Ihre Bühne sind zweimal zwei Meter Asphalt. Wer Elen Wendt live erleben möchte, muss keinen Eintritt zahlen, er muss nur das Glück haben, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Die junge Frau, die sich als Musikerin nur Elen nennt, spielt seit sieben Jahren auf verschiedenen Bühnen der Stadt. Ihren Stammplatz hat sie jedoch an der Schönhauser Allee. Mitten im Gewusel der Passanten sitzt sie vor der S-Bahn-Station auf einem Hocker, die Gitarre im Arm.
Einen kleinen Verstärker und ein Mikrofon – mehr braucht sie nicht, um ihr kleines Wunder im Alltagsgeschehen zu vollbringen: Die Menge teilt sich, Umhereilende bleiben spontan stehen, Kinder wippen im Takt und in so manchen Augen glänzt mitunter ein Träne. Mit ihrer tiefen und leicht rauchigen Stimme trägt Elen eigene und Cover-Songs als bodenständigen Folk vor, in die sie ein berührendes Vibrato und viel Gefühl legt. Das erinnert an Tracy Chapman oder Sinead O’Connor, große Kunst am Wegesrand.
Ihr Talent ist offensichtlich. Und
blieb auch den Scouts der Musikbranche nicht verborgen. Vor drei Jahren
wurde sie angesprochen und zur Casting-Show The Voice of Germany
eingeladen. Nach einigem Überlegen sagte sie zu und begeisterte mit
einem Cyndi Lauper-Song die Jury. Doch der Ausflug in die große Pop-Welt
blieb nur eine kurze Episode. Elens Vorstellungen darüber, was das
Wesen ihrer Musik ausmacht, ließen sich mit den Gesetzen der
Musikindustrie nicht vereinen. „Es geht um Zeit und Geld, um Alben, die
vor allem als Promomaterial fürs Touren aufgenommen werden“, sagt sie.
Und ein Leben ohne ihre Familie, Freunde und ihren Hund habe sie sich auch nicht vorstellen können. Elen packte ihre Gitarre und bezog wieder ihre Bühne auf den Berliner Straßen. „Ich würde am liebsten alles zu Hause machen und die Welt zu mir einladen“, sagt sie. Sieben Jahre Straßenmusik sind eine harte Schule für eine Musikerin. Doch Elen betont, es gäbe härtere Jobs draußen, wo „dir trotz eisiger Kälte kein Mensch auf die Schulter klopft“. Warm anziehen, Tee trinken, dann gehe es schon.
Wenn Elen Wendt Musik macht, scheint sie ohnehin die Welt zu vergessen. Ihr Blick auf ihre Stadt hat sich für die gebürtige Berlinerin verändert. Die Menschen seien bei weitem nicht so einsilbig und ignorant, wie man denken könnte. Viele gingen mit offenen Augen durch die Welt, persönliche und berührende Momente hat sie erlebt. Von diesen Momenten erzählt Elen in ihren eigenen Songs.
Ihr erstes Album, „Elen“ benannt, kommt am 6. Februar auf den Markt. Die erste Single „Nobody Else“ ist am 12. Dezember erschienen. Finanziert hat die freiheitsliebende Musikerin die Produktion per Crowdfunding. Ihre Kampagne wurde ein voller Erfolg. Ihre Geschichte und ihre Art Musik zu machen, haben die Menschen begeistert. Es war nicht einfach, ohne großes Plattenlabel im Rücken. Herausgekommen ist ein echtes Band-Album mit Bass, Schlagzeug, Gitarren und Klavier, das unter Live-Bedingungen mit hervorragenden Musikern eingespielt wurde.
Elen geht bewusst ihren Weg. „Meine Selbstbestimmtheit ist mir sehr wichtig, deshalb wird es wohl auch in Zukunft nicht einfacher.“ Sie will weiterhin mit Leuten arbeiten, die sie schätzt und die ihrer Musik den Raum zur Entfaltung geben, der für sie die Seele ausmacht.
Ein Plätzchen im Regal
Sie wünscht sich „einen kleinen Platz im Plattenregal“ für ihr neues Album. „In den Songs steckt doch sehr viel Lebensfreude und eben die geliebte Freiheit. Wenn die Platte dafür stehen könnte, das Hier und Jetzt mitzunehmen und einfach eine schöne Zeit zu genießen, die Dinge auf sich zukommen zu lassen, egal, wie sie sind, und nicht immer nach noch mehr, noch höherem zu streben, dann habe ich erreicht, was ich wollte.“
Einen Euro pro verkaufter CD spendet sie dem Jugendwerk ARCHE, bestellen kann man das Album über: Elenonline.com.
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