Mona Linke

Freie Journalistin, Berlin

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„Wir lassen uns da nicht rausholen"

Seit Jahren streiten Mieter*innen und Investoren um die Zukunft der Schönhauser Allee 69. Ein meterhohes Baugerüst hat den Kampf jetzt neu entfacht.

„Zuhause bleiben", lautet dieser Tage die Devise. Und für einige Menschen in der Stadt wird das zur Zerreißprobe. Sandra Schmidt zum Beispiel ist aus ihrer Wohnung in Prenzlauer Berg „geflüchtet", wie sie es nennt - denn vor ihrem Fenster ragt seit drei Wochen ein meterhohes Baugerüst in die Höhe. Schmidt wohnt seither in ihrem Schrebergarten in Rosenthal. Fehlenden Komfort nimmt die Berlinerin gern in Kauf, um nicht einen Tag länger in ihrer Wohnung sitzen zu müssen. Hier in Pankow sei sie „weit genug weg" von allem, sagt sie lakonisch.

Und man versteht die Mieterin, wenn man sich ihr Zuhause, die Schönhauser Allee 69, ansieht. Seit inzwischen 18 Tagen ragt ein meterhohes Baugerüst eine Hauswand im Hinterhof empor. Dachinstandsetzungsarbeiten. Für die Bewohner*innen von insgesamt vier Wohnungen bedeutet das: Dämmerlicht, Lärm, Baustellendreck und keinerlei Privatsphäre.

„Ich verstehe gar nicht, warum die Arbeiter jetzt überhaupt noch so viel rumrennen dürfen", sagt Sandra Schmidt, die als Risikopatientin möglichst viel Abstand zu anderen Menschen wahren möchte. Vier Wochen sollen die Arbeiten andauern, heißt es vom Bauamt in Pankow. Und bis zum Ablauf dieser vier Wochen werden die Mieter*innen der Schönhauser Allee 69 wohl auch noch mit dem Gerüst leben müssen - denn gegen geltendes Recht verstößt der Eigentümer damit nicht, wie Pankows Baustadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) mitteilt: „Wir haben natürlich kein Gerüst zu genehmigen, welches auf Privatgelände errichtet wird. Und das ist hier der Fall." Auch seien die geplanten Maßnahmen nicht genehmigungspflichtig, heißt es derweil vom Bauamt in Pankow. Es gebe einen Schaden am Dach, daher seien die Arbeiten notwendig.

Doch Sandra Schmidt glaubt all das nicht. Sie hält das Gerüst und die Bauarbeiten für Staffage, für einen Vorwand: „Ich denke, dass sie das Dach komplett renovieren und anschließend teuer vermieten wollen", sagt sie. Ein Misstrauen, das nicht von ungefähr kommt. Denn seit inzwischen zwei Jahren tobt ein erbitterter Kampf um das fünfstöckige Wohnhaus an der Schönhauser Allee. Die Kontrahenten: besorgte Bewohner*innen gegen sanierungsfreudige Investoren. Ringrichter ist der Bezirk Pankow. 

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