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Spurensuche - Alles so schön bunt hier

Spurensuche In der Stadt, aus der die NSU-Täter stammen, verdrängen viele die Verbrechen. Warum fällt Jena das Erinnern so schwer?

NSU, ist das eine Partei?" Die Frau lächelt mit großen Augen, sortiert weiter ihre Zwiebeln und bedient hastig die nächste Kundin. An einem Freitagnachmittag Anfang Mai ist wenig los auf dem Jenaer Marktplatz. Ein paar Rentner, Jugendliche, die gerade von der Schule kommen, und Eltern mit Kinderwagen schlendern zwischen dem Rathaus und dem Stadtmuseum Göhre. Sanierte Backsteinbauten, durchsetzt mit den letzten DDR-Platten und feschen Neubauten, zieren die Gassen, in der Mitte der Jentower, das höchste Gebäude der Stadt. Sauber und aufgeräumt ist es hier, die Mieten sind ähnlich hoch wie in München. Nichts erinnert an die Opfer der schlimmsten rassistisch motivierten Mord- und Anschlagsserie in Nachkriegsdeutschland. Die Täter kommen von hier.

Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt lernten sich in den 1990ern im Jugendhaus Winzerclub in Jena-Winzerla kennen. Die Nazi-Szene hat in Jena eine lange Tradition. Schon während der DDR gab es in den 1970ern und 1980ern eine regimekritische rechte Szene. Mitte der 1990er Jahre formierte sich der Thüringer Heimatschutz, der Kontakte zur NPD pflegt. Auch das NSU-Trio gehörte dieser Kameradschaft an. Besonders bekannt für rechtsradikale Übergriffe sind bis heute das Umland und Jena-Lobeda. Aus dieser Szene entwickelte sich ein Trio mit einer Schlagkraft, wie sie die Stadt nicht erwartet hätte.
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Milan Ziebula ist in den frühen 1990er Jahren in Jena geboren und dort aufgewachsen

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