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Reportage

Zwischen Kräutern und Kreidefelsen: Faszination Rügen

In unserer neuen Serie „Destination Deutschland“ erkunden wir die schönsten Winkel zwischen Kiel und Garmisch und beginnen mit Rügen, der abwechslungsreichten Insel der Ostsee. Unser Reisewagen: der Volkswagen Passat GTE, der sich mit seinen unterschiedlichen Antriebsarten an jede Situation perfekt anpasst.

 

Stars haben den roten Teppich, Rügen hat die Strelasundquerung. Von Süden kommend verbindet sie das Festland bei Stralsund mit der Insel – eine Brücke, gut vier Kilometer lang, die einen ersten Überblick gibt auf das, was da kommt. Während der Passat GTE im Elektromodus scheinbar schwerelos über den Asphalt gleitet, öffnet sich das Panorama auf unzählige Meeresbuchten und Lagunen, die im Licht der Morgensonne golden glitzern. Kaum angekommen, hat Rügen jeden Besucher schon voll in seinem Bann gezogen.

Mit 6,4 Millionen Übernachtungen lag Deutschlands größte Insel auch 2016 einsam an der Spitze – und „einsam“ darf hier durchaus wörtlich genommen werden. Denn obschon zehnmal größer als Sylt, hat die Insel nur dreimal so viele Einwohner, rund 70.000. Reichlich Platz also, um sich an den rund 60 Kilometern Sandstrand zu verlieren, die reichhaltige Natur zu erkunden oder den zahlreichen Geschichten auf den Grund zu gehen, die diesen nordöstlichen Zipfel Deutschlands umranken.

„Rügen ist von all den Orten, die ich auf der Welt gesehen habe, der vielschichtigste. Und das auf einem so konzentrierten Fleckchen. Diesen Reiz vergisst man nicht, selbst dann, wenn man hier seit zehn Jahren wohnt oder das Glück hatte, hier geboren zu werden“ – so sagt Ralf Haug. Der gebürtige Schwarzwälder führt in Binz seit vier Jahren das Restaurant „Freustil“ und setzt in seinen Gerichten auf eben diese Vielseitigkeit Rügens: „Wir haben Fisch, Huhn und Wild von hier. Eine Molkerei, Rapsöl – und das Brot“. Das schmeckt man: das Freustil ist Rügens einziges Sterne-Restaurant. Die Binzer Strandpromenade ist mit der prächtigen Bäderarchitektur ein magischer Anziehungspunkt der Insel – faszinierende weiße Villen, ursprünglich aus der Gründerzeit Ende des 19. Jahrhunderts und inzwischen rekonstruiert, die mit verspielten Jugendstilelementen, Schnitzwerk und Balkonen aus Holz oder Metall zu einem Spaziergang durch eine andere Zeit einladen.


Von Binz im Osten der Insel aus geht die Reise weiter in Richtung Norden. Auf Rügen beginnt die 2500 Kilometer lange Deutsche Allenstraße, und während die frische Meeresbrise dem saftigen Geruch von Feldern und Wäldern weicht, reiht sich eine prächtige Straße an die nächste. Schon bald ahnt man: Ralf Haug hat nicht übertrieben. Praktisch im Minutentakt wechselt die Szenerie – auf weite Felder folgen majestätische Wälder, abgelöst von launigen Hügellandschaften – und hinter jeder zweiten Biegung liegt das Versprechen eines Wiedersehens mit dem Meer: kein Ort auf der Insel ist weiter als sieben Kilometer vom Wasser entfernt. Es geht vorbei an uralten Findlingen, urigen Fischerdörfern und unverwüstlichen Hünengräbern, dazu hüpfen beim Blick aus dem Autofenster nicht selten links Rehe durchs Bild, während rechts Schafe grasen und über Kopf ein Schwarm von Kranichen oder Wildgänsen vorbeizieht.

Und dann steht man auch schon mittendrin im Weltkulturerbe: 2011 bekam der Nationalpark Jasmund für seine reichhaltigen Buchenurwälder den begehrten UNESCO-Titel zugesprochen. Er beginnt nördlich von Sassnitz und markiert zugleich den Beginn der Kreideküste, jenem zwölf Kilometer langen und an ihrem höchsten Punkt, dem Königsstuhl, bis zu 118 Meter hohen Wahrzeichen der Insel Rügen, das schon 1815 den Maler Caspar David Friedrich zu seinem berühmten Bild inspirierte. Die Kombination aus tiefblauem Meer, leuchtend hellem Fels und uraltem, direkt bis an die Steilküste heranreichendem Wald ist tatsächlich einmalig – und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn durch die wechselnden Natureinflüsse verändert die Küste beständig ihr Gesicht.

„Die Gefahr ist groß, dass wir ein zweites Sylt werden. Die Leute, die hierherkommen, fahren ja nicht umsonst nicht dorthin, sondern hierher“, sagt Iris Möbius. Sie ist Bürgermeisterin der Gemeinde Putgarden und zugleich Besitzerin des Imbissstandes am Kap Arkona, dem nördlichsten Punkt der Insel. Während ihre Würstchen zischen und knacken, berichtet sie: „Die meisten Besucher lieben an der Insel dasselbe wie der Rüganer – ihre Ursprünglichkeit, dass sie nicht so verbaut ist. Und das ist es auch, was wir uns unbedingt erhalten müssen". Wer am Kap Arkona einen der drei historischen Türme besteigt – darunter mit dem Schinkelturm der älteste Leuchtturm der Ostseeküste –, der bekommt ein Gefühl davon, wovon Frau Möbius spricht: vor einem rauscht das Meer, hinter einem die Wälder, gleich nebenan lädt das historische Fischerdorf Vitt mit seinen reetgedeckten Häuschen zum Verweilen ein – und ansonsten ist da erst einmal sehr lange: nichts. Und dieses Nichts kann mitunter sehr lecker und naturnah sein. Ein Facelift erhält derzeit auch ein wuchtiger Gebäudekomplex aus Stahlbeton, den man auf dem Weg an die Nordspitze der Insel passiert – und es ist ganz sicher nur eine Laune der Natur, dass die Vegetation hier spürbar rauer ist als im milden Süden der Insel. Hier steht der „Koloss von Prora“. Der 2,5 Kilometer lange Komplex gilt als das längste Gebäude der Welt. Nun ist es auf dem besten Weg, das teuerste Gebäude der Insel zu werden, denn aus dem 1936 begonnenen und nie vollendeten Seebad werden derzeit Hunderte luxuriöse Eigentumswohnungen und Hotelzimmer – eine Entwicklung, die hier auf der Insel nicht jeder gutheißt.

 

„Wer helfen will: alle Meter steht ‘ne Flasche Bier!“ – Herr Heinemann strahlt in maritimer Montur freudig aus den Untiefen seines riesigen Gemüsebeets herauf. „Wir haben 50 Kräuter. Alles Bio!“. Die wollen versorgt werden. Und nicht nur die: im ausladenden Garten seines alten Gutshofes finden sich 80 Obstbäume, etwas außerhalb gedeiht außerdem eine vier Hektar große Sanddornanlage. „Wir stellen Saft, Nektar, Marmelade, Likör und Tee aus Sanddorn her. Alles an Ort und Stelle verarbeitet und zum Kauf angeboten.“

Im Inneren des denkmalgeschützten Hofes steht ein Café jedem Wanderer und Auto-Wanderer offen. Umgeben von sprießenden Kräutertöpfen, knorrigen Dachbalken und einer imposanten Privatbibliothek nimmt man auf dem 100 Jahre alten Mobiliar Platz und freut sich auf Kaffee und Kuchen.

Und dann ist plötzlich Eile geboten. Schließlich gehört zu jedem Inselbesuch der obligatorische Sonnenuntergang am Strand. Der ist auf Rügen keine Frage des Ob – die Insel hat pro Jahr 100 Sonnenstunden mehr als München –, sondern eher des Wo. Heinemann empfiehlt das nahegelegene Drankse mit Blick auf die benachbarte Insel Hiddensee, dort versinke die Sonne besonders spektakulär und farbenfroh im Meer. Und dann, so findet er, sollten wir unserem Passat GTE auch noch etwas gönnen: eine Überfahrt mit der Autofähre in Wittow. Aber Vorsicht: „Die letzte fährt um 18:40 Uhr. Ansonsten ist es ein 40-minütiger Umweg!“

Ein Umweg? Auf Rügen? Klingt gut. Wir werden alles daran setzen, die Fähre zu verpassen.


Rügen: Highlights

Rügen ist mit 976 km² Fläche nicht nur Deutschlands größte Insel, sondern auch die beliebteste. Ein Besuch lohnt sich das ganze Jahr über: Im Frühling finden Angler, Fahrradfahrer und Wanderer ideale Bedingungen vor, im Sommer kommen klassische Strandurlauber auf ihre Kosten, im Herbst lässt sich die Natur bei ausgedehnten Spaziergängen genießen – und der kalte und raue Winter lockt Romantiker in die Wellnesshotels. Beste Reisezeit sind allerdings die Monate Mai und September: hier das Wetter auf der Insel meist beständig schön.

Kreidefelsen

Den Kreidefelsen kann man sich auf eigene Faust beziehungsweise eigenen Füßen nähern, verbunden mit einem Spaziergang durch den wunderschönen Buchenwald des Nationalparks Jasmund. Dazu einfach das Auto auf dem öffentlichen Parkplatz Hagen abstellen. Vorsicht ist das erste Gebot, wenn man sich den Felsen nähert: da es von Zeit zu Zeit kommt zu Küstenabbrüchen kommt, nur die ausgewiesenen Wanderwege nutzen!

Technische Daten Passat GTE

Kraftstoffverbrauch in l/100 km: kombiniert 1,8 - 1,7; Stromverbrauch in kWh/100 km: kombiniert 13,1 – 12,5; CO2 -Emissionen in g/km: kombiniert 40 - 38; Effizienzklasse: A+**

 

Text: Nico Cramer
Foto: Thorsten Doerk