Miriam Khan

Online-Redakteurin, Hamburg

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Verhandlungs-Durchbruch: So verteidigt Scholz den GroKo-Kompromiss

Deutschland ist einer neuen Regierung einen großen Schritt näher gekommen: Am Freitagfrüh verlautete aus Berlin, es habe bei den Sondierungsgesprächen zu einer möglichen Neuauflage der Großen Koalition einen „Durchbruch" gegeben. Die Hamburger CDU zeigte sich erleichtert, Bürgermeister Olaf Scholz verteidigte das von ihm mit ausgehandelte Papier, Katharina Fegebank von den Grünen findet es dagegen eher „trist".

Er war sogar zum Koalitions-Poker gejoggt: Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz verhandelte bei den Sondierungsgesprächen zu einer möglichen GroKo eifrig mit. Klar, dass er das nun beschlossene Papier nach Abschluss der Beratungen direkt verteidigte: „Es waren schwierige Sondierungen. Jetzt aber haben wir ein gutes Ergebnis erzielt", so Scholz am Freitagmittag.

Hinsichtlich der Inhalte ließ er verlauten: „Ein Kurswechsel in der Europapolitik steht bevor. Es wird deutlich in die Digitalisierung und Forschung und Entwicklung investiert. U- und S-Bahnen werden endlich stärker finanziell gefördert. Ganztagsschulen und gebührenfreie Kitas können jetzt überall in Deutschland eingeführt werden. Der Soli fällt für alle mittleren und niedrigen Einkommen weg, davon profitieren 90 Prozent der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Anders als bisher werden Arbeitgeber nicht mehr einen geringeren Krankenkassenbeitrag zahlen als die Arbeitnehmer; es herrscht wieder Parität. Wir stabilisieren das Rentenniveau und schaffen eine neue Grundrente. Für die Eingliederung Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt steht künftig erheblich mehr Geld zur Verfügung. Wir etablieren einen sozialen Arbeitsmarkt. Der soziale Wohnungsbau wird dauerhaft auf hohem Niveau gefördert; Mieter profitieren von der Senkung der Modernisierungsumlage. Deutschland erhält ein modernes Einwanderungsrecht. Die Kommunen werden weiterhin finanziell bei der Integration unterstützt."

Das alles seien „gute und wichtige Beschlüsse", von denen „die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land profitieren" würden.

Zufrieden zeigte man sich auch beim zukünftigen Bundes-Koalitionspartner CDU: „Die Vereinbarungen übertreffen auch meine bisherigen Erwartungen und sind eine gute Grundlage für die weitere positive Entwicklung unseres Landes", sagte der Fraktions-Chef der Hamburger CDU, André Trepoll, am Freitag. Gleichzeitig sprach er sich gegen potenzielle Steuererhöhungen aus, die während der Sondierungsgespräche immer wieder thematisiert worden waren. Sie seien in Zeiten von Rekordeinnahmen ein „fatales Signal", so Trepoll.

Die Rolle Angela Merkels lobte der Hamburger CDU-Fraktionschef indes besonders: Eine stabile Regierung unter einer erfahrenen Chefin sei in Zeiten internationaler Unsicherheit genau das Richtige für die exportabhängige Wirtschaft Hamburgs.

Weniger Euphorie herrscht dagegen bei Hamburgs Grünen. Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank sprach von einem „tristen Berliner Sondierungsergebnis" und dass sie angesichts dessen froh sei, „dass wir in Hamburg mit klarer rot-grüner Richtung regieren können."

Weiter heißt es in ihrem Statement: „Die Einigung von Union und SPD ist der 28 Seiten lange Versuch, sich die gute alte Zeit mit Steuergeld zurückzukaufen. Das Papier atmet die verklemmte Furcht vor den Realitäten eines modernen Einwanderungslandes."

Besonders kritisiert Fegebank die fehlende grüne Note des ausgehandelten Papiers. Es spare „penibel jedes Spurenelement ökologischer Modernisierung aus. Ein Thema wie E-Mobilität ist Schwarz-Rot gerade mal einen Halbsatz wert. Den Kohleausstieg schafft man sich vom Hals, indem man ihn erstmal in eine Kommission abschiebt. Und vom selbst gesteckten Klimaziel 2020 bleibt nur noch peinliches Gedruckse übrig. Die Lücke will man nun nur noch ,so weit wie möglich reduzieren'. Bislang setzte sich die Große Koalition zumindest noch Ziele beim Klimaschutz. Jetzt hat sie nicht mal mehr die."

Zugute hält Fegebank den Sondierern: „Bei Kinderarmut und Pflege hat Schwarz-Rot von Jamaika manches Gute abgeschrieben. Bei wirtschaftlicher Dynamik und Gründerförderung hingegen leider weniger. Was bleibt: Die einzige programmatische Klammer von Union und SPD ist das Angstklammern vor der Zukunft."

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