Nora Schmitt-Sausen

Journalistin Schwerpunkt USA, Berlin

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Artikel

Christliche Fundamentalisten: Harte Nuss für Obama

Republikaner und streng gläubige Protestanten in den USA bilden seit Jahrzehnten eine solide Partnerschaft; vor allem Präsident George W. Bush nutze die Wählerschaft der sogenannten Evangelikalen. Doch die Enttäuschung vieler "christlicher Fundamentalisten" über die Bush-Politik ist groß, und so warb der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama denn auch massiv um deren Stimmen. Es sei "der intensivste Versuch" gewesen, den je ein Demokrat unternommen habe, um diese Wählergruppe zu erreichen, schrieb die "New York Times" dieser Tage. Doch die Mehrheit der Bibeltreuen bleibt für Obama unerreichbar. Etwa zwanzig Prozent der Wählerschaft machen die Evangelikalen in den USA aus, seit 30 Jahren gelten sie als "feste Bank" der Republikaner. Die Evangelikalen berufen sich im Kern auf eine extrem enge, wörtliche Auslegung der Bibel, die sie als frei von Irrtümern ansehen. In der Praxis treten sie vehement etwa für das Verbot von Abtreibung und gegen die Homoehe ein. Bei der Wahl 2004 verhalfen sie dem streng gläubigen Bush zum Sieg, 78 Prozent unter ihnen stimmten für ihn. Neue Generation, neue Themen Doch die "außergewöhnliche evangelikale Liebesaffäre", wie die "New York Times" das Verhältnis der Bibeltreuen zu Bush beschrieb, ging vor allem wegen des Irakkrieges zu Bruch. Von der einstigen Leidenschaft für Bush sei nichts mehr übrig geblieben - und damit wackele auch die bedingungslose Treue zur Partei. Zudem wuchs unter den Evangelikalen eine neue Generation heran. Junge Pfarrer brachten Themen wie die globale Erwärmung, Armut und soziale Gerechtigkeit in die kirchliche Diskussion und Predigten ein. Ein Plus für den Demokraten Obama: "Die Art der Probleme, die Obama anspricht, erfahren bei dieser Gruppe eine große Resonanz", zitierte die "New York Times" den Politikwissenschaftler Corwin Schmidt. Massiv haben die Demokraten denn auch um die Stimmen der progressiveren Bibeltreuen gebuhlt. Unzählige Hauspartys, christliche Konzerte, Treffen religiöser Führer, Universitätsbesuche und Telefonkonferenzen standen auf dem Wahlkampfkalender. "Das Obama-Lager hat viel unternommen, um in religiösen Austausch zu treten", meint David Brody vom Christian Broadcast Network. Der Erfolg hält sich in Grenzen Doch die Bemühungen scheinen nur begrenzt erfolgreich: Eine Mitte Oktober vorgelegte Erhebung der unabhängigen Gruppe Faith in Public Life zeigt, dass sich das Wahlverhalten der tief religiösen Christen nicht wesentlich geändert hat: 68 Prozent der weißen Evangelikalen stützen McCain, lediglich 25 Prozent Obama. Eine Studie des renommierten Pew Centre on Religion and Public Policy bringt ähnliche Zahlen: 57 Prozent für McCain, 20 Prozent für Obama. "Bei den enormen Anstrengungen, die Barack Obama und andere führende Demokraten unternommen haben, hätte ich schon erwartet, dass die Unterstützung für McCain und die Republikaner etwas mehr bröckelt", kommentiert John Green vom Pew Centre. Faktor Wirtschaftskrise Die Mehrheit der Evangelikalen bleibt ihren konservativen Grundsätzen treu. Und dazu passt ein Präsident Obama nicht. Nicht nur vertritt der Demokrat in ethnischen Fragen klassische liberale Positionen, ihm haftet zudem immer noch der Ruf an, ein Muslim zu sein. Auch die anti-amerikanischen Hasstiraden von Obamas ehemaligem Pastor Jeremiah Wright seien für den Demokraten bei seinem Ziel, die Gunst der tief religiösen Wähler zu erwerben, "nicht hilfreich" gewesen, analysierte die "New York Times". Möchte Obama doch noch Stimmen der streng Konservativen gewinnen, bleibt die Hoffnung, dass die Sorge um die Wirtschaft ihm Wähler in die Arme treibt. Umfragen zeigen, dass die trübe Wirtschaftslage auch bei den Evangelikalen höhere Priorität hat als die Diskussion um religiöse Werte. "Es scheint so, als ob die Wirtschaft noch eine Möglichkeit für Obama darstellt, McCain einige der Wähler abtrünnig zu machen", sagt John Green vom Pew Institut.


Quelle: n-tv.de, Nora Schmitt-Sausen, dpa

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