Patrick Dirrigl

Freier (Sport-) Journalist, Köln

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Warnschuss! Zur rechten Zeit?

Das 0:2 gegen Borussia Mönchengladbach bedeutete die erste Heimniederlage für den FC Bayern seit über einem Jahr. Die Bayern verloren das Spiel, Arjen Robben und - was noch schlimmer ist - sie zeigten, wo sie nach wie vor verwundbar sind.

Aus der Allianz-Arena berichtet Patrick Dirrigl


"Gegen Gladbach, kann man mal verlier'n", skandierten die rund 8000 mitgereisten Fans von Borussia Mönchengladbach und erhoben sich mit wedelnden Schals von ihren Sitzen. Es lief schon die zweite Minute der Nachspielzeit, als sich die Auswärtsfans schließlich trauten dieses Lied anzustimmen. Mit den Bayern muss ja bekanntermaßen immer gerechnet werden.

Wenn eine Mannschaft - wie die Fohlenelf - allerdings kompakt und sicher in der Defensive steht, wird der Rekordmeister allzu berechenbar. Pep Guardiolas Ballbesitz-Philosophie verkommt wie im Hinspiel bei Donezk (Champions League), sowie in Ansätzen zuhause gegen Köln (Liga) und Braunschweig (Pokal) zum wirkungslosen Ballgeschiebe.

Harmlos...

Die Bayern kontrollieren den Gegner. Die Bayern kontrollieren den Ball. 68 Prozent Ballbesitz und 91 Prozent angekommene Pässe auf der Seite des FCB belegten dies auch gegen Gladbach. Allerdings gelang es den Münchnern dabei erneut nicht, sich Torchancen zu erspielen, Lücken in die Defensive des Gegners zu reißen.

"Wir haben es einfach nicht geschafft, diese Defensive zu knacken. Wir haben im Eins-gegen-eins nicht gut ausgesehen", sagte Guardiola nach der ersten Heimniederlage des FC Bayern seit dem 12. April 2014 (0:3 gegen Borussia Dortmund). Vor allem Franck Ribéry (Trainingsrückstand nach Sprunggelenksverletzung) und Arjen Robben ( verletzungsbedingte Auswechslung in der 24. Spielminute) sowie ihre für den Gegner zermürbenden Tempo-Dribblings vermisste Guardiola gegen Gladbach schmerzlich.

...aber auch gnadenlos

"Letzte Woche gegen Bremen haben auch beide gefehlt und wir haben trotzdem gewonnen ", knurrte Philipp Lahm den Journalisten nach der Gladbach-Pleite entgegen, als er auf die vermeintliche Abhängigkeit von "Robbéry " angesprochen wurde. 4:0 gewannen die Münchner in Bremen. Zwei Traumtore ebneten den Weg. Den Rest erledigten zwei Konter.

Sobald Gegner den Bayern Raum bieten, sind sie gnadenlos. Allerdings blieben sie in letzter Zeit, während sie sich an ihrer spielerischen Dominanz und Offensiv-Wucht berauschten, defensiv selbst selten schadlos.

Koan Konter

Wenn die Niederlage gegen die Borussia aus Mönchengladbach eines bewiesen hat, dann die anhaltenden Probleme der Bayern bei gegnerischen Kontern und die fehlerhafte Raumaufteilung in der Rückwärtsbewegung. Beim 0:1 ließ sich die Abwehr der Münchner von einem Einwurf an der Mittellinie schlichtweg überrumpeln. Die Defensivspieler orientierten sich allesamt Richtung Ball und vergaßen dabei den Brasilianer Raffael im Rückraum.

Das zweite Tor der Gladbacher fiel nach einem Konter. "Anders können wir keine Tore kassieren, anders ist das auch nicht möglich", sagte Lahm. Dass bei Kontern gegen die Bayern aber nichts unmöglich ist, wusste scheinbar Gladbachs Trainer Lucien Favre, der - wie Christoph Kramer anmerkte - im Videostudium vor der Partie genau darauf hinwies.

Klärungsbedarf bei Bayern

"Wir wussten, wenn wir die erste Pressing-Linie der Bayern überspielen, dass sich dann hinten heraus Räume für uns ergeben. Genauso war es beim 2:0 ", erklärte Kramer. "Sie hätten noch ein oder zwei Tore mehr erzielen können", gestand Manuel Neuer.

"Wir werden intern alles genau analysieren und diskutieren. Wir werden genau besprechen, was wir falsch gemacht haben", gelobte Kapitän Lahm Besserung. Die wird auch bitter nötigsein, im für die Bayern so heißen April: Nach der Länderspielpause geht es direkt zum BVB. Im Viertelfinale des DFB-Pokals wartet Bayer Leverkusen und in der Champions League der FC Porto.

Allesamt Teams, gegen die "man mal verlier'n" kann...

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