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Die Welt ist nicht genug - DATUM

Weiter weg, schneller hin: Wie wir uns die Welt aneignen, ohne ihr dabei näher zu kommen.

Möglichst unauffällig wische ich die Armlehne ab, damit mein Sitznachbar nicht merkt, dass meine Hand dort Angstschweiß hinterlässt. Ich lese den Satz in meinem Lieblingsbuch jetzt schon zum vierten Mal, als endlich die Triebwerke beginnen, anzuschieben. Den Moment des Abhebens von der Startbahn empfinde ich tatsächlich als erhebend - zwar nicht erfreulich, aber doch bedeutsam. Die letzte Berührung mit Mutter Erde? Danach geht es für mich bergab, je steiler der Steigflug, je höher die Flughöhe. Nur das Landen ist noch schlimmer.

Ich habe Flugangst und sie begleitet mich lange. Es ist eine Art Ikarus-Urtrauma, mein ganz persönlicher Einspruch gegen diese Überheblichkeit: Warum bilden wir uns ein, uns derart über die Schwerkraft hinwegsetzen zu können? Einfach einzusteigen in diese Raumkapsel, die uns für ein paar Tage innerhalb läch­er­lich weniger Stunden wegbringt von hier? In Metropolen, nur einen Kulturschock entfernt? Sich dabei hinwegsetzend über Kriegsgebiete und Autokratien, über Weltmeere und Ge­­birgsketten? Eine Zeit lang hatte ich beruflich viele Flüge zu absolvieren, 20 bis 30 pro Jahr, davor jedesmal existenzielle Angst und Ungläubigkeit.

(...)

Wörter: 1695

Lesezeit: ~9 Minuten

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