Nora Koldehoff

Freie Autorin / Freie Journalistin, Köln

3 Abos und 1 Abonnent
Artikel

Freies Spiel für starke Kinder

Bild: Nora Koldehoff

"Betreten des Bauspielplatzes nur für Kinder! Erwachsene ohne Begleitung von Kindern haben keinen Zutritt!" Seit etwa einer Woche hängt das Schild über dem Weg zum Bauplatz am Bauspielplatz Friedenspark, in der Südstadt von allen „Baui" genannt. Aufgehängt wurde es vom Team, weil vor allem bei gutem Wetter die Erwachsenendichte auf dem Platz ziemlich Überhand genommen hat. Ein Großteil der Eltern sitzt auf der Freitreppe vorm Adler, andere begleiten ihr Kind beim Bauen und Spielen zwischen den Hütten. „Der 'Baui' ist etwas Besonderes", sagt Sozialpädagogin Marietheres Waschk, „und für Viele auch erst mal etwas Ungewohntes, insbesondere in der Innenstadt. Die Hütten und anderen Bauwerke, die hier stehen, sind von Kindern und Jugendlichen gebaut und nicht TÜV-geprüft, wie auf herkömmlichen Spielplätzen. Wenn man hier spielt, muss man auch aufpassen, wo man hergeht und klettert. Aber gerade das macht den Platz ja so interessant und wertvoll. Die Kinder sind in ihrer Eigenverantwortlichkeit gefordert. Sie dürfen selbst ausloten, was sie wollen und was sie können - und auch, wobei sie Hilfe brauchen." Selbstbestimmt ausprobieren

Das bedeutet nicht, dass die Kinder hier völlig selbst überlassen wären. Der Bauplatz des Jugendzentrums wird immer von zwei bis drei pädagogischen Kräften betreut. Wer etwas bauen will, kann gegen ein Pfand Werkzeug ausleihen und bekommt gezeigt, was dafür nötig ist: Wie man mit dem Werkzeug umgehen muss, Tricks für gutes Sägen, wie die geplante Hütte auch standfest wird - oder wie man ein Lagerfeuer richtig vorbereitet.

„Wenn dann ein Elternteil danebensteht und sich einmischt," weiß David Thorausch, staatlich anerkannter Erzieher am Bauspielplatz, zu berichten, „dann soll das vielleicht beruhigend wirken; tatsächlich verunsichert es das Kind aber eher. Es soll ja selbst spüren dürfen, was es kann oder sich trauen und ausprobieren will. Gerade weil die Eltern für Kinder so wichtig sind, hat ihre Anwesenheit auch immer Auswirkungen auf deren Verhalten. Es ist ja völlig nachvollziehbar, dass alle ihre Kinder in größtmöglicher Sicherheit wissen wollen. Aber in diesem Bemühen dann Kinder in ihren Fähigkeiten zu beschneiden, hemmt sie. Wenn Eltern gerade zu Anfang lieber in der Nähe bleiben wollen, ist das ja auch auf dem Vorplatz oder im Innenhof auf der gegenüberliegenden Gebäudeseite möglich."

Zu Unrecht vertrieben?

Die ersten Reaktionen auf das Schild fielen gemischt aus. Während einige die zum „Mütterfelsen" mutierte breite Treppe gegenüber dem Bauplatz auch vorher schon lieber gemieden haben und andere die Neuerung gleichmütig zur Kenntnis nehmen, fühlten sich wieder andere zu Unrecht vertrieben und beschwerten sich über das Schild. Ein Teil der Eltern nimmt auch weiterhin auf der Treppe Platz und begründet das damit, dass sie ihre Kinder nur begleiteten. Aber auch sie sollen dazu ermuntert werden, ihren Kindern elternfreie Spiel-Zeit auf dem Bauplatz zu ermöglichen.

(...)

Montag, 1. April 2019 | Text: Nora Koldehoff

Zum Original