Oliver Weber

Student / Autor, Regensburg

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Artikel

Erweiterung des Kanzleramts: Ab in die Präsidialrepublik

Etwas mehr als hundert Beamte zogen 1949 in das Bonner Kanzleramt ein. 2001 rechnete man für den Neubau in Berlin schon großzügig mit 460 Mitarbeitern. Heute, nur 20 Jahre später, hat sich deren Zahl fast verdoppelt: auf 750 Ministerialdirigenten, Regierungsdirektoren, Staatssekretäre und Untergebene. Mittlerweile wird es räumlich zu eng im Kanzleramt, doch will man nicht, was naheliegend wäre, über einen Stellenabbau nachdenken. Im Gegenteil: Das ohnehin große Gebäude soll noch größer werden, damit die Belegschaft weiter wachsen kann. Kurzerhand hat das Amt seine eigene bauliche Erweiterung beschlossen: Jenseits der Spree, im Regierungsviertel, soll ein bogenförmiger Neubau entstehen. Prompt monierten Bundesrechnungshof und Hauptstadtpresse die drohenden Kosten von 600 Millionen Euro. Völlig unbeachtet blieb darüber jedoch die politische Dimension des Plans: Mit seinem ständigen Mitarbeiterwachstum verschiebt das Bundeskanzleramt die fein austarierten Gewichte des parlamentarischen Regierungssystems - und erobert sich eine Stellung, die man sonst nur von Präsidialregierungen kennt.

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