Miriam Khan

Online-Redakteurin, Hamburg

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Mysteriöse Todesserie: Sechs US-Touristen in benachbarten Hotels gestorben

Eine unheimliche Serie erschüttert die Dominikanische Republik: Innerhalb weniger Monate sind auf der Karibikinsel sechs Touristen gestorben - alle jeweils in benachbarten Hotelanlagen. Die Autopsieberichte klingen beunruhigend. Dutzende weitere Menschen sind schwer erkrankt.

Sie suchten das Paradies - und fanden den Tod: Als Cynthia Day, 49, und Edward Holmes, 63, am 25. Mai 2019 in ihr Hotel eincheckten, ahnten sie nicht, dass sie es nie mehr verlassen würden. Die beiden US-Amerikaner aus dem Bundesstaat Maryland starben am 30. Mai in ihrem Zimmer im Bahia Principe La Romana. Hotelmitarbeiter fanden ihre Leichen, als sie dort nach dem Rechten sehen wollten. Day und Holmes waren nicht zum vereinbarten Check-Out erschienen, berichteten mehrere US-Medien. In ihrem Zimmer gab es keine Anzeichen von Gewalt.

Am gleichen Tag wie die beiden Amerikaner checkte im benachbarten Schwesterhotel Bahia Principe Bouganville eine Landsfrau von ihnen ein: Miranda Schaup-Werner, 41, und ihr Mann Daniel Werner aus Pennsylvania. Die Reise war ein gegenseitiges Geschenk zum Hochzeitstag. Doch auch Schaup-Werner überlebte den Urlaub nicht - nicht einmal den ersten Tag. Genau wie Day und Holmes starb sie in ihrem Hotelzimmer.

Die Autopsieberichte ähneln sich

Wie in den Autopsieberichten nachzulesen ist, erlitten sowohl Schaup-Werner als auch Day und Holmes in ihren letzten Lebensminuten ein Lungenödem und einen Atemstillstand. Alle drei hatten Flüssigkeit in den Lungen, berichtete die "Washington Post".

Die Ärzte stellten zudem fest, dass Day ein Hirnödem hatte und dass sie und ihr Verlobter innere Blutungen erlitten hatten, unter anderem an ihren Bauchspeicheldrüsen. Holmes soll außerdem ein vergrößertes Herz und Leberzhirrose gehabt haben. Darüber hinaus fanden die Ermittler in dem Zimmer der beiden Blutdrucksenker und den Schmerzstiller Oxycodon. Beide Medikamente deuten darauf hin, dass Day und Holmes Vorerkrankungen hatten.

Auch bei Schaup-Werner gab es gesundheitliche Vorbelastungen: In ihrem Autopsiebericht steht, dass die 41-Jährige einen Herzinfarkt erlitten hat, kurz bevor sie starb. Ihre Familie bestätigte gegenüber US-amerikanischen Medien, dass sie bereits zuvor Herzprobleme gehabt habe.

Ein Drink aus der Minibar, dann stürzte sie zu Boden

Daniel Werners Schwager Jay McDonald, der als Sprecher der Familie auftritt, sagte zu Fox News, es sei alles "sehr schnell gegangen". Kurz nach der Ankunft im Hotel seien die beiden auf Zimmer gegangen, wo sich Schaup-Werner einen alkoholhaltigen Drink gemixt habe. Zum TV-Sender WFMZ in Schaup-Werners Heimatstadt Allentown sagte McDonalds, das Getränk sei mit Zutaten aus der Minibar zubereitet worden.

Anschließend habe sich die 41-Jährige aufs Bett gesetzt und ein Selfie mit ihrem Telefon gemacht. Dann habe sie plötzlich "angefangen zu schreien" und sei zu Boden gestürzt, so McDonald zu Fox News. Ihr Mann habe daraufhin versucht, sie wiederzubeleben und nach Hilfe gerufen. Doch die hinzugeeilten Ärzte konnten nur noch den Tod der Frau feststellen.

Weitere Todesfälle in anderen Hotels in der Dominikanischen Republik

Eine knappe Autostunde von den beiden Hotels in La Romana entfernt liegen zwei weitere Resorts: das Hard Rock Hotel & Casino Punta Cana und das Bahia Principe Punta Cana - beide in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander. Letzteres gehört zur gleichen Kette wie die beiden Anlagen in La Romana. Auch in diesen Hotels gab es Todesfälle.

Mitte April 2019 checkte Robert Wallace ins Hard Rock Hotel ein, auch er US-Amerikaner. Der 67-Jährige wurde nach Medienberichten am 12. April zuletzt lebend gesehen. Wie seine Nichte Chloe Arnold zum US-Magazin Rolling Stone sagte, habe ihr Onkel am Abend einen Drink aus der Minibar zu sich genommen und sei daraufhin schwer erkrankt. "Er fing an, sich sehr schlecht zu fühlen. Er hatte Blut im Urin und im Stuhl", so Arnold. Wallace starb drei Tage später im örtlichen Krankenhaus.

Witwe zweifelt Autopsiebericht an

Einige Monate zuvor, im Juli 2018, starb ein weiterer US-Amerikaner im gleichen Hotel: David Harrison. Seine Witwe, Dawn McCoy, sagte zum US-Sender WTOP, im Autopsiebericht habe gestanden, ihr Mann habe einen Herzinfarkt und ein Lungenödem erlitten. Nachdem sie nun die Geschichten der anderen Todesfälle gehört habe, glaube sie nun aber "nicht mehr, dass mein Mann eines natürlichen Todes gestorben ist."

Harrison sei am Vorabend früh zu Bett gegangen, weil er sich nicht gut gefühlt habe, schilderte seine Witwe. Wenig später wachte er schweißüberströmt wieder auf. "Er konnte sich nicht aufrecht hinsetzen und er machte komische Geräusche", so McCoy. Er habe Probleme gehabt, "aus dem Bett zu kommen und zu sprechen." Sie habe versucht, mit ihrem Mann zu kommunizieren, aber er habe nur murmeln können. Erst 20 Minuten später sei ärztliche Hilfe gekommen. Doch ihr Mann habe nicht überlebt.

Ein Drink, eine Dusche, dann starb Yvette Sport

Im benachbarten Bahia Principe Punta Cana starb eine weitere US-Amerikanerin. Yvette Monique Sport, 51, checkte im Juni 2018 mit ihrem Verlobten dort ein. Auch sie starb wenige Tage später, auch bei ihr stand "Herzinfarkt" im Autopsiebericht. Ihre Schwester Felecia Nieves sagte zum US-Sender NBC10, Sports Tod sei "qualvoller Horror" gewesen. Die 51-Jährige habe nach Angaben ihrer Schwester einen Drink aus der Minibar zu sich genommen, sei dann unter die Dusche gesprungen und wollte den Abend ausklingen lassen.

Als ihr Verlobter am nächsten Tag aufwachte, habe Sport bewusstlos neben ihm gelegen, so Nieves weiter. Er habe sie daraufhin angestupst, aber Sport habe keinen Ton mehr von sich gegeben. Sie sei bereits tot gewesen.

Das FBI ermittelt nun in der Dominikanischen Republik

Sechs mysteriöse Todesfälle in elf Monaten - wie kann das sein? Das versucht nun das FBI herauszufinden. Zusammen mit den lokalen Behörden untersuchen die Ermittler, ob es zwischen den Vorkommnissen eine Verbindung gibt.

Das US-Außenministerium hat unterdessen eine Reisewarnung der Stufe 2 (von vier möglichen) für die Dominikanische Republik herausgegeben. Touristen sollten in dem Land unbedingt "erhöhte Vorsicht" walten lassen. Die Warnung bezog sich allerdings nicht auf mögliche Krankheitsfälle, sondern auf Kriminalität.

Hunderte Ex-Gäste beschweren sich im Internet

Auffällig: In beiden Regionen mehrten sich in den letzten Monaten Krankheitsfälle. Auf der Webseite iwaspoisoned.com können Restaurant- und Hotelbesucher melden, wenn sie den Verdacht haben, bei ihrem Besuch eine Lebensmittelvergiftung erlitten zu haben.

Vor allem zu den beiden Hotels in Punta Cana gibt es hunderte Einträge. Auch aus den Resorts in La Romana gibt es Meldungen. Ehemalige Gäste berichten, sie hätten während oder nach ihren Aufenthalten an Übelkeit, Brechreiz, Fieber und Durchfall gelitten. Einige Besucher klagten sogar noch Wochen später über Symptome.

Steckt ein Insektengift hinter den Krankheitsfällen?

So auch Kaylynn Knull, 29, und ihr Freund Tom Schwander, 33. Die beiden US-Amerikaner haben Klage eingereicht gegen das Grand Bahia Principe Hotel in La Romana, genau das Hotel, in dem Day und Holmes ums Leben kamen. Wie das Paar gegenüber CNN berichtete, hatte es im Juni 2018 dort Urlaub gemacht und sei dabei schwer krank geworden. Am sechsten Tag ihres Aufenthalts sei sie mit einem bohrenden Kopfschmerz aufgewacht, so Knull. Sie habe zunächst gedacht, sie sei dehydriert, doch auch nach dem Frühstück sei es ihr nicht besser gegangen. Als sie und ihr Freund ins Zimmer zurückgekommen seien, hätten sie beide einen "chemischen Geruch" wahrgenommen, "als ob jemand die Wände gestrichen hätte."

Knull und Schwander riefen daraufhin eine Mitarbeiterin des Houskeeping zu Hilfe. Diese sei hereingekommen, habe angeekelt mit der Hand vor der Nase gewedelt und den Raum sofort wieder verlassen, schilderte Knull gegenüber CNN. Der Hotelmanager habe ihnen schließlich ein Luftreinigungsgerät vorbeigebracht. Außerdem habe es ein Upgrade in ein "Luxuszimmer" gegeben. Aber auch dort hätten beide Kopfweh bekommen - und nicht nur das: Magenkrämpfe, die sich anfühlten wie "Kettensägen", Durchfall, Blut im Stuhl, tränende Augen, verschwommene Sicht, Sabbern und Schwitzen.

Da habe sie sich erinnert, so Knull, dass sie zuvor beobachtet habe, wie ein Mitarbeiter im Garten Palmgewächse besprüht hatte, die direkt vor diversen Klimaanlagen standen. Ein Insektengift?

Als die Schmerzen immer schlimmer wurden, brach das Paar seinen Aufenthalt schließlich ab. Zuhause gingen beide zum Arzt. Dieser diagnostizierte eine Vergiftung, die wahrscheinlich auf Phosphorsäureester zurückzuführen sei, so Knull zu CNN. Diese chemischen Stoffe findet man oft in Pestiziden, einer Studie zufolge sollen sie jährlich für bis zu 300.000 Todesfälle verantwortlich sein.

Knull und Schwader sind überzeugt, dass auch sie zu Opfern des Pesitizids wurden und wollen das Hotel nun vor Gericht zur Rechenschaft ziehen.

Was sagen die Hotels dazu?

Stern.de hat die betreffenden Hotels mit den Anschuldigungen der Gäste und den mysteriösen Todesfällen konfrontiert. Bisher gab es kein offizielles Statement dazu.

Nach den drei Todesfällen in La Romana veröffentlichte die Bahia-Gruppe jedoch eine offizielle Verlautbarung auf Twitter. Die Vorfälle hätten in zwei unterschiedlichen Hotels stattgefunden, hieß es darin. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte, dass sie miteinander in Verbindung stünden. Gleichzeitig verwies das Unternehmen darauf, dass man allein in der Dominikanischen Republik jährlich 700.000 Gäste beherberge, und zitierte den US-Botschafter: "2,7 Millionen Amerikaner besuchen dieses Land jedes Jahr. (...) Leider passieren diese Dinge manchmal."

In einem weiteren Statement heißt es, dass die Berichterstattung in verschiedenen Medien "falsch" gewesen sei, und dass das Unternehmen deshalb "großen Schaden" hinsichtlich Image und Ansehen erlitten habe. Gleichzeitig sprach man den Angehörigen Beileid aus.

In einem Statement gegenüber dem Magazin "Rolling Stone" teilte ein Sprecher des Hard Rock Hotel & Casino Punta Cana mit, dass "die Sicherheit und Gesundheit unserer Gäste jetzt und schon immer unsere höchste Priorität ist". Außerdem gebe es Hotelprotokolle, die unter anderem die tägliche Inspektion der Minibars enthalte.

Quellen: Bericht im Rolling Stone, Krankheitsmeldungen auf iwaspoisened.com, Bahia-Statement 1, Bahia-Statement 2, Bericht auf NBC10, Bericht auf WTOP, Bericht auf Foxnews, Bericht auf WFMZ, Autopsieberichte, CNN-Bericht

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