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Bergamt: "Kann der Schutz des Grund- und Trinkwassers nicht sichergestellt werden, wird die Deponie nicht genehmigt"

Noch ist nicht entschieden, ob die Bauschutt-Deponie im Grundwasser-Einzugsgebiet bei Würzburg kommt. Wovon eine Genehmigung abhängt, erklärt der verantwortliche Bergdirektor.

Es wäre die einzige in Unterfranken: eine Deponie der Klasse 1 (DK1), die die SBE GmbH & Co. KG, ein Tochterunternehmen der Firma Beuerlein aus Volkach (Lkr. Kitzingen), in der Gemeinde Helmstadt (Lkr. Würzburg) errichten möchte. Auf ihr könnte toxisch leicht belastetes und mineralisches Material, etwa Bodenaushub und Bauschutt, entsorgt werden - ohne dieses über weite Strecken in andere Teile Deutschlands transportieren zu müssen.


Doch ausgerechnet diese Deponie könnte im künftig neu ausgewiesenen Trinkwasserschutzgebiet der "Zeller Quellen" liegen. Aus dessen Grundwasserleitern beziehen nicht nur rund 65 000 Menschen in der Stadt Würzburg ihr Trinkwasser, sondern auch die Bewohner der Landkreisgemeinden Waldbrunn und Altertheim.

Ob die Deponie genehmigt wird, entscheidet das Bergamt Nordbayern in Bayreuth, angesiedelt bei der Regierung von Oberfranken. Im Interview erklärt Bergdirektor Andreas Grundmeier, welche Argumente seine Entscheidung bei dem langen und aufwändigen Verfahren beeinflussen.


Frage: Herr Grundmeier, jeder achte Helmstadter Bürger hat bei Ihnen Einspruch gegen die geplante Deponie erhoben. Das Wasserwirtschaftsamt, das Würzburger Landratsamt, die Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH, die Regierung von Unterfranken und sogar das Landesamt für Umwelt haben sich geäußert. Wie erleben Sie persönlich dieses Verfahren?

Andreas Grundmeier: Es ist prinzipiell ein Verfahren wie jedes andere auch. Für mich persönlich hat es einen besonderen Charakter, weil Deponie-Verfahren bei uns normalerweise nicht so viel Aufmerksamkeit bekommen.


Warum bekommt die Umwidmung einer Tongrube zu einer DK1-Deponie überhaupt so viel Aufmerksamkeit, wenn nur wenige Meter entfernt eine zweite Tongrube seit 1999 mit ähnlich belastetem Material (Z2) verfüllt wird - sogar ohne zusätzliche technische Schutzmaßnahmen?

Grundmeier: Das große Interesse an dem jetzigen Verfahren hängt vermutlich auch mit der Klassifizierung als Deponie zusammen.


Warum ist es überhaupt erlaubt, Z2-Material ohne zusätzliche technische Sicherheitsvorkehrungen in einer Grube zu verfüllen?

Grundmeier: Seit 2001 gilt in Bayern der "Verfüll-Leitfaden von Gruben und Brüchen". Es ist zulässig, eine durch den Abbau von Bodenschätzen entstandene Grube auch mit belastetem Bodenmaterial wieder aufzufüllen. Vorausgesetzt, die durch Regen und Sickerwasser ausgewaschenen Schadstoffe sind so gering, dass nichts mehr im Grundwasser ankommt. Dafür müssen die Bodenschichten, die das Grundwasser überdecken, mächtig genug sein. Das wird hydrologisch berechnet. Gilt der Standort als unempfindlich, ist dies genehmigungsfähig.


Wäre das Material in der geplanten DK1-Deponie dann stärker toxisch belastet als bei der Z2-Verfüllung?

Grundmeier: Nicht wesentlich. In beiden Fällen (DK1 und Z2) geht es um mineralische Abfälle, etwa Erdaushub und Bauschutt. Doch eine Deponie fällt unter das Abfallrecht. Hier geht es darum, belastetes Material unter definierten technischen Sicherungsmaßnahmen zu sammeln und einzukapseln, so dass es nicht vom Regen durchsickert wird und keine Schadstoffe ausgewaschen werden.


Wenn es um ähnliches Material geht, warum dann der ganze Aufwand für die Deponie? Immerhin rechnen die Verantwortlichen mit 5,5 Millionen Euro Baukosten plus 1,2 Millionen für zusätzliche technische Sicherheitsmaßnahmen (Stand: Juli 2020). Warum verfüllt die Firma ihre zweite Tongrube nicht einfach auch mit Z2-Material, was ja seit 2018 bereits genehmigt ist?

Grundmeier: Weil die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode eine Mantelverordnung verabschieden könnte, um das Abfallrecht in allen Bundesländern zu vereinheitlichen. Ob in absehbarer Zeit dann noch Z2-Material wie bisher verfüllt werden dürfte, ist unklar. Dem wird im Sinne einer zukunftsfähigen Planung vorgegriffen.


Würden Sie die DK1-Deponie genehmigen, wenn es bereits ein Wasserschutzgebiet wäre?

Grundmeier: Grundsätzlich nein. Wäre dort bereits ein Wasserschutzgebiet ausgewiesen, müsste geprüft werden, ob eine Ausnahme von der Wasserschutzgebietsverordnung erteilt werden könnte.


Müsste dann auch die mit Z2-Material verfüllte Tongrube wieder zurückgebaut werden?

Grundmeier: Nein, es käme ja auch niemand auf die Idee, eine Autobahn wieder zurückzubauen, wenn ein Wasserschutzgebiet kommen sollte. Hier würde Bestandsschutz gelten, natürlich bei erhöhter Aufmerksamkeit für den Grund- und Trinkwasserschutz. Und auch im Bereich der Tongrube wird das Grundwasser fortlaufend überwacht, um notfalls eingreifen zu können.


Was genehmigt ist, ist also genehmigt. Ist es jetzt ein Wettlauf mit der Zeit, ob das Bergamt die Deponie zuerst genehmigt oder das Landratsamt das Trinkwasserschutzgebiet zuerst ausweist?

Grundmeier: Konzentrieren wir uns doch auf die Fakten: Die Verfüllung mit Z2-Material wird an den Grundwasser-Messstellen seit Jahren kontrolliert und überwacht. Auch in den letzten neun Jahren wurden keine Auffälligkeiten gemessen. Jetzt soll ähnlich belastetes Material unter strengen technischen Sicherheitsvorkehrungen nach Abfallrecht entsorgt werden. Wir als Behörde müssen beurteilen, ob dabei ein Risiko besteht. Der Schutz des Grund- und Trinkwassers ist in jedem Fall ein entscheidender Belang.


Rechnen Sie noch in diesem Jahr mit einer Entscheidung?

Grundmeier: Vermutlich nicht. Das Planfeststellungsverfahren folgt strengen Regeln, um sicherzustellen, dass alle fachlichen Belange ausreichend gewürdigt werden. Im Frühjahr wird es eine Online-Konsultation geben. Allein knapp 350 Privatleute aus der Region haben Einwände erhoben. Alle Einwände werden ausgewertet und abgewogen. Das ist noch ein langer Prozess.


Könnte es auch sein, dass der Deponie-Standort in Helmstadt verworfen wird?

Grundmeier: Natürlich. Kann der Schutz des Grund- und Trinkwassers nicht sichergestellt werden, wird die Deponie nicht genehmigt. Sind aber alle Anforderungen der Deponie-Verordnung und anderer Fachgesetze erfüllt, liegen die Genehmigungsvoraussetzungen vor.


Was hätte ihr Amt getan, hätte das Landratsamt Würzburg eine dreijährige Veränderungssperre für das Gebiet erlassen?

Grundmeier: Dann hätte das Bergamt darauf hingewiesen, dass auf der Deponie-Fläche bereits per Gesetz eine abfallrechtliche Veränderungssperre besteht. Auch dann hätten sich die Behörden also in gleicher Weise abstimmen müssen.

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