Mona Linke

Freie Journalistin, Berlin

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Ist das noch Kunst? | Finanzfluss

Am digitalen Kunstmarkt werden dieser Tage Millionenbeträge hin- und hergeschoben. Grund ist eine Technologie, die Videospiele, Gemälde oder einfache GIFs nicht kopierbar und damit einzigartig macht.


Welche Summen teilweise auf Auktionen oder in Galerien für den Erwerb von Gemälden oder Skulpturen hin und hergeschoben werden, mag den ein oder anderen eher leidenschaftslosen Beobachter ohnehin schon irritieren. 90 Mio. Dollar für einen Picasso? Absurd, findet manch einer. Dieser Tage aber spielen sich am internationalen Kunstmarkt Dinge ab, für die das Adjektiv "absurd" maßlos untertrieben wäre. "NFTs" heißt ein neuer Krypto-Hype, bei dem kurz gesagt digitale Kunst für teilweise mehrere Millionen Dollar verkauft wird. Nicht, weil sie besonders schön anzusehen wäre - sondern weil sie absolut einzigartig ist. Alles nur Humbug, meinen die einen. Eine Revolution des Kunstmarktes, sagen die anderen. Was steckt hinter dem neuen Hype, was hat das Ganze mit der Blockchain zu tun und sollte man das Ganze vielleicht doch ernst nehmen?

3 Mio. Dollar für einen Tweet

Ungewollt hat Chris Torres vor fast genau 10 Jahren eines der größten Internet-Phänomene der letzten Jahre losgetreten. Eher nebenbei entwarf der damals 25-jährige Texaner eine Cartoon-Katze mit einem Teiggebäck als Körper,die, während sie durchs Universum fliegt, eine Regenbogen-Spur hinterlässt. Als verpixelte GIF-Animation ging die "Nyan Cat" um die Welt. Vor ein paar Wochen nun wurde das fliegende Kätzchen für nicht weniger als 600.000 Dollar verkauft.

Und es ist nicht einmal einer der höchsten Preise, die dieser Tage auf dem digitalen Kunstmarkt erzielt werden. Erst vor ein paar Tagen hat Twitter-Chef Jack Dorsey seinen ersten eigenen Tweet in einen NFT verwandelt und für fast 3 Mio. US-Dollar verkauft. Absoluter Rekordhalter ist der Grafikdesigner Mike Winkelmann (Künstlername "Beeple"), dessen digitale Collage das Traditionshaus Christies in Kooperation mit einem NFT-Marktplatz für beinah 70 Mio. USD versteigern konnte. Es war das erste Mal, das ein konventionelles Auktionshaus in den Handel mit der Krypto-Kunst eingestiegen ist. Immerhin 7.000 USD hat der Künstler Sean Williams für ein Foto bekommen, das ein Loch in seiner Wand zeigt, gegen die er "aus Versehen" am letzten Weihnachtsmorgen getreten habe, schreibt der 25-Jährige auf Twitter.

Wie solch irrwitzige Preise zustande kommen? Die Antwort ist drei Buchstaben lang: NFT.

Was sind NFTs?

NFT ist die Abkürzung für "Non-Fungible-Token", was übersetzt so viel bedeutet wie "nicht austauschbarer Vermögenswert". Eine Sache oder ein Produkt wird zu einem virtuellen Gut, das wiederum mithilfe der Blockchain-Technologie so verschlüsselt wird, dass es anschließend einzigartig ist. Besitzer eines NFTs sind damit Eigentümer eines digitalen Zertifikats, dass ihnen fälschungssicher bescheinigt, dass sie der Besitzer sind - das NFT ist nicht kopierbar und so vor Fälschungen geschützt.

Bei den NFTs, die derzeit auf Plattformen gehandelt werden, handelt es sich (im weitesten Sinne) um digitale Kunstwerke wie Bilder, Collagen, Musik, Videos, digitale Sammelkarten, Teile von Videospielen oder eben ganz einfach Twitter-Posts oder GIFs. Die NFTs können relativ einfach erschaffen und anschließend zu einem beliebigen Preis angeboten werden. (...)

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