Globaler Klimastreik in Düsseldorf : Marlene will die Eisbären retten
Fridays for Future zieht mit vielen Unterstützern durch Düsseldorf. Fast 7000 Menschen fordern einen Neustart im Klimaschutz.
„Ich will, dass endlich mehr für den Klimaschutz gemacht wird." Die elfjährige Marlene aus Pempelfort steht am Rande der Fridays for Future Kundgebung vor dem Düsseldorfer Landtag. Es ist halb zwölf und frostig kalt. Marlene hat vorgesorgt: Mit Wärmekissen in den Handschuhen, Mütze und Schaal. In ihren Händen trägt sie ein selbst gestaltetes Plakat, auf dem der kleine Eisbär mit rot-weißem Rettungsring zu sehen ist. Er weint. Daneben steht: „Rettet Lars". Gerade hat die Auftaktkundgebung begonnen - mit einer guten halben Stunde Verspätung. Neben den vielen Jugendlichen sind auch die Diakonie, die Caritas und die IG Metall gekommen. Von der Diakonie laufen rund 40 Mitarbeiter mit. Sie haben dafür Gleitzeit genommen oder bauen Überstunden ab. Das Gleiche gilt für Angestellte der Stadt.
„Das Klimapaket ist ein Skandal", ruft Leonard, einer der Organisatoren der Demo. Lauter Jubel. Auch Marlene stimmt mit ein. Für die Sechstklässlerin des Georg-Büchner-Gymnasiums ist das bereits die achte Klimademo. Die Schule unterstützt das Vorhaben. „Es werden uns keine Fehlstunden eingetragen", so die Elfjährige. Auch ihre Mutter, Isabell Schaefer, steht hinter ihrer Tochter. „Ich finde das gut, dass sich Marlene informiert und engagiert", sagt die Düsseldorferin. Ihr selbst sei das Thema ebenso wichtig. „Wir versuchen in der Familie drauf zu achten", sagt Marlene. „Fahren kaum Auto, benutzen wenig Plastik, essen kaum Fleisch." Heute sind sie mit dem Fahrrad gekommen.
Ein Jahr Fridays for Future
Das steckt dahiner „Neustart Klima" ist der vierte globale Klimastreik. Im September kamen 1,4 Millionen Menschen.
Das wird gefordert Ein neues Klimaschutzpaket, der Kohleausstieg bis 2030, der Ausbau erneuerbarer Energien.
Der aktuelle Anlass Die UN-Klimakonferenz, die vom 2. bis 13. Dezember in Madrid tagt.
Dass aus Fridays for Future mehr als eine Jugendbewegung geworden ist, zeigt sich an diesem Freitag. Neben den Jugendlichen sind auch zahlreiche Erwachsene erschienen. „Es ist nicht nur eine Sache der Kinder, sondern es steht unser aller Lebensgrundlage auf dem Spiel", sagt die 48-jährige Claudia Roth aus Hilden. „Lebensgefahr! Betreten der Erde verboten! Kinder haften für ihre Eltern" steht auf einem Schild, das sie in die Höhe hält. Ihre Begleiterin stimmt ihr zu: „Ich finde es auch richtig, dass die Jugendlichen dafür nicht zur Schule gehen."
Das sehen nicht alle so. Das weiß die 14-jährige Isabel aus Solingen aus eigener Erfahrung. „Mein Vater und mein Bruder haben mir verboten zu kommen, aber ich bin trotzdem hier." Die Friedrich-Albert-Lange-Schule lehnt die Freitags-Demos ab. Von Mitschülern bekäme man öfter zu hören: „Du machst das doch nur, damit du schulfrei hast", sagt Robin (14), der mit Isabel nach Düsseldorf gekommen ist. Marlene hat solche Sprüche auch schon gehört, kann das aber nicht nachvollziehen. An diesem Freitag verpasst sie Musik, Englisch und Sport, aber das ist es ihr wert. „Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Schüler kommen", sagt sie. Viele würden sich gar nicht erkundigen und das nicht ernst nehmen. „Es gibt aber auch einige, die nicht gehen, weil es ihre Eltern nicht erlauben." Andere hätten Angst vor den Konsequenzen.
„Armin Laschet, Armin Laschet, schläfst du noch? Schläfst du noch? Hörst du nicht die Sägen an deinem Stuhl?" tönt da gerade über die Lautsprecher der Bühne, auf der sich Musik- und Sprechbeiträge abwechseln. Die Kritik nicht nur an der Bundes-, sondern auch an der Landesregierung ist deutlich zu spüren. Die Organisatoren bemängeln vor allem das Vorgehen des Ministerpräsidenten um das Kohlekraftwerk Datteln 4. „Armin Laschet muss endlich einen Plan vorlegen, wie er aus der Kohle aussteigen will", sagt Lukas von Fridays for Future, „da darf auch nicht auf einen Masterplan der Bundesregierung gewartet werden - das ist Ländersache." In letzter Zeit habe kaum noch ein Dialog mit der Politik stattgefunden. „Wir fühlen uns von der Landesregierung ignoriert", bestätigt Lukas.
„Man fühlt sich von manchen Politikern nicht ernst genommen", bestätigt Marlene. Das frustriert sie. „Kindern wird nicht zugehört, Erwachsenen aber schon." Die Demo hat sich inzwischen - es ist 13 Uhr - in Bewegung gesetzt. Das erste Mal marschieren die Teilnehmer eine Rundroute. Vom Landtag geht es über den Graf-Adolf-Platz zur Kö. Auf der Benrather Straße/Ecke Königsallee legen sich viele der Demonstranten auf den Boden - zur sogenannten „Die in"-Zwischenkundgebung. Danach geht es weiter zur Tonhalle und über die Rheinpromenade zurück zum Landtag. Gegen 17 Uhr beendet Leonard die Veranstaltung. „Wir sind zufrieden, konnten noch besser Inhalte setzen als im September." Marlene bleibt bis zum Ende dabei und wird wohl auch bei der nächsten Demo die Schule wieder Schule sein lassen.