Miriam Khan

Online-Redakteurin, Hamburg

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"Hier hat mein Traum begonnen": Wie Kobe Bryant in Italien Basketball lernte - und so zum Superstar wurde

Kobe Bryant mit seinem Jugendteam in Reggio Emilia

Es war eine Kindheit zwischen Pizza, Pasta – und Basketball. Superstar Kobe Bryant wuchs unter anderem in Italien auf – hier machte er seine ersten Schritte auf dem Court, hier lernte er Basketball zu lieben. Eine ganze Region trauerte vor einem Jahr um "ihren" Helden.


Er sprach fließend italienisch, liebte Eis und das "dolce vita": Basketball-Superstar Kobe Bryant hat einen Großteil seiner Kindheit in Italien verbracht. Diese Zeit habe ihn "zu dem gemacht, was ich bin", sagt er einmal in einem Interview.

Vor einem Jahr, am 26, Januar 2020, kam er mit 41 Jahren bei einem Hubschrauber-Absturz ums Leben - und auch seine zweite Heimat Italien trauerte. Der stern blickt auf Bryants Kindheit in Italien.

Reggio Emilia - "ein ganz besonderer Ort"

Kobes Vater Joe "Jellybean" Bryant war, wie später sein Sohn, Profi-Basketballspieler in der nordamerikanischen Liga NBA. Nach seiner Zeit bei den Philadelphia 76ers, den San Diego Clippers und Houston Rockets zog die Familie Bryant 1984 nach Italien, wo Vater Joe seine Karriere in der italienischen Basketballliga ausklingen lassen wollte. Damals war Kobe sechs Jahre alt.

Die Familie lebte in unterschiedlichen Städten - doch keine prägte Kobe so stark wie Reggio Emilia, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, etwa 70 Kilometer nordwestlich von Bologna gelegen. Über sie sagte der Superstar 2016 in einem Interview mit der italienischen Basketballseite "Baskettime": "Ich bin hier aufgewachsen, ich bin hier mit meinen Freunden mit dem Fahrrad herumgefahren, und für mich ist das hier wirklich ein ganz besonderer Ort."

Nach dem Karriereende des Vaters zog die Familie 1991 zurück in die Staaten, wo Kobe zu einem der besten Basketballspieler aller Zeiten wurde. Eine Legende. Ein Mann, der überall erkannt wurde. Deswegen kam Bryant von Zeit zu Zeit zurück nach Reggio: "Hier finde ich Frieden", sagte er der "Baskettime". "Es gibt hier eine andere Art von Liebe in Reggio und das ist es, was mich so sehr an diesen Ort schweißt. Für jemanden, der nur in den USA aufgewachsen ist, ist das schwierig zu verstehen. Hier kann ich rausgehen und mir ein Eis holen, mit Freunden rumlaufen, auf einer Piazza stehen bleiben." Seine Töchter könnten das in Los Angeles nicht.

A propos Töchter: Seinen vier Mädchen gaben Kobe und seine Frau Vanessa Bryant die italienischen Namen Gianna Maria-Onore, Natalia Diamante, Bianka Bella und Capri.

"Kobe war besser als wir alle"

In Reggio machte der junge Kobe auch die ersten, entscheidenden Schritte auf dem Basketballcourt. Er war der einzige schwarze unter lauter weißen Jungs - und sorgte nicht nur deshalb für Aufsehen.

Einer seiner damaligen Mitspieler, Davide Giudici, sagte zum amerikanischen Sender CNN, das Team, die Pallacanestro Reggiana, sei "stark" gewesen. "Aber er war besser als wir alle. Mit 11 Jahren war er sich seiner Power schon sehr bewusst und wusste auch genau, was aus ihm einmal werden sollte." Giudici erinnerte sich weiter: "Ich glaube, wir wussten alle, dass er ein Basketballprofi werden würde. Aber damals wussten wir nicht, dass er einer der größten Stars der Welt werden würde."

Der lokalen Zeitung "Il Resto del Carlino" sagte Bryant bei einem Besuch 2016 - in flüssigem Italienisch -, seine Geschichte, sein "Traum" habe "hier begonnen", in Reggio. Auf dem Weg dorthin habe er seinen Begleitern im Auto erzählt: "Hättet ihr je gedacht, dass einer der besten Spieler der NBA hier aufwachsen könnte? Nichts ist weiter von Los Angeles weg. Das bedeutet: Jeder Traum kann wahr werden."

Taktik statt "zwischen-den-Beinen"-Spiel

Die Tatsache, dass er das Basketballspielen in Italien gelernt habe, sei für ihn ein Vorteil gewesen, sagte Bryant im März 2019 in einem Interview mit dem Weltbasketballverband FIBA. "Im Ausland habe ich die Grundbausteine des Spiels gelernt, nicht diese 'zwischen-den-Beinen'- und 'hinter-dem-Rücken'-Sachen."

Stattdessen sei es viel um Taktik gegangen: "Dinge, wie sich ohne den Ball zu bewegen, und ganz einfache, sichere Pässe zu spielen, linke Hand, rechte Hand. Wie man den richtigen Winkel findet beim 'bank shot'. Wie man sich hinter den 'screens' versteckt - die ganzen taktischen Sachen." Als er in die USA zurückgekehrt sei, "wussten die Kids dort nichts davon. Und sowas konnte man nicht in einem Tag oder in einer Woche lernen. Sowas musste man über Jahre lernen."

Ohnehin sei die italienische Liga zum damaligen Zeitpunkt "wahrscheinlich die beste Basketballliga der Welt gewesen", so Bryant zur FIBA. "Ich hatte das Glück, jeden Abend erstklassigen Basketball anschauen zu können."

Ein Mitspieler seines Vaters, Brian Shaw, erinnerte sich in einem Artikel auf der US-Sportwebsite "The Players Tribune" anlässlich Bryants Karriereende 2016 an den jungen Kobe: "Er war schon damals völlig verrückt nach Basketball." Vor Spielen der "Großen" habe er oft versucht, sich mit seinen Vorbildern warmzumachen. "Ich spreche nicht von ein paar einfachen Rebounds, wie ein Balljunge oder so. Dieser Junge stellte sich einfach in die Korbleger-Schlange, als wäre er Teil des Teams."

Trauer um Kobe Bryant in Reggio Emilia

Vor einem Jahr stürzte Kobe Bryant bei einem Hubschrauberflug ab. An Bord waren auch seine 13-jährige Tochter Gianna und sieben weitere Menschen. Niemand überlebte das Unglück. Überall auf der Welt traurten Menschen um den 41-Jährigen - auch in Italien.

Der Bürgermeister von Reggio Emilia, Luca Vecchi, schrieb auf Facebook, Bryant sei "eine Legende" und für viele in der Stadt "einer aus Reggio" gewesen.

Sein ehemaliger Verein Pallacanestro Reggiana teilte Fotos des jungen Kobe Bryant auf Twitter mit den Worten "Für immer einer von uns". Auch NPC Rieti, wo sein Vater zeitweise unter Vertrag stand, beklagte auf Twitter Kobe Bryants Tod: "Du hast uns zum Träumen gebracht, du hast uns mitfiebern und vor allem uns verlieben lassen."

Der italienische Basektballbund FIP teilte mit, dass in Gedenken an Bryant "bei allen Spielen in jeder Spielklasse die ganze Woche lang" eine Schweigeminute vor Anpfiff angesetzt sei.

Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 27. Januar 2020. Anlässlich des Jahrestags des tödlichen Hubschrauberabsturzes haben wir ihn erneut in angepasster Form veröffentlicht.

Quellen: "Baskettime", CNN, FIBA.com, " Il Resto del Carlino", theplayerstribune.com, FIP.it

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