Mona Linke

Freie Journalistin, Berlin

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Artikel

Made in Africa | Finanzfluss

In diesem Kontinent steckt Potential. So heißt es immer wieder, wenn von Afrika die Rede ist, und das schon seit Jahrzehnten. Und in der Tat: Auf dem Kontinent befinden sich die am schnellsten wachsenden Länder der Welt: Sowohl demographisch als auch wirtschaftlich. Ruanda zum Beispiel hat sich nach den verheerenden Völkermorden der 1990er Jahre zumindest wirtschaftlich erholt und gilt als Musterbeispiel für Fortschritt und Stabilität. 2019 legte die Wirtschaft in der Republik um fast 10% zu. Auf ähnliche Zahlen können Länder wie Äthiopien, Kenia, Nigeria und Dschibuti zurückblicken.


Afrika - das nächste Asien?

Afrikas Wirtschaft wächst rasant, was auch damit zu tun hat, dass die Bevölkerung sehr jung ist. Knapp die Hälfte aller Afrikaner ist aktuell unter 20 Jahre alt, was bedeutet, dass die Mehrheit in ein paar Jahren im erwerbsfähigen Alter sein wird. In Deutschland beispielsweise sind diese Zeiten lange vorbei: Nur 18% der Gesellschaft sind hierzulande unter 20 Jahre alt.

Dass eine junge Bevölkerung die Grundlage für ein Wirtschaftswunder sein kann, hat zuletzt die Weltmacht Asien gezeigt: Von 1970 bis 2010 war der Anteil der erwerbstätigen Menschen hier so hoch wie in ein paar Jahren in Afrika.


Wachstum ist nicht homogen

In keinem anderen Kontinent ist die Wirtschaftsleistung jedoch so unterschiedlich verteilt wie in Afrika. Während sich Volkswirtschaften wie Nigeria, Kenia und Ruanda auf der digitalen Überholspur befinden und immer mehr ausländische Firmen anziehen, die per Direktinvestitionen teilhaben wollen an dem Tech-Boom der Entwicklungsländer, stecken wieder andere Regionen seit Jahren in Wirtschaftskrisen fest. Das betrifft beispielsweise den Sudan, Eritrea oder Kamerun. Auch was Bildung, Infrastruktur und Wohlstand angeht, sind die Unterschiede zwischen den einzelnen 54 Ländern teilweise riesig - weswegen der Kontinent auch aus Investorensicht nicht als homogene Region betrachtet werden kann.

Bislang haben die wenigen internationalen Investoren ihr Augenmerk vor allem auf Südafrika gelegt. Die Volkswirtschaft ist von allen Ländern Afrikas am weitesten entwickelt, bietet eine gute Infrastruktur, ein modernes Bankwesen und gute Voraussetzungen für Gründer. Trotz seines vergleichsweise schwachen Wirtschaftswachstums (2019 bei 1,1%) gilt Südafrika als Zukunftsmarkt, insbesondere im Bereich der Erneuerbaren Energien. Auch befindet sich im südafrikanischen Johannesburg die gefragteste Börse des Kontinents, die JSE.


Bislang trauen sich vor allem Unternehmen nach Afrika

Bislang sind es vor allem Unternehmen, die an Afrika als den nächsten Zukunftsmarkt glauben. In vielen Ländern wächst die Kaufkraft und es hat sich ein neuer Absatzmarkt entwickelt: Die Nachfrage nach neuen Wohnraum, neuen Technologien und einer funktionierenden Infrastruktur wächst stetig - bis 2050 sollen laut Prognosen schließlich 2 Mrd. Menschen auf dem afrikanischen Kontinent leben. Immerhin rund 850 deutsche Unternehmen haben den Markt inzwischen für sich entdeckt, darunter Bayer und Siemens, aber auch Autobauer wie Daimler und Volkswagen, die dort produzieren lassen. Und auch in anderen europäischen Ländern wie Frankreich und den Niederlanden gibt es einzelne Unternehmen, die den Schritt nach Afrika wagen. Insgesamt ist die Zurückhaltung aber nach wie vor groß - und das ist wenig überraschend, schließlich sind Themen wie Rechtsstaatlichkeit und Transparenz nach wie vor für viele Regierungen Fremdwörter.

Die Vorstöße der westlichen Welt sind allerdings nichts im Vergleich mit den Mega-Plänen, die China in dem Kontinent verfolgt. Im Rahmen seiner "Neuen Seidenstraße", dem bislang größten Expansions-Projekt des 21. Jahrhunderts, hat China inzwischen mehr als 10.000 Firmen in Afrika angesiedelt und Milliarden in neue Flughäfen, Krankenhäuser, Straßen und Schulen gesteckt. Inwieweit der Kontinent von den chinesischen Investitionen profitiert, ist eine ganz andere Frage, die seit Jahren kontrovers diskutiert wird. Einer der Hauptkritikpunkte der westlichen Welt: Chinas Expansionspolitik schafft neue Abhängigkeiten - teilweise ist sogar vor einem neuen Zeitalter der Kolonialisierung die Rede. Ohne an dieser Stelle auf die Details einzugehen, kann doch im Fall Afrika zumindest festgehalten werden: Das Geld ist nur geliehen, viele afrikanische Länder ertrinken in Schulden und vornehmlich werden chinesische Arbeiter in den Unternehmen beschäftigt. (...)

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