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Seidenstraße der Chinesen: Neue Allianz im Osten macht Europa Konkurrenz

Hofft auf gute Geschäfte mit China: Wladimir Putin

Von Mathias v. Hofen

Viele deutsche Unternehmen erwarten eine weitere Intensivierung der deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen durch die Seidenstraße. Zugleich erweckt das zunehmende chinesische Engagement in Zentralasien und Osteuropa aber auch die Befürchtung, dass in Zukunft chinesische Waren und Investitionen die dortigen Märkte dominieren.

2013 kündigte der chinesische Präsident Xi die „One Belt, One Road" Initiative an, die Bezug auf die historische Seidenstraße zwischen China und Europa nimmt. Seit mehreren Jahren fährt bereits ein Güterzug vom chinesischen Chonqing nach Duisburg, dem größten Binnenhafen Europas, und zurück. Außerdem gibt es regelmäßige Zugverbindungen von Hamburg, Leipzig und Nürnberg nach China.

Neben Deutschland gehört Russland zu den Schlüsselländern beim Projekt der „Neuen Seidenstraße". Es ist das größte Transitland, durch das die Seidenstraße führt. Russland hatte die chinesische Initiative von Anfang an unterstützt. Bereits vor einigen Jahren betonte Präsident Putin: „Das Wachstum der chinesischen Wirtschaft birgt die Chance, chinesischen Wind in den Segeln unserer Wirtschaft einzufangen." Bei den chinesischen Investitionen in Russland ist aber nur in wenigen Branchen Wachstum zu verzeichnen. Chinesische Firmen investieren vor allem in Sektoren in Russland, die besonders hohe Gewinne versprechen, insbesondere Energie und Rohstoffe sowie Logistik. Zugleich wächst aber der russisch-chinesische Handel stark. China hat vor einigen Jahren Deutschland als wichtigsten Handelspartner Russlands abgelöst.

Putins Anwesenheit auf dem Seidenstraßengipfel Mitte Mai in Peking demonstriert, dass Putin die chinesisch-russische Allianz weiter festigen will. Auch China würdigt die russisch-chinesische Annäherung wie der Sprecher des Außenministeriums, Lu Kang, im Februar 2017 deutlich machte: „Die umfassende strategische Kooperationsbereitschaft zwischen beiden Seiten ist auf dem besten Stand der Geschichte".

In Zentralasien gibt es zwischen beiden Ländern gemeinsame Interessen, u. a. bei der wirtschaftlichen Entwicklung der Region, der Bekämpfung des Islamismus und dem Ziel den Einfluss der USA und der EU zurückzudrängen. Traditionell konkurrieren beide Länder aber auch um Macht in Zentralasien. Die wirtschaftliche Expansion Chinas nach Zentralasien kann Russland kaum verhindern. Doch mit der Eurasischen Union, in der neben Russland, Belarus und Armenien auch die zentralasiatischen Staaten Kasachstan und Kirgisien Mitglieder sind, hat Russland zwei Staaten in der Region enger an sich binden können. Zudem haben auch Tadschikistan und das bevölkerungsreichste Land Zentralasiens, Usbekistan, Interesse an einer Mitgliedschaft in der Eurasischen Union bekundet. Hauptziel der Eurasischen Union ist die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes.

China ist auf Russland angewiesen, wenn es die „Neue Seidenstraße" zu einem Erfolgsmodell wirtschaftlicher Kooperation machen will. Und Putin braucht China, um die ökonomische Abhängigkeit vom Westen weiter zu vermindern. Eine wichtige Rolle im russisch-chinesischen Dialog spielt die Schanghai Organisation, in der China, Russland und vier zentralasiatische Staaten zusammengeschlossen sind. Sie hat neben einer wirtschaftlichen auch eine militärische Komponente. Daher könnte ihr in Zukunft auch die Aufgabe zukommen, die Handelswege der Seidenstraße durch Zentralasien zu sichern. In den vom Islam dominierten Ländern der Region ist die verstärkte chinesische Präsenz keineswegs unumstritten. Chinesische Geschäftsleute und Arbeiter könnten zum Ziel von islamistischen Angriffen werden. Während der eurasische Raum, trotz mancher Hindernisse, stärker zusammenwachsen wird, bleibt die deutsche Politik abwartend. Berlin und Brüssel blicken mit Skepsis auf die chinesische Initiative. Die Sorge ist groß, dass Peking seine eigenen Standards im internationalen Handel setzt. Allerdings besteht auch die Gefahr, dass Europa seinen Einfluss auf die weitere Entwicklung des Projekts „Neue Seidenstraße" verliert. Chinas Weigerung bei den Verhandlungen in Peking der EU entgegenzukommen, zeigt, dass sich Peking sowohl seiner wirtschaftlichen Stärke als auch der Attraktivität der „Neuen Seidenstraße" bewusst ist. So betonte der chinesische Staatschef Xi beim Abschluss des Gipfels in Peking: „Die Seidenstraße ist eine Straße des Friedens und des Aufschwungs".

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