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Corona-Tests: Ausnehmen beim Abstrich

An einem Freitagmorgen Ende September warten sieben Patienten auf Einlass in ein braun-weißes Zelt. Einer nach dem anderen tritt ein. Drinnen steckt ein Arzt in weißem Plastik-Schutzanzug jedem Besucher ein Wattestäbchen in den Rachen, es kommt in ein Probenröhrchen. Die Getesteten müssen noch einen Zettel ausfüllen und den Test bezahlen. Nach ein paar Minuten ist alles vorbei. Es sieht nach Alltag in Zeiten der aus.

Doch zwei Dinge sind ungewöhnlich: Das Zelt steht in Visbek im ländlichen Niedersachsen vor einer Tierarztpraxis, die sonst Schweine, Rinder, Hühner und gelegentlich Haustiere versorgt. Und die Veterinäre verlangen für den Test, dessen Ergebnis das hauseigene Labor am selben Tag liefert, nur 55 Euro. Ein Schnäppchen im Vergleich zum Hausarzt.

Für Kassenpatienten spielt der Preis eines Corona-Tests in den meisten Fällen keine Rolle. Wer Symptome aufweist, hat einen Anspruch darauf und bekommt die Rechnung gar nicht zu sehen. Wer hingegen beispielsweise ein Negativattest für eine Urlaubsreise braucht oder sichergehen will, bevor er seine betagten Eltern besucht, muss selbst bezahlen. Individuelle Gesundheitsleistung, kurz IGeL, nennt sich das. Und die kann teuer werden.

Ein Anruf bei einer Hausarztpraxis, nicht weit von den Visbeker Tierärzten entfernt: Hier kostet ein Corona-Test für IGeL-Patienten rund 130 Euro, also mehr als doppelt so viel wie beim Veterinär. Der größte Rechnungsposten sind dabei die Laborkosten, der Arzt muss für den Abstrich noch einmal extra bezahlt werden. Noch mehr bezahlen Privatpatienten: "Bei Anwendung des üblichen Regelhöchstsatzes kostet der Test ca. 147 Euro für die Labordiagnostik und rund 27 Euro für die Abstrichentnahme", heißt es beim Verband der privaten Krankenversicherung.

Wie kann es sein, dass die Preisunterschiede für ein und denselben Test so hoch sind? Und dass ihn Tierärzte so viel billiger machen?

In human- und veterinärmedizinischen Laboren kommt die gleiche PCR-Technik zum Einsatz, bei der in der Regel ein Abstrich aus Mund, Nase oder Rachen genommen wird. Auch die Kosten in den Laboren sind vergleichbar, also für Analysegeräte, Personal und die Abstrichstäbchen mit den sterilen Behältern. Der Tierarzt Andreas Wilms-Schulze Kump aus Visbek hat nach eigenen Angaben genauso hohe Kosten wie ein humanmedizinisches Labor. Verlust mache er nicht, sagt er, wenn er alles in allem 55 Euro abrechne.

So teuer kann ein Corona-Test für Selbstzahler beim Hausarzt werden. Den größten Teil machen Laborkosten aus.

Tatsächlich bieten auch einige humanmedizinische Labore Tests zu deutlich niedrigeren Tarifen als andere an. So kostet ein freiwilliger Corona-Test am Frankfurter Flughafen inklusive Entnahme nur 59 Euro, in München sind es mindestens 128 Euro. Dass Anbieter mit deutlich höheren Preisen nicht unbedingt höhere Kosten haben, legen die Vereinbarungen mit den Krankenkassen nahe. Geht ein Kassenpatient mit Symptomen zum Hausarzt, bekommt ein humanmedizinisches Labor nach Angaben der Techniker Krankenkasse nur 39,40 Euro. Zu Beginn der Pandemie waren es noch 59 Euro.

So günstig geht es auch. Zum Beispiel beim Tierarzt, der in Ausnahmefällen testen darf.

Doch auch der niedrigere Betrag dürfte die meisten Labore nicht in den Ruin stürzen. Das räumt der Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Laborärzte (BDL), Andreas Bobrowski, selbst ein. Der Labormediziner aus Lübeck bestreitet aber, dass es seinem Berufsstand vorrangig ums Geld gehe, und verweist auf die besondere Situation in der Pandemie. "Analysegeräte für Virentests kann man normalerweise von den Herstellern leasen, seit dem Ausbruch der Pandemie werden sie aber nur noch verkauft", sagt er. "Solche Geräte bedeuten für die Labore Investitionen im fünf- bis sechsstelligen Bereich, und niemand weiß, ob und wie lange sie in diesem Ausmaß gebraucht werden, sollte bald ein guter Impfstoff verfügbar sein. Hier gehen die Labore also finanziell stark in Vorleistung." Bei den Preisen für Privatversicherte und IGeL-Patienten gebe es ohnehin wenig Spielraum. In der Gebührenordnung für Ärzte (GoÄ) sei vorgeschrieben, wie viel für die vier einzelnen Laborschritte, die zu einem Corona-Test gehören, mindestens berechnet werden müsse: 128,23 Euro. Höchstens dürfen es 147 Euro sein, mit Transport- und Arztkosten zahlen Testkunden dann schon mal 169 Euro. Darunter gehe es nur, wenn die Vertragspartner Krankenhäuser, Untersuchungsstellen oder auch Unternehmen seien, die ihre ganze Belegschaft testen lassen wollen.

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