Maximilian Wegener

Historiker, Journalist, Wiesbaden

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Artikel

Was die Hauptstadt der Bahamas mit Wiesbaden zu tun hat

Nicht nur wer gerne Urlaub in der Karibik macht, auch Fans der Serie „Black Sails" und alle, die sich sonst für die Geschichte der Piraterie interessieren, kennen sie: Die Stadt Nassau auf der Insel New Providence. Sie ist heute die Hauptstadt der Bahamas, und war früher britische Kolonie und einige Zeit lang ein berüchtigtes Piratennest. Was auffällt: Der Name der Stadt erinnert an das deutsche Adelshaus Nassau, das gerade in Wiesbaden auch heute noch sehr präsent ist. Und das nicht von ungefähr.

Nassauer Spuren in Wiesbaden

Wer mit offenen Augen durch Wiesbaden läuft, erkennt an vielen Orten die Einflüsse der Nassauer . Nicht zuletzt weil sich der Name in alltäglichen Dingen wie etwa der „Nassauischen Sparkasse" oder dem Hotel „Nassauer Hof" niederschlägt. Das Adelshaus, das in wechselvoller Geschichte und unterschiedlichen Formen schon seit dem Mittelalter über Wiesbaden herrschte, hat sich auch eine Reihe von Denkmälern gesetzt, die bis heute erhalten sind. Allen voran sicherlich das Stadtschloss, in dem heute der Hessische Landtag sitzt. Aber beispielsweise auch das Biebricher Schloss und die Fasanerie gehören dazu.

Von der Lahn an die Spitze der Macht

Das Haus Nassau reicht aber weit über die Grenzen Wiesbadens hinaus. Das Adelshaus stammte ursprünglich wohl aus Laurenburg an der Lahn, wie die Stadt auf ihrer Homepage berichtet. Diese liegt in der Nähe der Stadt Nassau, in der das Adelshaus Mitte des 12. Jahrhunderts seine Stammburg errichtete, wie man auf der Stadt-Homepage nachlesen kann. Von dort breitete es sich im Laufe seiner traditionsreichen Geschichte in ganz Europa aus. Insbesondere in den Niederlanden und Großbritannien hatte das Haus Oranien-Nassau enorme Bedeutung.

Die diversen regionalen Häuser und Erblinien der Nassauer sind komplex und weit verzweigt, ihre Geschichte zieht sich über Jahrhunderte. In dieser Zeit brachte das Haus mehr als nur ein paarmal herausragende Persönlichkeiten hervor, die es in Europa bis an die Spitze der Macht schafften. Angefangen mit Adolf von Nassau, der als Statuette im Heimatmuseum Biebrich zu bewundern ist. Er wurde 1292 zum römisch-deutschen König gekrönt, wie man im Landesgeschichtlichen Informationssystems Hessen (LAGIS) erfahren kann.

Standbild weist nach England

Für die Frage nach der karibischen Stadt ist allerdings ein anderer Nassauer von wesentlich größerem Interesse: Wilhelm I. „der Schweiger" von Nassau-Dillenburg, dessen bronzenes Standbild heute auf dem Schlossplatz vor der Marktkirche zu sehen ist. Er war im 16. Jahrhundert eine zentrale Führungsfigur im niederländischen Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien. Wer sich hierfür näher interessiert findet Informationen auf NiederlandeNet, einem Portal der Universität Münster.

Durch seinen Urenkel, Wilhelm III. von Oranien-Nassau, kam Nassau, die Stadt auf New Providence, zu ihrem Namen. Seit 1689 war Wilhelm III. König von England, Schottland und Irland. Zu dieser Zeit war die karibische Kolonie noch unter einem anderen Namen bekannt - was sich aber ändern sollte.

Nassau: Kolonie, Piratennest, Hauptstadt

Nassau hat eine bewegte und durchaus auch abenteuerliche Geschichte vorzuweisen, wie man unter anderem auf der offiziellen Website der Bahamas nachlesen kann. Die Stadt wurde ursprünglich 1648 von britischen Siedlern gegründet. Zu dieser Zeit trug sie allerdings noch den Namen Charlestown, nach König Charles I. von England, der die Bahamas schon 1626 für die britische Krone beansprucht hatte. Schon früh nutzten allerdings Schmuggler, Piraten und Freibeuter die junge Kolonie als Stützpunkt für ihre Unternehmungen und Kaperfahrten in der Karibik. Das blieb nicht ungesühnt: 1687 wurde Charlestown von einer Französisch-Spanischen Flotte zerstört. Ein Jahr später wurde sie wieder aufgebaut und erhielt 1695 einen neuen Namen: Nassau, zu Ehren des zu dieser Zeit amtierenden britischen Königs Wilhelm III. - demselben Wilhelm, dessen Urgroßvater heute als Standbild vor der Marktkirche verewigt ist.

Nassau avancierte allerdings bald wieder zur Piratenhochburg und blieb als solche in der ganzen Karibik bekannt und gefürchtet. Seeräuberlegenden dieser Ära wie Edward Thatch, besser bekannt als Blackbeard, Charles Vane, Benjamin Hornigold, Anne Bonny oder „Calico Jack" Rackham verkehrten dort. „Black Sails"-Fans dürften mit diesen Namen bestens vertraut sein. Blackbeard wurde sogar zum Magistrat einer 1706 gegründeten „Piratenrepublik" mit Hauptstadt Nassau gewählt. 1718 setzte die britische Krone dem Spuk schließlich ein Ende und entsandte eine Flotte von Kriegsschiffen unter dem Kommando des Gouverneurs Woodes Rogers, der Nassau eroberte und britisches Recht und Gesetz wiederherstellte. Damit war das Zeitalter der Piraterie in Nassau vorbei.

Als die rund 700 Inseln der Bahamas am 10. Juli 1973 schließlich unabhängig von Großbritannien wurden und als „Commonwealth der Bahamas" ihren eigenen Staat bekamen, wurde Nassau zur Hauptstadt erklärt. Damit endeten 325 Jahre britische Kolonialgeschichte - die Bahamas sind aber bis heute Teil des britischen Commonwealth.

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