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Die Ordination mit 15 Ärzten (ORF Niederösterreich)

Mit dem unerwarteten Tod von Christian Schwarz hat Oberndorf an der Melk (Bezirk Scheibbs) vor einem Monat einen Arzt verloren. 15 Mediziner aus seinem Freundeskreis helfen seither dabei, die Praxis weiterzuführen.

Dieser Beitrag wurde 2019 im ORF Landesstudio Niederösterreich produziert und im TV und Radio gesendet sowie auf noe.ORF.at publiziert. 

Elisabeth Skodler behandelt Patienten in einer Ordination, die gar nicht ihre eigene ist. Eigentlich arbeitet sie als Allgemeinmedizinerin in Mannersdorf am Leithagebirge (Bezirk Bruck an der Leitha), das liegt mit dem Auto zwei Stunden von hier. Und eigentlich ist heute ihr freier Tag - doch sie verbringt ihn hier in der Ordination von Christian Schwarz in Oberndorf. Denn Elisabeth Skodler ist eine von 15 Ärztinnen und Ärzten, die sich nach dessen Tod solidarisch erklärten und die Ordination ihres verstorbenen Freundes seither weiterführen.

Es ist eine einzigartige Aktion der Solidarität. Die 15 Ärztinnen und Ärzte kommen aus allen Vierteln Niederösterreichs und übernehmen die Ordinationsdienste zur Gänze unentgeltlich. „Primär geht es darum, jetzt einmal diese Ordination am Laufen zu halten, um auch der Familie Unterstützung zu bieten und vor allem auch die Patienten hier vorläufig weiter betreuen zu können", sagt Skodler. Dass diese Hilfe notwendig ist, zeigt ein Blick in das volle Wartezimmer.

Familie zeigt sich dankbar

Innerhalb der Familie des verstorbenen Arztes ist man für die Initiative dankbar. Sohn Michael Schwarz ist zwar selbst Mediziner, doch mit seinem Vollzeitjob als Radiologe in St. Pölten hätte er die Ordination seines Vaters nicht weiterführen können: „Das war eine schnelle und tolle Hilfe in der größten Not, wir sind alle sehr dankbar." Er und seine Familie hätten sich dadurch „auf die wesentlichen Dinge zuhause konzentrieren können, nämlich darauf, mit der Situation zurecht zu kommen".

Für die beteiligten 15 Ärztinnen und Ärzte ist es auch eine Möglichkeit, „etwas zurückzugeben", wie es Elisabeth Skodler bezeichnet. Christian Schwarz sei ein Kollege gewesen, den aufgrund seines Engagements viele kannten, betont auch Florian Hoffer, ein Gemeindearzt aus Petzenkirchen (Bezirk Melk). Hoffer war an der Gründung der Initiative im März maßgeblich beteiligt und erzählt, dass Schwarz zu Lebzeiten gut vernetzt war: „Innerhalb dieses Netzwerks helfen wir jetzt weiter."

Offene Stellen, aber keine Bewerber

Das derzeitige System soll Hoffer zufolge nun „idealerweise bis sich ein Nachfolger findet" weitergeführt werden. Absehbar sei eine Weiterführung in dieser Form momentan bis zum Sommer. In den kommenden Wochen wird die Stelle ausgeschrieben, doch die Suche nach einem Nachfolger für die Ordination dürfte sich schwierig gestalten. „Leider sind bei uns in der Region sehr viele Ordinationen ausgeschrieben, für die sich kein Bewerber findet", sagt Hoffer.

Bei der Ärztekammer Niederösterreich bestätigt man das: Im Bezirk Melk geht etwa sowohl in St. Leonhard am Forst als auch in Mank im Herbst jeweils ein Arzt in Pension, in Mank ist zudem auch eine zweite Stelle ausgeschrieben. In Purgstall an der Erlauf (Bezirk Scheibbs) wurde eine Stelle kürzlich zum achten Mal ausgeschrieben. In der Nachbargemeinde Wieselburg sind gleich zwei Stellen offen, beide wurden nun zum 13. Mal ausgeschrieben. Und in Gresten ist eine Kassenstelle seit 2016 offen, sie wurde laut Angaben der Ärztekammer vor einigen Tagen zum 43. Mal ausgeschrieben.

Florian Hoffers eigene Motivation sei, „dem Christian einen persönlichen Gefallen zu tun". Er erzählt von einer Situation, in der er vor einiger Zeit selbst aus familiären Gründen eine Vertretung gesucht, aber nicht gefunden hat: „Damals hat Christian einfach gesagt, er macht das. Innerhalb von zwei Stunden saß er in meiner Ordination."

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