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Warum sich junge Menschen kein Haus mehr leisten können

Die Sehnsucht nach einem eigenen Haus ist für viele Deutsche groß. Doch trotz oder gerade wegen der niedrigen Zinsen können sich immer weniger junge Menschen ein Haus leisten.

Junge Menschen wollen ein eigenes Haus. Das zeigt eine Umfrage von infratest dimap. Vor allem als Altersvorsorge ist eine eigene Immobilie Millennials wichtig - können sie doch nur mit einer geringen Rente rechnen.


Der Stellenwert, den die eigenen vier Wände im Alter haben, lässt sich daran erkennen, dass es unter den Senioren, die auf staatliche Grundsicherung im Alter angewiesen sind, kaum Wohneigentümer gibt.


Junge Menschen sind die Verlierer des Immobilienmarktes

Jedoch schaffen es immer weniger junge Menschen sich ein eigenes Haus zu leisten. Bei den 25- bis 40-Jährigen ist die Eigentumsquote innerhalb der vergangenen zwölf Jahre um fast zehn Prozent zurückgegangen.


Millennials sind die neue Verlierergeneration am Immobilienmarkt. Dieser Meinung ist Matthias Günther, Leiter und Immobilienexperte des Pestel-Instituts. Die aktuelle Situation habe jedoch nicht nur eine Ursache, sondern sei vielmehr eine Kombination verschiedener Gründe.


1. Schlechtere Gehälter trotz Studium

„Es gibt eine Akademisierung der Ausbildung", erklärt Günther. Im Gegensatz zu früher sei ein Universitätsabschluss jedoch schon lange mehr kein Freifahrtsschein für ein gutes Einkommen.


2. Landflucht

Viele junge Leute blieben dann auch nach dem Studium in der Stadt - der sogenannte „Klebe-Effekt".


Das hat drei Nachteile: Erstens kann man in den wenigsten Städten noch ein Haus bauen. Zweitens steigen die Preise für Wohnraum durch die erhöhte Nachfrage noch weiter. Drittens verschiebt sich durch die längere Ausbildung das Fenster nach hinten, in dem man ein Haus abbezahlen könnte.


3. Zeitverträge

Seit Anfang der 2000er-Jahre können Arbeitsverträgen zudem unbegründet befristet werden. Davon betroffen sind meist junge Menschen. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung arbeiten Millennials fast dreimal so häufig mit befristeten Verträgen wie 45- bis 54-Jährige, gegenüber der Generation 55+ sogar viermal.


„Bis man berufliche und räumliche Planungssicherheit hat, ist man oft über 30", sagt Günther. Man hatte bis dahin außerdem nur wenig Zeit, Eigenkapital aufzubauen. Wenn man dann den Entschluss für ein Haus fasst, fehlt das Geld, um zum Beispiel die hohe Grunderwerbssteuer zu zahlen, so Günther.


4. Harte Kreditrichtlinien

„Der Zugang zu Fremdkapital ist außerdem so schwierig wie nie", erklärt der Immobilienexperte. Die aktuelle Wohnimmobilienkreditlinie sorge dafür, dass viele junge Menschen keine Kredite mehr bekommen. „Obwohl heutzutage die meisten Frauen auch mit Kind arbeiten, muss der Bankangestellte ohne das Gehalt der Frau rechnen", so Günther.


Was man tun kann: 1. Grunderwerbssteuer senken

„Die Politik muss Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen den Wechsel ins Eigenheim erleichtern", fordert daher Matthias Günther. Dies ginge am besten mit einer niedrigeren Grunderwerbssteuer. Er gibt ein Beispiel: „Jeder Mieter einer nicht staatlich geförderten Wohnung zahlt ja eigentlich seine Wohnung oder sein Haus ab. Die Vermieter geben es ja nicht billiger her, als sie es gekauft haben."


Jeder der sich die Miete leisten könnte, könnte sich also auch die Wohnung leisten, in der er lebt. Viele Menschen würden sich aber wegen der hohen Anfangskosten scheuen. „Stellen Sie sich vor nach fünf Jahren, zum Beispiel wegen eines Jobwechsels, wieder ausziehen zu müssen. So schnell können Sie die Grunderwerbssteuer gar nicht abschreiben."


2. Staatliche Kreditgarantien

Günther plädiert zudem für staatliche abgesicherte, langfristige Kredite mit einer Zinsfestschreibung über die gesamte Laufzeit. Dies würde eine hohe Tilgungsrate verlangen, jedoch könnte die Eigenkapitalanforderung deutlich herabgesetzt werden.

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