André Weiser hört sich derzeit oft selbst singen. Wenn er allein zu Hause ist, legt er eine CD ein, hört das leise Rumoren vieler Menschen, bevor die Stille eintritt. Dann beginnt der Gesang: „Ave Maria" von Jakob Arcadelt, einem Komponisten der Renaissance. Danach „Gegrüßet, Maria" von Johannes Brahms. Es ist eine Choraufnahme des Bachvereins in Düsseldorf, eingespielt vor einem Jahr. Und wenn André genau hinhört, entdeckt er seine Stimme unter den vielen. Dann fängt er selbst an zu singen, zu der Aufnahme - und verlässt für kurze Zeit seine Wohnung, die Isolation.
Das Singen findet gerade eine neue Prominenz. Auf den Balkonen vieler Länder trafen sich schon ganz früh in der Krise Menschen und schmetterten Lieder. Aufnahmen davon machen im Internet die Runde. In der drückenden Ruhe der Corona-Isolation wird der Gesang zur Rettung. Ein Aufatmen und Durchatmen, ein Schwingen und Resonieren. Vielen Menschen hilft die eigene Stimme dabei, die Einsamkeit kurz zu vergessen. Und tatsächlich hat der Gesang viele positive Effekte auf die Psyche und auch das Immunsystem.