbrillen an, mit denen sich nahe und ferne Objekte scharf sehen lassen. Damit das klappt, muss die Mitte der Brille exakt vor der Pupillenmitte liegen. Die Toleranz beträgt gerade einmal einen Millimeter. Alle Online-Shops haben sie im Angebot - obwohl Experten von dem Kauf von Gleitsichtbrillen im Internet abraten. So etwa Wolfgang Wesemann, der die Höhere Fachschule für Augenoptik in Köln leitet: "Gleitsichtbrillen müssen individuell zentriert werden", erklärt der Medizinphysiker "und das geht nur mit dem Kunden vor Ort und speziellen Geräten."

Schaut man nicht an der richtigen Stelle durch die Gläser oder trägt gar eine Brille mit falschen Gläsern, kommt es zum so genannten asthenopischen Sehen. "Symptome sind Kopfschmerzen, Unwohlsein, Augenrötung und unscharfes Sehen", sagt Dieter Friedburg vom Berufsverband der Augenärzte. Auch wenn keine bleibenden Schäden an den Augen entstehen, kann das im Straßenverkehr oder bei der Arbeit an Maschinen zu Unfällen führen. Kauft man allerdings keine Gleitsichtbrille und überträgt die Daten aus seinem Brillenpass ordentlich, muss man keine Probleme mit Brillen aus dem Netz befürchten.

Wer mit einer Brille Beschwerden hat, kann sie immer dann zurückgeben, wenn der Anbieter einen Fehler gemacht und beispielsweise die falschen Gläser eingesetzt hat. Wer allerdings bei der Bestellung selbst die falschen Werte angegeben hat oder mit dem Gestell an sich unzufrieden ist, kann die Brille eigentlich nicht zurückgeben. Denn maßgefertigte Produkte müssen die Anbieter nicht zurücknehmen.

Frist für die Rücksendung festgelegt

Allerdings lösen sich die meisten Online-Shops freiwillig von dieser Regelung. Bei "Brille bitte", "Brillenplatz.de" und "Mister Spex" kann man die Sehhilfe innerhalb von 30 Tagen kostenfrei zurücksenden. Andere Anbieter räumen entweder deutlich weniger Zeit ein oder verlangen eine Pauschale als Entschädigung. Bei Optik24plus.de ist der Widerruf sogar komplett ausgeschlossen.

Damit es gar nicht erst zur Rückgabe kommt, bieten die Verkäufer verschiedene Sonderdienstleistungen an. Bei etwa der Hälfte aller Online-Optiker kann man vor dem Kauf bis zu fünf Modelle zur Ansicht bestellen, mehrere Tage Probe tragen und kostenlos wieder zurücksenden. Brillen-butler.de und Mister Spex haben außerdem mehrere hundert Partneroptiker, bei denen man vor dem Kauf einen Sehtest machen und die Brillenfassungen nach dem Kauf anpassen lassen kann.

Allerdings ist das Partnernetz in ländlichen Regionen noch sehr lückenhaft. Mister Spex etwa arbeitet in Berlin mit neun Betrieben zusammen, in ganz Thüringen aber nur mit acht. Der Kunde muss dort bis zu zwei Stunden Fahrt auf sich nehmen, um zum nächsten Partner-Optiker zu gelangen.

Einen weiteren Service bietet Brillen.de: Beim Kauf einer Sehhilfe ist im Preis automatisch eine Brillenversicherung für zwölf Monate inbegriffen. Diese zahlt nicht nur dann, wenn sich die Sehstärke verändert, sondern auch bei Beschädigungen - selbst wenn man sie selbst verursacht. Wer bereits solche eine Police abgeschlossen hat, kann beim Kauf im Internet unbesorgt sein: Für die Versicherer ist es unerheblich, ob man beim Optiker vor Ort oder im Netz kauft.

All das zeigt: Auch wenn ein paar Klicks genügen sollte man sich beim Brillenkauf im Netz Zeit nehmen - um nach dem passenden Modell suchen, die Angebote zu vergleichen und Brillen zur Probe bestellen.

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