Nora Schmitt-Sausen

Journalistin Schwerpunkt USA, Berlin

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USA: Gesundheitswesen im Fokus

Auf der Agenda des neuen US-Kongresses steht die Gesundheitspolitik einmal mehr weit oben. Die Demokraten wollen ihre neue Machtstellung im Repräsentantenhaus nutzen. Dabei haben sie bereits den Präsidentschaftswahlkampf 2020 im Blick.

Die ersten Tage des 116. US-Kongresses, der Anfang Januar die Arbeit aufgenommen hat, sind von einem Thema dominiert: Der Haushaltssperre und der damit verbundenen Diskussion um den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko. Doch jenseits des Ringens um die Einwanderungspolitik zeichnet sich bereits ab: Die Gesundheitspolitik wird in den kommenden Monaten erneut zu einem der großen innenpolitischen Themen in Washington werden.

Die Vorzeichen haben sich geändert. Die Demokraten eroberten bei der Kongresswahl im November das Repräsentantenhaus zurück. Die deutlichen Zugewinne gelangen - da sind sich die Analysten weitestgehend einig - vor allem wegen des Wahlversprechen der Demokraten, den Zugang zur Gesundheitsversorgung für möglichst alle US-Amerikaner weiterhin möglich und bezahlbar zu halten.

Die Versuche von Präsident Donald Trump und seinen republikanischen Parteikollegen, die Gesundheitsgesetzgebung aus der Regierungszeit von Barack Obama zu kippen, verprellte viele Wähler, die um ihren Kran­ken­ver­siche­rungsschutz fürchten.

Nancy Pelosi, inzwischen demokratische Mehrheitsführerin im Repräsentantenhaus, formulierte es unmittelbar nach dem Wahlsieg so: „Es ging bei dieser Wahl um die Gesundheitsversorgung. Und die Gesundheitsversorgung hat gewonnen."

Dank ihrer neuen Macht können die Demokraten die Debatte nun neu beleben. Um Veränderungen herbeizuführen, sind sie allerdings auf das Mitwirken der Republikaner angewiesen. Diese haben weiterhin die Mehrheit im Senat.

Versicherungsmarkt festigen


Zu den Prioritäten der Demokraten gehört die Stabilisierung des von Obama neu gestalteten individuellen Versicherungsmarktes. Mehr als zehn Millionen US-Amerikaner beziehen über diesen ihre Kran­ken­ver­siche­rung. Auch wollen Pelosi und Co mehrere Manöver hinterfragen, die von der Trump-Regierung unternommen wurden, um Kerninhalte des Affordable Care Acts - Obamacare genannt - aufzuweichen. Auf der gesundheitspolitischen Agenda stehen zudem Themen wie die hohen Arzneimittelpreise und der Kampf gegen die weiterhin grassierende Opioid-Sucht.

Ein weiterer Diskussionspunkt: Im Dezember erklärte ein Richter in Texas die aktuelle Gesundheitsgesetzgebung für verfassungswidrig. 20 republikanisch geführte Bundesstaaten hatten die Klage gegen Obamacare eingereicht, unterstützt von der US-Regierung in Washington. Der breite Zugang der US-Amerikaner zur Gesundheitsversorgung sowie etwa der spezielle Schutz für Menschen mit Vorerkrankungen gerät damit in Gefahr. Bis auf Weiteres bleibt Obamacare jedoch in Kraft.

Sollte das juristische Tauziehen erneut vor dem Supreme Court, dem obersten Gericht der USA, landen, könnte es eng werden für das Gesetz. Trump hatte im vergangenen Jahr mit der Neubesetzung eines vakanten Richterpostens dafür gesorgt, dass dort eine konservativere Denkweise Einzug gehalten hat als bislang.

Bereits jetzt beginnt zudem der Präsidentschaftswahlkampf 2020. Die Demokraten wollen eine neue Forderung in den Raum stellen: dem Staat eine deutlich größere Rolle im Gesundheitswesen zu geben.

Ein konkreter Vorschlag liegt bereits auf dem Tisch: Vertreter des linken Parteiflügels wollen die staatliche Kran­ken­ver­siche­rung Medicare für alle Amerikaner öffnen. Sie sichert bislang US-Bürger ab 65 Jahren ab.

Während die Republikaner bei einigen Themen Gesprächsbereitschaft signalisieren, ist bei der Debatte um eine nahezu ausschließlich staatliche Kran­ken­ver­siche­rung mit heftigem Widerspruch zu rechnen. Nora Schmitt-Sausen

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