Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge nahm Mario Götze vor der Saison in die Pflicht: "Es ist wichtig, dass Mario hier richtig ankommt. In seinem zweiten Jahr muss er durchstarten." Der WM-Held zeigte eine starke Hinrunde - doch seit der Winterpause hat er kräftig nachgelassen. Warum kann er sein großes Potential nicht konstant abliefern? eurosport.yahoo.de wirft einen Blick auf seine Baustellen.
Nach den ersten zehn Spielen der Hinserie hatte die Nummer 19 der Bayern sechs Tore und zwei Torvorlagen auf dem Konto. In den zehn Begegnungen der Rückrunde reichte es allerdings nur zu zwei Treffern und einem Assist - und die sammelte Götze alle beim 8:0-Schützenfest gegen den Hamburger SV.
Was ist los mit dem Weltmeister?
"Er war immer gut, wenn er machen konnte, was er wollte", sagte Didi Hamann bei "Sky90" über Götze und sprach damit gleich eine Komponente an, die für das Spiel des offensiven Mittelfeldspielers unabdingbar ist: die Freiheit auf dem Platz.
Dank seiner technischen Stärke und Beweglichkeit mit dem Ball auf engstem Raum liebt es Götze, in und um den Strafraum zu agieren. In diesen engen und oft unübersichtlichen Situationen kommt seine ausgezeichnete Spielfeldorientierung am besten zur Geltung, sei es durch eigenen Abschluss oder durch einen präzisen Pass zum Mitspieler.
Der Ex-Dortmunder ist ein Instinkt-Fußballer: Spontan und intuitiv trifft er als spielerischer Freigeist meist die richtigen Lösungen.
In Pep Guardiolas taktischem Konstrukt werden die offensiven Mittelfeldspieler allerdings nach außen "gedrückt", da im Zentrum durch eingerückte Außenverteidiger bereits eine komfortable Überzahl entstanden ist.
Anders als Franck Ribéry und Arjen Robben ist Götze kein Tempodribbler, der, wie von Guardiola gewünscht, mehrere Gegenspieler bindet und so Lücken reißt. Der 22-Jährige wirkt auf Außen falsch aufgehoben - er hat ein systembedingtes Positionsproblem.
Da der Nationalspieler so oft unauffällige Spiele bietet, macht er sich entbehrlich. "Man sieht, dass er in den Planungen nicht die ganz große Rolle spielt", legte Hamann nach.
Götze hat ein Wechselproblem: Nur sieben seiner 25 Bundesliga-Einsätze absolvierte er über die vollen 90 Minuten. Zwölf Mal wurde der WM-Finalhero bereits ausgewechselt - kein anderer Spieler der Bayern wurde öfter ausgetauscht. Vier Mal kam er, wie beispielsweise gegen Dortmund (79. Minute) und Wolfsburg (71.), erst spät ins Spiel: Aus dem Alleskönner wird ein Lückenbüßer.
Götze "muss auch mal die Ellenbogen ausfahren", riet Hamann, der zudem ein Mentalitätsproblem als Grund für den Leistungsabfall ausmacht.
Der zweifelsohne begnadete Profi macht immer den Eindruck, niemandem auf die Füße treten zu wollen, aber so droht der Edeltechniker zu einem Mitläufer der Bayern-Stars zu werden. "Es sieht nicht so aus, dass er in München ein großer Spieler wird", prophezeite Hamann.
Noch ist es für solch eine Abrechnung zu früh.
In 52 Bundesligaspielen für die Bayern kommt Götze auf 32 Torbeteiligungen - eine gute Quote, die Lust macht auf mehr. Das immense Talent des 22-Jährigen ist allerdings gleichzeitig seine größte Hypothek. Daran muss sich der 37-Millionen-Mann immer messen lassen.
"Er ist stark. Aber ich will mehr. Er hat große Qualitäten und ist bereit für diese Rolle", kitzelte Guardiola seinen Schützling in der Winterpause. Im heißen April, in dem die Münchner sechs Spiele in 17 Tagen absolvieren werden, kann es Götze seinem Trainer und allen Kritikern beweisen.
Patrick Dirrigl