Miriam Khan (29) wohnt seit 2010 in Hamburg. Davor hat die gebürtige Bayerin ein halbes Jahr in München verbracht - und war dort nicht glücklich. Hamburg hingegen hat sie sofort ins Herz geschlossen!
Mein erster Besuch hier war ziemlich ernüchternd. Es war im Juli vor acht Jahren, Hochsommer in meiner bayerischen Heimat. Ich war zu einem Vorstellungsgespräch in Hamburg eingeladen und stieg in München bei knapp 30 Grad in den Flieger. Wir landeten, ich stieg aus - und kam mir vor wie der schlimmste Ballermann-Tourist.
Alle trugen langärmlige Pullis, lange Hosen, Regenjacken. Ich trug ein T-Shirt, einen bunten Rock und offene Schuhe. Das Bewerbungsgespräch tags drauf lief dann zwar gut - aber irgendwie deprimierte mich die Vorstellung, in eine Stadt zu ziehen, in der mich im Sommer 17 Grad und Nieselregen erwarten.
Ich tat es trotzdem. Und ja, der Juli war bescheiden. Der August auch. Aber dann kam der September - und mit jedem Tag wurde meine Hamburg-Liebe größer: Die Sonne strahlte vom Himmel, als würde sie dafür bezahlt. Die Beach-Clubs am Hafen stellten ihre Klappstühle ganz vorn an die Wasserkante. Im Kaifu überboten sich die Turmspringer an Waghalsigkeit. Das Schulterblatt wurde für den Verkehr gesperrt, weil sich Tausende Menschen auf der Straße tummelten. Ich fuhr mit dem StadtRad durch den lauen Sommerabend nach Hause und konnte es gar nicht glauben: Was für ein Lebensgefühl!
Denn genau das ist es, was Hamburg zur schönsten Stadt der Welt macht: das Lebensgefühl.
Als ich erst wenige Wochen hier wohnte, war ich an einem Samstagnachmittag mit einem Freund (ich habe ihn mittlerweile geheiratet!) in der City unterwegs. Es war laut und trubelig. „Komm, wir gehen rüber nach Planten un Blomen", sagte er. Wir nahmen den Eingang am Stephansplatz, gingen einige Meter - und keine Spur mehr von Trubel, Hektik, Abgasen. Im Hintergrund ragten Fernsehturm und Radisson-Hotel in den Himmel, im Vordergrund saftig-grüne Bäume.
Eine Oase mitten in der quirligen Stadt - und nicht die einzige! Stadtpark, Eppendorfer Moor, Niendorfer Gehege, dazu die grünen Kanal-Läufe... viel Platz zum Durchatmen!
Das gelingt aber auch anderswo: Alster und Elbe, Stadtparksee und Öjendorfer See, Isebekkanal und Osterbekkanal - ums Wasser kommt man in Hamburg buchstäblich nicht herum. Und das ist gut so! Wenn ich bei Sonnenschein über die Kennedybrücke fahre und die gleißend-weißen Segel sehe, die über die Außenalster gleiten - ja, da bin ich schon stolz, in einer Stadt zu leben, in der man fürs Bootfahren nicht mal die Innenstadt verlassen muss.
Und apropos Boote: Wer lieber auf die großen Pötte schaut, der fährt zum Hafen. Schiffe aus Afrika, Südamerika, Asien - sie laufen alle ganz selbstverständlich die Elbe rauf und bringen nicht nur Waren, sondern auch Menschen aus aller Welt in unsere Stadt. Das war schon immer so - und das merkt man. Hamburg hat auch mich als Zugezogene mit offenen Armen begrüßt. Immer wenn ich in München in die S-Bahn gestiegen bin, überkam mich ein Gefühl des „Ich gehöre hier nicht her". Wenn ich heute in die U3 steige, habe ich diesen Gedanken nicht - und hatte ihn auch nie. Von Anfang an gab mir diese Stadt das Gefühl: Du bist willkommen.
In Hamburg ist es nämlich egal, wer du bist und woher du kommst. Hier gibt es kein „mia san mia" oder ähnliche Schwachsinnigkeiten. Und das, was viele Quiddjes oft als „kühl" bezeichnen, ist in Wahrheit nichts anderes als bodenständige Unaufgeregtheit. Hier wird nämlich nicht geplärrt, um sich Gehör zu verschaffen - hier geht man das Ganze mit nordischer Gelassenheit an.
Fairerweise muss man sagen: Die braucht man auch, vor allem wenn es ums Wetter geht. Ja, es regnet oft. Und knackige 30 Grad über mehrere Tage sind auch selten - umso mehr müssen die vorhandenen Sonnenstunden genutzt werden. Kaum ist der letzte Rest Schnee weggetaut und der erste Sonnenstrahl in Sicht, stellen die Wirte ihr Mobiliar raus. Es mag noch so kalt sein: Wenn die Sonne scheint, wird draußen gesessen. Im Sommer natürlich besonders schön: Auf ein Feierabendbier in den Central Park gehen, einen Spritz an der Alsterperle bestellen, einen Cocktail im Beachclub schlürfen - wer braucht da schon Biergärten?
Man wirft den Hamburgern ja gerne vor, es mit der Liebe zu ihrer Stadt zu übertreiben. Klingt auch immer ziemlich kitschig: „schönste Stadt der Welt". Aber wieso nicht sagen, was stimmt? Wer niemals in dieser Stadt gewohnt hat, wird all das nicht nachvollziehen können. Das Glitzern der Alster im Sonnenlicht. Wie sich die riesigen Containerschiffe am Elbstrand entlang in den Hafen schieben. Das viele Grün überall. Das Heimatgefühl.
Es mag sein, dass in Hamburg nicht so oft die Sonne scheint. Aber wenn sie scheint, dann gibt es für mich keinen Zweifel: Diese Stadt ist die schönste der Welt!
Haltung, bitte! Auf der täglichen „Standpunkt"-Seite schreiben MOPO-Redakteure und Gast-Autoren aus ganz persönlicher Sicht über Themen, die Hamburg bewegen. Darüber darf gern diskutiert werden! standpunkt@mopo.de
* Das ist die Hamburger Bezeichnung für „Auswärtiger" oder „Zugezogener" - also für einen Nichthamburger.
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