David Abraham ist ordentlich durchgeschwitzt, als er zu unserem Interviewtermin erscheint. Kein Wunder. Kommt er doch direkt vom intensiven Vormittagstraining unter heißer kalifornischer Sonne. Aber der Argentinier ist trotzdem - wie immer eigentlich - bester Laune. Nur aus der prallen Mittagssonne möchte er raus und schlägt vor, dass wir uns in den schützenden Schatten eines Golfcaddys setzen, der am Trainingsgelände steht. Diesen inspiziert er erst einmal genau und fragt sich grinsend, warum denn da ein Aschenbecher hinter dem Sitz verbaut sei - angesichts des Rauchverbots auf dem Gelände.
Ich hätte diesen Aschenbecher wohl gar nicht bemerkt. Aber mir ist dafür etwas anderes sehr positiv aufgefallen: Abraham spricht auf Deutsch mit mir. Und das sehr gut. Bei unserem letzten Interview im vergangenen Sommer hatte noch sein Dolmetscher und Deutschlehrer Stéphane Gödde für ihn übersetzt. Inzwischen fühlt Abraham sich in der deutschen Sprache so sicher, dass er mit mir sein erstes deutsches Interview komplett ohne Hilfe führt. Dafür bekommt er nach dem Gespräch von Stéphane noch einmal ein Sonderlob.
Doch nicht nur das „deutsche" Interview ist für ihn eine Premiere. Für den Familienvater sind auch die USA Neuland. „Ich bin zum ersten Mal hier. Es ist schön", sagt er. Zwar wären die ersten Tage wegen der Zeitverschiebung etwas schwierig gewesen. Aber die Müdigkeit sei inzwischen nicht mehr dem Jetlag, sondern den harten Trainingseinheiten geschuldet. „Und wir sind durch die Sonne mehr müde, als wir es ohnehin nach einem Training wären" gibt er zu. „Aber das ist okay. Beim nächsten Trainingslager in Südtirol wird es dann wieder ein bisschen einfacher. Da ist die Sonne nicht so intensiv", blickt er schon einmal schmunzelnd auf die Zeit in Gais voraus.
Bis es soweit ist, bekommen er und seine Kollegen in Amerika zwischen den Trainings immer mal die Gelegenheit, sich in den jeweiligen Städten umzusehen. „Wir sind am Dienstag mit der ganzen Mannschaft nach San Diego in die Stadt gefahren und waren spazieren und etwas essen. Wir waren aber vom Training her ziemlich geschlaucht, so dass wir nicht allzu viel unternommen haben." Bei diesem kleinen Sightseeing-Trip waren natürlich auch die Neuzugänge dabei. Mit ihnen versteht sich Abraham, der am Sonntag Geburtstag hat, bestens. „Wir versuchen alle neuen Spieler schnell zu integrieren. Das funktioniert auch gut. Die Neuzugänge sind alle sehr nett", hebt der Innenverteidiger hervor und ergänzt: „Wir sind eine gute Gruppe und haben viel Spaß miteinander." Just in diesem Moment bricht hinter uns schallendes Gelächter aus. Danny Blum und Slobodan Medojevic sitzen gemeinsam in der Eistonne und machen Quatsch. „Ja, genauso ist es bei uns", freut sich Abraham und lacht mit den beiden mit.
Einen ähnlichen Status hatte auch Linksverteidiger Bastian Oczipka. Dessen Wechsel zu Schalke 04 bedauert der Argentinier: „Er war ein wichtiger Spieler für uns. Auch menschlich ist es ein Verlust. Es ist wirklich schade, dass er geht." Wenn Oczipka in der kommenden Saison dann tatsächlich das Trikot der Königsblauen trägt, dauert es bis zum 17. Spieltag, bis Abraham und Co. mit der Eintracht auf ihn treffen. Wo die Eintracht dann tabellarisch gesehen steht, dazu möchte Abraham noch keine Prognosen abgeben. „Wir müssen uns Step by Step in die Saison hineinfinden und von Spiel zu Spiel schauen", sagt er bescheiden. Er ist jedoch positiv gestimmt, wenn „wir so aggressiv sind, wie in der Hinrunde der abgelaufenen Spielzeit". Dazu müsse das Team wieder mit dieser Mentalität spielen, „die wir damals hatten", ist er überzeugt. Nicht ganz so überzeugt ist er, als ich ihm beim Verabschieden sage, dass er das Interview auf Deutsch richtig gut gemacht hat. Das ginge noch besser, meint er im Gehen und lacht. Klar, besser geht immer. Aber wie hat Abraham vorhin selbst gesagt: Am besten ist es, einen Schritt nach dem anderen zu machen.
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