Mit dem All-Star-Game eröffnete die DKB Handball-Bundesliga am gestrigen Freitagabend die zweite Saisonhälfte. Die deutsche Nationalmannschaft präsentierte sich fünf Tage nach ihrem EM-Triumph gegen eine Weltauswahl der Bundesliga. Der sportliche Wert des Spieles ist gering, der Eventcharakter für Fans hoch - entsprechend geteilt sind die Meinungen über die Veranstaltungen in der Handballszene. Auch in der Redaktion von handball-world.com haben sich zwei Lager gebildet: Während Nele Hüpper den Wert für die Fans betont, kritisiert Julia Nikoleit die zusätzliche Belastung. Pro und Contra zum All-Star-Game ...
Contra: Dieses Showspiel ohne jeglichen sportlichen Wert braucht der Handball nicht.
Stell dir vor, es ist All-Star-Game und keinen interessiert es - das war in den vergangenen Jahren stets der Fall, wenn die DKB Handball-Bundesliga zu ihrem Event zwischen Großturnier und zweiter Saisonhälfte lud. In diesem Jahr war das Interesse durch den sensationellen EM-Titel zwar gegeben, doch an dem sportlichen (Nicht-)Wert des All-Star-Games änderte das nichts.
In Zeiten, in denen die Belastung der Topstars ein heißes Eisen in der Handballpolitik ist, braucht es keine solche Show, denn es liefen in Nürnberg ja nicht - ohne das despektierlich zu meinen - die Spieler des TuS N-Lübbecke oder der TSV Hannover-Burgdorf auf, die "nur" in der Bundesliga gefordert sind, nein. Beim All-Star-Game spielten genau jene Spieler, die sowieso bis zur Erschöpfung gefordert sind und ein unmenschliches Pensum absolvieren.
Die großen Drei der Liga - die SG Flensburg-Handewitt, der THW Kiel und die Rhein-Neckar Löwen - stellten 13 von 20 Spielern im All-Star-Team. Die Nationalspieler unter ihnen haben - ebenso wie das DHB-Team - eine anstrengende EM in den Knochen. Die hochgelobten Tugenden wie bedingungsloser Kampf und beinharte Abwehr fanden dementsprechend nicht statt, was völlig verständlich ist. Welcher Spieler riskiert schon in einem solchen Showspiel eine Verletzung?
So sehr den deutschen Fans das Event auch zu gönnen ist - wenn Woche für Woche über die zu hohe Belastung diskutiert wird, wäre das All-Star-Game der erste Termin, der ohne großen Verlust zu kippen wäre. Keine zusätzlichen 60 Minuten Spielzeit wenige Tage nach einem mühevollen Großturnier, keine Reisestrapazen, stattdessen Regeneration und Durchatmen in der Heimat. Auf alle Akteure wartet schließlich noch eine anstrengende Saisonhälfte, in der vier Titel zu vergeben sind - und im Sommer stehen auch noch die Olympischen Spiele an.
Für die Vereine der DKB Handball-Bundesliga ist das Turnier zudem eine Unterbrechung in ihrer konzentrierten Vorbereitung auf die zweite - so wichtige - Saisonhälfte. Und die Nationalspieler kommen durch das All-Star-Game noch später wieder in den Rhythmus des Vereins. Außer den Fans - denen das Schaulaufen wie gesagt grundsätzlich gegönnt sei - haben so in erster Linie die Sponsoren etwas von diesem Spiel. Doch so groß der Werbewert für die DKB Handball-Bundesliga auch sein mag - der Preis ist einfach zu hoch. Und den Preis zahlt nicht die Liga - den Preis zahlen die Spieler.
Fazit: Dieses Showspiel ohne jeglichen sportlichen Wert braucht der Handball nicht.
Pro: Es ist ein Handballfest für alle
Man kann ja über alles meckern, wenn man nur genug Gründe findet. Aber warum sich über ein interessantes Spiel aufregen, das gerade nach der gewonnen Europameisterschaft den Hype um die Nationalmannschaft weiter trägt?
Seit der Saison 2014/2015 findet das All-Star-Game in Nürnberg statt – und auch, wenn die Bayern es nicht gerne hören: Ja, Nürnberg gehört zum Freistaat und damit zu einem an Spitzenhandball armen Bundesland. Und beim All-Star-Game? Hochklassiger Handball mit dem amtierenden Europameister gegen die besten Spieler der stärksten Liga der Welt und das auch noch in Süddeutschland – was will das Handballherz mehr? Die Norddeutschen mit ihrer hohen Dichte an Topklubs wissen ja gar nicht, wie das so ohne großartigen Handball der Extraklasse ist.
Seien wir ehrlich: Natürlich hat das Spiel keinen sportlichen Wert - aber den muss es auch gar nicht haben. Freitagabend, Primetime auf Sport1 und was läuft? Handball? Geil! Keine Spur von Oberligafußball, von Darts oder irgendetwas anderem, nein. Mit der Übertragung des All Star Games tut sich Sport1 mehr als nur einen Gefallen.
Aber auch für die 7.500 Fans, die gekommen sind, um die deutsche Nationalmannschaft spielen zu sehen, ist das Event in der recht kargen Handballregion ein absolutes Highlight. Fernab des Ligadrucks können die Spieler der stärksten Liga der Welt in einem lockeren Spiel gegen ihre eigenen Teamkameraden noch mal zeigen, was sie drauf haben – bevor es in der Bundesliga wieder total ernst um Punkte, den Meistertitel, Auf- und Abstieg geht. Außerdem ist so ein Spiel doch die beste Werbung für den Sport. Denn nur in so einem Spiel, in dem es um "nichts" geht, können alle Akteure entspannt aufspielen und vor allem zeigen, was den Sport so interessant macht - Zweikämpfe, Trickwürfe, Spaß am Spiel.
Und... denkt an die Kinder! Wie super ist es bitte, mit einem riesigen Handballspieler in eine ausverkaufte Halle vor 7.500 Leute einzulaufen? Oder den Ball reintragen zu dürfen? Mal auf den Schultern von Berlins Maskottchen "Fuchsi" zu sitzen? "Bergi" vom Bergischen HC die Pfote zu schütteln? Beim All Star Game alles kein Problem. Das sind Momente, in denen die Fans von morgen mehr als nur infiziert werden.
Und was sind die Fans von morgen noch? Potenzielle neue Kunden für Firmen. Denn auch die können nur gewinnen, wenn Spieler wie Anders Eggers und Andy Schmid mal MIT Niklas Landin spielen – und nicht gegeneinander. So sind auch die Firmen, die das Event finanziell unterstützen und Werbung platzieren, an diesem Tag die Sieger. Vereinsrivalitäten werden zur Seite geschoben, die Spieler lächeln mehr als dass sie Tore werfen. Albernheiten gehören einfach dazu – und der Handball präsentiert sich volksnah und sympathisch.
Fazit: Ein Handballfest für alle - also weniger meckern, sondern mehr Handball gucken!