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Testfahrt im Model 3 - Teslas großer kleiner Wurf?

„Und was nervt Dich jetzt eigentlich am Model 3?“, frage ich Andreas Aldrian, während wir mit dem neuesten Tesla über eine Autobahn im österreichischen Salzkammergut sausen. Wir sitzen schon gut eine Stunde in dem Mittelklasse-Elektroauto, Andreas hat seitdem nur geschwärmt vom Model 3 und über die Vorzüge des Fahrzeugs gesprochen. Jetzt überlegt er. Lange. Sehr lange. Er und das Team von G-Electric waren Anfang 2018 mit die ersten, die ein Model 3 nach Europa importiert haben, mittlerweile haben sie gut 12.000 Kilometer damit zurückgelegt, Andreas einen großen Teil davon.

Die Straßenlage, die Beschleunigung, das Design, die Verarbeitung, nur Lob hatte der E-Auto-Unternehmer für das Model 3 übrig. „Wenn es mein Alltagsauto wäre, wäre mir die Öffnung in den Kofferraum zu klein“, stellt er schließlich fest. Das wird auch später beim Fototermin deutlich, Gepäck muss man wegen der weit und tief nach hinten gezogenen Panorama-Heckscheibe wie in einen Pizzaofen ins allerdings erfreulicherweise sehr geräumige Heck schieben. Alternativ packt man kleines Gepäck einfach in den leicht erreichbaren Frunk, den vorderen Kofferraum unter der Motorhaube. Ein Koffer in Kabinengröße hat darin locker Platz. Das tiefe Heck wird auch groß gewachsenen Passagieren auf den hinteren Plätzen zum Verhängnis, spätestens ab 1,90 Meter Körpergröße schleift der Dachhimmel die Frisur in unerwünschte Richtungen.

„Und die seitlichen Rückspiegel könnten etwas größer sein“, merkt Andreas an. Nach einem Blick nach links und rechts bekommt er auch dafür unsere Zustimmung. Abgesehen davon mussten wir tatsächlich lange suchen, um während unserer Zeit mit dem Model 3 gravierende Schwachstellen ausmachen zu können. Es ist tatsächlich ein gelungenes, ja geiles Auto geworden, dieses Model 3. Aber das ist gut informierten Autokennern nicht wirklich neu, im Fazit hunderter Tests schneidet Teslas Massenstromer, der die Zukunft des Elektroauto-Pioniers als etablierter Autohersteller endgültig sicherstellen soll, ja fast ausnahmslos mit Bestnoten ab.

Das verwundert kaum. Jeder Meter mit dem Model 3, noch dazu auf kurviger Bergstrecke, lässt das Grinsen breiter und breiter werden. Elektroauto-typisch saftig beschleunigt der kleine Tesla, eher stramm als weich liegt er auf der Straße und zieht seine Spur in die Hügel des Voralpenlands wie vom Fahrer gewünscht. Und steht auf Befehl auch bergab ebenso zuverlässig und sicher wieder still. Klar ist der Tesla, wenn auch durchaus sportlich, nicht mit einem BMW M3 oder einem Audi RS 3 zu vergleichen. Zumindest nicht das 211 kW / 287 PS starke Modell mit Heckantrieb und dem 80 kWh fassenden Akku, das uns für eine Ausfahrt zur Verfügung stand. Die Allradversion mit mindestens 335 kW / 456 PS dürfte schon eher zum M3-Schreck avancieren.

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Erschienen im Printmagazin Elektroautomobil, Ausgabe 04/2018