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Schließer sollen geschmuggelt haben: Illegaler Außenkontakt im Knast

Schließer sollen geschmuggelt haben

Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt Bremervörde sollen am Handel mit Handys und Drogen beteiligt gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in dem Fall.

HAMBURG taz | In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bremervörde sollen Handys und Drogen geschmuggelt worden sein - auch von Mitarbeitern des Gefängnisses. Die Staatsanwaltschaft Verden hat nun bestätigt, dass sie gegen mehrere Personen ermittelt. Die Opposition im niedersächsischen Landtag fordert die dringende Aufklärung der Fälle, über die Der Spiegel berichtet hatte.

Demnach richten sich die Vorwürfe gegen mindestens fünf Mitarbeiter von privaten Dienstleistern, die im Gefängnis tätig sind. Vollzugsbeamte hätten mindestens 34 Handys, die hinter Gittern streng verboten sind, und etliche Drogen in der Haftanstalt sichergestellt, heißt es in dem Bericht.

Die JVA Bremervörde ist das erste teilprivatisierte Gefängnis in Norddeutschland. Die Zusammenarbeit zwischen den privat angestellten Mitarbeitern und den Justizvollzugsbeamten sei reibungslos, hieß es noch in einer im Juni 2016 veröffentlichten Antwort des Justizministeriums auf eine Anfrage von SPD und Grünen. Grund dafür seien insbesondere die eindeutig definierten Arbeitsprozesse, die vollzugliche Aufgaben lediglich für die Beamten vorsehen.

„Der Anfangsverdacht hat sich bestätigt", sagte Lutz Gaebel von der Staatsanwaltschaft Verden am Freitag. Die Behörde bestätigte, dass sie seit Anfang 2016 ermittelt - zunächst verdeckt, seit Anfang 2017 auch offen. „Welchen Umfang dieses Verfahren haben wird, werden wir am Ende der Ermittlungen sehen", sagte Gaebel. Näher wollte die Staatsanwaltschaft sich nicht äußern.

Dem Spiegel zufolge soll ein Häftling Anfang 2016 bei einem staatlichen Gefängnisaufseher vorgesprochen und von einem Schlepper berichtet haben, der die Handys besorge. Außerdem solle es einen korrupten Mitarbeiter im Knast geben, der bis zu 2.000 Euro im Monat nebenbei kassiere. An den Bediensteten würden präparierte Pakete geschickt, in denen die Handys zwischen Bohrmaschinen oder anderen Werkzeugen versteckt seien, heißt es in dem Bericht.

Der Gefängnisleiter Arne Wieben soll demnach im Februar 2016 Strafanzeige gestellt und nach einigen Monaten Druck auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt haben, indem er einen Brief an die Behörde schrieb, in dem von Hinweisen auf „organisierte Strukturen" die Rede gewesen sein soll. Der Brief soll eine Reaktion darauf gewesen sein, dass im Sommer zwölf weitere Handys gefunden wurden. Erst im Anschluss daran sei Bewegung in die Ermittlungen gekommen, schrieb Der Spiegel. Aktuell wollte die JVA Bremervörde sich nicht zu den Vorfällen äußern. Wieben verwies auf das laufende Verfahren.

Der niedersächsische CDU-Abgeordnete Otto Deppmeyer fordert eine schnelle Aufklärung der Vorfälle. „Der Vorgang macht fassungslos.", sagte er. „Ministerin Niewisch-Lennartz muss dringend erklären, wieso die Strafverfolgungsbehörde monatelang nichts tut, während Drogen und Handys in ein Gefängnis geschmuggelt werden." Derartige Vorfälle seien allerdings nicht das alleinige Problem einer teilprivatisierten JVA.

Eine Sprecherin des Justizministerium verwies darauf, dass die Staatsanwaltschaft Verden als Zentralstelle für Korruptionsstrafsachen ein umfangreiches Verfahren leite. „Derzeit besteht kein Anlass, die private Partnerschaft in Frage zu stellen", sagte sie. Den Betrieb der JVA, deren Teilprivatisierung unter der Vorgängerregierung beschlossen worden war, begleite das Ministerium kritisch.

SPD-Abgeordneter Marco Brunotte sagte, man müsse genau beobachten, ob an den Schnittstellen zwischen staatlichen und privaten Mitarbeitern etwas schief gelaufen sei. Er gehe davon aus, dass es eine detaillierte Fehleranalyse geben werde.

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