Einhorn Condoms ist eine Firma, die vieles anders macht: Nicht nur das Produkt - vegane, nachhaltige und fair gehandelte Kondome in Designverpackungen - ist außergewöhnlich, auch ihre Marketingaktionen und Fernsehauftritte haben einen ganz besonderen Anstrich. Kein Wunder also, dass die Gründer Waldemar Zeiler und Philip Siefer mit Einhorn auch in Sachen Unternehmenskultur und Mitarbeiterführung neue Wege gehen. Und das nicht allein, sondern mit ihrem Team: Deshalb haben sie kürzlich mit allen Mitarbeitern ein sogenanntes Offsite veranstaltet. Dabei hat sich das zwölfköpfige Team fernab vom Büroalltag in einem idyllischen Landhaus zusammengesetzt und besprochen, wie die Zusammenarbeit in Zukunft aussehen kann und sich die Frage gestellt: Was macht uns als Team glücklich und Einhorn erfolgreich?
Herausgekommen ist unter anderem auch der Wunsch, Gehalt und Urlaubstage selbst festlegen zu können - und das wurde dann auch umgesetzt. Warum das für das Unternehmen keineswegs ein Nachteil ist, was das Team dabei antreibt und was er anderen Chefs raten würde, hat Waldemar Zeiler uns im Interview erzählt.
Frage: Sie haben sich im Team zusammengesetzt und etwas unübliche Dinge getan - etwa über das Gehalt jedes Teammitglieds zu sprechen. Wie kam es dazu?
Waldemar Zeiler: Wir haben das Offsite gemacht, da wir letztes Jahr im Februar mit einer Crowdfunding-Kampagne gestartet sind und es seitdem bei uns wie auf dem Rummel zuging. Es war super viel zu tun, wir waren in zig Fernsehshows und sind schnell gewachsen. Jetzt war der Zeitpunkt, um einfach mal kurz inne zu halten, sich nicht mehr nur treiben zu lassen, sondern genau zu überlegen, wohin wir eigentlich wollen und wie wir uns als Firma entwickeln möchten. Es gibt beim Unternehmensaufbau immer Phasen, in denen man bestimmte Entscheidungen komplett frei treffen kann. Und die wirklich langfristig die Kultur bestimmen. Wir sind an so einem Zeitfenster angekommen, weil wir finanziell unabhängig sind und keine Investoren haben. Wir sind gerade bei einer Teamgröße angelangt, die es erlaubt, dass wir uns untereinander sehr gut kennen und in der wir Entscheidungen gemeinsam treffen können. Deshalb war es der perfekte Zeitpunkt, sich mit allen mal zurückzuziehen und mit den Freiheiten, die wir uns selbst erarbeitet haben, zu entscheiden, was wir sein wollen.
Frage: Warum ist es Ihrer Meinung nach so wichtig, so offen und vertrauenswürdig mit seinen Mitarbeitern umzugehen?
Zeiler: Man merkt relativ schnell: Wenn du die Leute wie Lemminge behandelst, dann agieren sie auch wie Lemminge. Es zahlt sich aus, wenn man seinen Mitarbeitern Verantwortung gibt und sich generell auch nur mit Leuten umgibt, von denen man glaubt, dass sie das Unternehmen erfolgreicher machen können, mit denen man Lust hat, das Unternehmen weiter voranzubringen. Wenn man sich solche Leute an Bord holt, dann gehört es dazu, dass man ihnen auch Freiheiten einräumt. Sonst hätte man sie ja erst gar nicht einstellen müssen.
Wenn man überzeugt ist, die passenden Leute ins Team geholt zu haben, dann kann man auch darauf vertrauen, dass diese Leute in ihrem Fachgebiet besser sein können beziehungsweise das Potenzial haben, besser zu sein als der Chef selbst. Dazu gehört es auch, als Chef zu merken, wo eigene Grenzen liegen. Ich glaube, man ist wirtschaftlich erfolgreicher, wenn man seinen Mitarbeitern vertraut und sie zu Mitunternehmern macht. Wir glauben nicht an Mitarbeiter, wir glauben an Mitunternehmer und wir sehen uns eigentlich eher als Mentoren denn als Chefs. Wir wollen unserem Team helfen, das Beste aus ihrem Bereich in Zusammenarbeit mit anderen Bereichen herauszuholen. Außerdem hatten wir auch keine Lust mehr auf die vielen frustrierenden, typischen Situationen, die man als Chef kennt und die eigentlich weder für das Team noch für den Chef entspannt sind: so etwas wie Gehaltsgespräche, Urlaubsgespräche und andere Entscheidungsgespräche. Man trifft bessere Entscheidungen, wenn alle im Unternehmen alle Informationen haben und wissen, wo man gerade steht. Wenn man Mitarbeitern gewisse Informationen vorenthält, dann können sie keine guten Entscheidungen für das gesamte Unternehmen treffen.
Frage: Würden Sie diese Kultur auch anderen Unternehmen raten?
Zeiler: Es ist natürlich viel einfacher, wenn man so ein Konzept von Grund auf aufbaut und sich dementsprechend auch Menschen sucht, die Lust haben, an so einem unternehmerischen Experiment teilzunehmen. Leute, die Lust haben, Verantwortung zu übernehmen. Es ist bestimmt viel schwieriger in etablierten Unternehmen, die jahrelang eine andere Kultur gelebt haben, so ein neues Konzept von jetzt auf gleich einzuführen - für unmöglich halte ich es allerdings nicht.
Bevor wir Einhorn überhaupt gegründet haben, hatten Philip und ich schon unsere Firmenwerte festgelegt und haben uns dazu auch sehr viel Zeit genommen. Wir haben erst einmal definiert, wie wir diese Firma aufbauen wollen - noch bevor die ersten Mitarbeiter an Bord kamen. Viele machen das andersherum. Die starten und stellen dann erst einmal Mitarbeiter ein. Irgendwann kommt dann erst das Thema Unternehmenskultur ins Spiel und da ist es dann meistens schon zu spät, um aus den konventionellen Gewohnheiten auszubrechen. Deshalb war es uns besonders wichtig, uns mit der Unternehmenskultur von Anfang an zu beschäftigen.